Der exzellente Butler Parker 19 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
sagen Sie dazu?« Lady Agatha sah Parker aufgebracht an. »Dieser Lümmel ist doch wohl die Unverschämtheit in Person. Ich überlege ernsthaft, ob ich ihn ohrfeigen soll!«
Bevor Parker sich dazu äußern konnte, machte sich wieder der Lautsprecher bemerkbar und brachte einen Zwischenstand vom laufenden Ascot-Rennen.
»Es führt ›Lady Windsor‹ mit zwei Längen Vorsprung vor ›Charlston‹, die drei Längen vor ›Hazeltime‹ liegt«, schilderte der Sprecher erregt. »Man kann davon ausgehen, liebe Pferdesportfreunde, daß dies auch der endgültige Einlauf sein wird.«
»Na also, wie ich es vorhersagte.« Lady Agatha nickte zufrieden und griff nach einem Wettschein, den sie lächelnd ausfüllte.
»Meine Einlaufwette, junger Mann«, bemerkte sie, als sie dem Mann hinter dem Schalter den Schein zuschob. »Heute werde ich mal leichtsinnig sein und tausend Pfund riskieren. Also, ›Lady Windsor‹ vor ›Charlston‹ und ›Hazeltime‹, das ist mein Tip!«
»Was Sie nicht sagen!« Der Mann musterte sie grinsend und schüttelte ungläubig den Kopf. »Sagen Sie mal, meinen Sie das ernst oder wollen Sie mich nur veralbern? Ziehen Sie endlich Leine, mein Bedarf an humoristischen Einlagen ist für heute vollauf gedeckt.«
»Sie weitern sich doch nicht etwa, meine Wette anzunehmen?« Lady Agatha sah den Mann vor sich mehr als nur grimmig an, wurde aber dann von einer neuerlichen Durchsage abgelenkt, die ihren Tip bestätigte.
»Da hören Sie’s, ich liege voll im Trend«, freute sie sich und wedelte ungeduldig mit ihrem Wettschein. »Etwas Beeilung, junger Mann, das Rennen ist gleich vorbei, oder wollen Sie lieber gleich meinen Gewinn auszahlen?«
»Jetzt reicht’s mir aber. Verschwinden Sie!« Der Schalterangestellte ließ eine Art Rollo vor seinem Verschlag herunter und entzog sich damit Myladys Blicken.
Agatha Simpson starrte einen Moment indigniert auf dieses Rollo, dann hob sie ihren perlenbestickten Handbeutel, um dezent anzuklopfen und sich bemerkbar zu machen. Leider hatte sie dabei wohl die Dosierung falsch eingeschätzt.
Der Pompadour mit dem darin befindlichen Glücksbringer in Form eines veritablen Hufeisens krachte zunächst gegen die dünne Scheibe, die den Verschlag gegen den Besucherraum abgrenzte, und ließ einen Splitterregen vor Lady Agathas Füße niedergehen.
Anschließend bohrte sich der Pompadour durch das dahinter befindliche Rollo und löste es förmlich in seine Bestandteile auf. Ein weiteres Splittern, diesmal jedoch aus Holz, war die Folge.
Plötzlich hatte die resolute Lady wieder den Schalterangestellten vor sich, der sie ungläubig und überrascht ansah. Er hielt eine Teetasse in der Hand und hatte sich wohl beim Zersplittern der Scheibe und des Rollos so hastig umgedreht, daß er einen Teil des Tees auf seinem Hemd verschüttet hatte.
»Da sind Sie ja wieder«, freute sich Agatha Simpson. »Nun aber hurtig, junger Mann, beenden Sie Ihre Pause und nehmen Sie mir endlich meinen Wettschein ab. Was ist das eigentlich für ein Service hier?«
Bevor sich der aus der Fassung geratene Angestellte dazu äußern konnte, folgte eine neuerliche Lautsprecherdurchsage. »Und hier ist wieder Ascot mit dem endgültigen Ergebnis«, verkündete der Sprecher mit enthusiastischer Stimme. »Es bleibt dabei, liebe Pferdesportfreunde, es siegte ›Lady Windsor‹ mit gut drei Längen Vorsprung vor ›Charlston‹, die zwei Längen vor ›Hazeltime‹ durchs Ziel ging!« Der Sprecher fuhr in seinem Bericht fort und nannte die später eingelaufenen Pferde, aber das interessierte Mylady schon nicht mehr.
Zufrieden lächelnd wandte sie sich an den Butler. »Haben Sie gehört, Mister Parker, genau, wie ich es vorausgesagt habe. Tja, für so was muß man einen Riecher haben. Wie lautet übrigens die Quote?«
»Acht zu eins, Mylady, wie jene Tafel dort ausdrücklich bestätigen dürfte«, bemerkte Parker höflich und wies auf eine große Schrifttafel, auf der mit Kreide die jeweiligen Quoten vermerkt wurden.
Die passionierten Wetter stürzten zu den Schaltern und wedelten dort aufgeregt mit ihren Tippscheinen. Sie wollten die Gewinne kassieren und drängten wild durcheinander, um so schnell wie möglich an ihr Geld zu kommen.
»Nun sehen Sie doch nur, wie sich diese armen Menschen aufführen, nur um ihre paar Pfund in Empfang zu nehmen«, bemerkte Lady Agatha ein wenig mitleidig, »Sie sagten acht zu eins, Mister Parker, das habe ich doch richtig verstanden?«
»Durchaus, Mylady, das ist durch Aushang ausdrücklich zugesichert worden.«
Lady Agathas Augen bekamen einen nahezu unnatürlich intensiven Glanz, und sie räusperte sich aufgeregt. »Dann habe ich ja achttausend Pfund verdient, Mister Parker, ich muß schon sagen, dieser Besuch hier hat sich wirklich gelohnt.«
»Es gelang Mylady, eine Wette zu plazieren?« erkundigte sich Josuah Parker gemessen, der wieder mal gewisse Mißverständnisse und Verwicklungen voraussah.
»Eben nicht, Mister Parker, das ist es ja!« Die ältere Dame befand sich in einem ausgesprochen euphorischen Zustand. »Hätte ich setzen können, hätte ich natürlich nur siebentausend Pfund gewonnen, denn Sie müssen ja vom Gewinn den Einsatz abziehen. So aber ist mein Gewinn rein netto, da ich erfreulicherweise nichts einzusetzen brauchte!« Sie rieb sich die Hände in dem Bewußtsein, ein außerordentlich lukratives Geschäft getätigt zu haben.
»Möglicherweise wird man Myladys Gewinn nicht anerkennen«, machte Parker gemessen auf ein kleines, aber sehr reales Problem aufmerksam. »Die Geschäftsleitung wird unter Umständen den Standpunkt vertreten, daß ohne Einsatz auch kein Gewinn möglich ist.«
»Ich muß doch sehr bitten, was soll diese kleinliche Prinzipienreiterei, Mister Parker?« empörte sich Agatha Simpson umgehend und sah ihren Butler mit flammenden Augen an. »Also gut, das werden wir gleich feststellen.«
Sie drängte einige Wettlustige beiseite, die wegen ihrer bescheidenen Gewinne noch immer anstanden, und schob sich energisch zum Schalter vor. »Achttausend Pfund, junger Mann!« verlangte sie und schwenkte munter ihren Tippzettel, den sie nicht abgegeben hatte. »Bitte in kleinen, gebrauchten Scheinen, die großen lassen sich immer so schwer ausgeben.«
Der Angestellte hinter dem Tresen seufzte vernehmlich und drehte sich zu seinem Kollegen um, der Geldbündel sortierte.
»Sag’ dem Boß Bescheid«, befahl er gereizt. »Diese komische Tante scheint Ärger machen zu wollen.«
Dann wandte er sich an Agatha Simpson, die vor ihm stand und ungeduldig auf ihren »Gewinn« wartete. »Einen Augenblick, Mylady, der Chef kommt gleich selbst und kümmert sich um sie. Wissen Sie, bei Gewinnen dieser Größenordnung wird der glückliche Wetter vom Chef selbst bedient und zu einem Glas Schampus eingeladen.«
»Eine durchaus erfreuliche Tatsache«, kommentierte Lady Agatha zufrieden. »Ich hoffe nur, man kredenzt hier keinen Tropfen aus dem Sonderangebot, sondern etwas Anständiges.«
»Selbstverständlich wissen wir, was sich gehört. Bei solchen Gewinnen gibt’s nur vom Feinsten, glauben Sie mir. Nehmen Sie inzwischen einen Augenblick Platz. Man wird Sie gleich abholen und zur Geschäftsleitung bringen.«
»Haben Sie gehört, Mister Parker?« wandte sie sich an den Butler und nickte ihm lächelnd zu. »Man wird mir meinen Gewinn bei einem Glas Champagner überreichen. Scheint ein anständiges Haus zu sein, meinen Sie nicht auch? Weshalb waren wir eigentlich hergekommen, wollte ich hier nicht ein kriminelles Subjekt treffen?« fuhr sie fort und runzelte nachdenklich die Stirn.
»Im Prinzip schon«, lautete Parkers salomonische Antwort. »Mylady gedachten, den Geschäftsinhaber wegen einiger Herren zu befragen, die Mylady im Rennstall des Mister Warner belästigten.«
»Tatsächlich?« wunderte sie sich und sah ihn kopfschüttelnd an. »Das war doch Ihre Idee, Mister Parker! Warum sollte ein Mann, der sein Geschäft in derart vorbildlicher Weise führt und die Gewinner größerer Summen sogar zu einem kleinen Umtrunk einlädt, schon mit Kriminellen zu tun haben? Nein, Mister Parker, diesmal sind Sie auf dem Holzweg, das müssen Sie einsehen. Aber gut, ich will dieses Thema nicht weiter vertiefen,