Dr. Laurin Classic 47 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
und dann heiraten wir noch mal, damit unsere Kinder unsere Hochzeit miterleben können.«
Er griff nach ihrer Hand und zog sie an sich. Achtlos riß er den Umschlag auf.
»Wollen doch mal sehen, ob das ein Scheidungsgrund sein kann«, scherzte er.
Und dann schluckte er.
»Lies mal vor, Liebling«, sagte er.
»Lies du«, verlangte Antonia.
»Sehr geehrter Herr Dr. Laurin, Ausrufungszeichen«, begann er. »Ist das wieder üblich? Wir machen immer ein Komma nach der Anrede.«
»Früher war das üblich«, sagte Antonia. »Ist überholt. Dann ist der Brief von einer alten Dame.«
»Laurentina Croon«, sagte Leon, auf die Unterschrift blickend.
»Laurentina Croon?« wiederholte Antonia elektrisiert. »Das ist keine alte Dame. Zeig mal her, Leon!«
»Das könnte dir so passen. Jetzt lese ich vor.
Ich habe Ihre Adresse aus dem Telefonbuch.
Leider konnte ich die von Teresa Leppin nicht finden. Aber ich kann mich erinnern, daß Teresas Neffe Leon hieß. Ich hoffe, daß ich an die richtige Adresse geraten bin, da Teresa mir erzählte, daß ihr Neffe Arzt werden wollte.«
Antonia war so fassungslos, daß sie nichts sagen konnte. Sie las jetzt laut mit:
»Mein Name wird Ihnen sicher bekannt sein. Nach langer Abwesenheit bin ich nach Deutschland zurückgekehrt, und ich würde mich sehr freuen, Teresa wiederzusehen. Sie könnte mir auch einige Roben für meinen neuen Film anfertigen. Ich habe sie in allerbester Erinnerung und kann nur hoffen, daß ich nicht an einen Mann schreibe, der nur zufällig den Namen Leon trägt.«
»Ziemlich naiv, diese Person«, warf Leon ein.
»Es ist eine berühmte Filmschauspielerin«, sagte Antonia atemlos.
»Ach nee! Teresas Jahrgang?«
»Du bist unmöglich, Leon. Sie feiert ihren fünfunddreißigsten Geburtstag. Teresa meint zwar, daß es der fünfundvierzigste ist, aber das nimmt ihr keiner ab.«
»Ich schon. Sie macht mich zehn Jahre jünger als ich bin«, grinste er übermütig. »Als ich den Entschluß faßte, Arzt zu werden, meine süße Antonia, war ich nämlich gerade achtzehn und hatte das Abitur gemacht. Und wenn das erst zehn Jahre her sein soll, wäre ich jetzt achtundzwanzig und würde dich noch gar nicht kennen.«
»Sondern in Schwabing herumflanieren und hübsche Mädchen aufreißen«, warf Antonia übermütig ein.
»Und das sagt eine Frau, mit der ich seit fast zehn Jahren verheiratet bin«, tat er gekränkt.
»Also, was ist diese Laurentina Croon für eine?«
»Eine berühmte Filmschauspielerin und ehemalige Kundin von Teresa. Sie hat mir viel über Laurentina Croon erzählt.«
»Und das hast du mir vorenthalten?«
»Wir hatten dafür keine Zeit«, sagte Antonia neckend. »Wir mußten Abschied feiern von den Ferien.«
Der Brief flatterte zu Boden, als er sie stürmisch umarmte. »Du bist die süßeste Frau der Welt«, raunte er ihr ins Ohr.
»Kyra will aber zu Papi«, ertönte da ein energisches Stimmchen.
Und da war Antonia schon von ihrer Jüngsten verdrängt, die angetrippelt kam und sich an ihrem Papi emporrankte.
Antonia bückte sich und hob den Brief von Laurentina Croon auf, um ihn noch einmal zu lesen.
»Du, Leon, wir sind zur Geburtstagsparty eingeladen. Wir in Anführungsstrichen, falls du mittlerweile verlobt oder verheiratet sein solltest. Vorausgesetzt natürlich, daß du Teresas Neffe bist.«
»Ich bin ein geplagter Vater«, seufzte er, da Kyra ihr kakaobeschmiertes Mündchen schmatzend auf seine Wange drückte.
»Ich werde Teresa dieses Schreiben übermitteln«, erklärte sie.
»Aber Paps wird bestimmt nicht damit einverstanden sein, daß sie sich hinsetzt und Roben für eine Matrone entwirft.«
»Hast du eine Ahnung«, sagte Antonia. »Karin, wo sind die neuen Illustrierten?« rief sie daraufhin laut.
Karin kam gleich darauf mit einigen Exemplaren, und Antonia hielt ihrem Mann das Titelblatt vor die Nase.
»Da sagst du nichts mehr«, murmelte Antonia.
»Doch! Ein meisterhaftes Lifting oder ein meisterhafter Retuscheur«, sagte Leon sarkastisch.
*
Dr. Laurin hatte Laurentina Croon schon vergessen, als er die Prof.-Kayser-Klinik betrat, die von seinem Schwiegervater Professor Joachim Kayser gegründet worden war und die er nun seit einigen Jahren leitete. Vor kurzem war angebaut worden.
Die Chirurgische und die Gynäkologische Abteilung waren voneinander getrennt. Im anderen Trakt, auf der Chirurgischen, zu der ein dekorativ ausgestatteter Gang führte, wirkte Dr. Eckart Sternberg als Chefarzt. Mit ihm verband Dr. Laurin eine herzliche Freundschaft, und ebenso war zwischen Leon Laurin und seinem Assistenten Dr. Lars Petersen eine Freundschaft entstanden, ohne daß dadurch das kollegiale Verhältnis zu den anderen Gynäkologen gefährdet worden wäre.
Obgleich Dr. Petersen als letzter zur Prof.-Kayser-Klinik gekommen war, wurde seine starke Persönlichkeit neben Dr. Laurin voll akzeptiert.
Es war die harmonische Atmosphäre, zu der auch die gutgeschulten Schwestern beitrugen, die den Erfolg dieser Klinik bestimmte, die weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden war, nicht zuletzt deshalb, weil Dr. Laurin bemüht war, die neuesten medizinischen Erkenntnisse zu nutzen, um Frauen und Kinder vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen.
Seine Beliebtheit war so groß, daß auch Frauen, die einmal in seiner Klinik ein Kind zur Welt gebracht hatten, wieder in diese Klinik kamen, selbst wenn sie inzwischen weiter entfernt wohnten.
So auch Dorothee Langen, deren Mann als Diplomat nach Schweden gegangen war. Obgleich es vier Jahre her war, daß sie ihr Töchterchen Claudia in der Prof.-Kayser-Klinik zur Welt gebracht hatte, erkannte Dr. Laurin sie sofort.
Er hatte ein phänomenales Gedächtnis, wie Hanna wieder einmal feststellte. »Sie haben sich nicht verändert«, stellte er fest.
»Aber hier hat sich manches verändert«, sagte Dorothee Langen. »Die Klinik ist noch mal so groß wie damals.«
»Und immer noch zu klein.«
»Dann haben Sie wohl gar kein Bett für mich frei?« fragte Dorothee enttäuscht. »Ich bin eigens von Stockholm gekommen, um mein Kind hier auf die Welt zu bringen. Und dann möchte Ihnen noch jemand guten Tag sagen«, erklärte die junge Frau lächelnd. »Am besten gleich, sonst wird sie ungeduldig.«
Und gleich kam auch ein süßes blondlockiges, kleines Mädchen hereingelaufen.
»Ich bin die Claudia«, sagte sie ohne Scheu. »Kennst du mich noch?«
Das wäre allerdings kaum möglich gewesen, denn als sehr zartes Baby hatte sie die Klinik verlassen, und jetzt war sie eine pfiffige und kräftige kleine Person.
»Du hast dich sehr verändert«, sagte Dr. Laurin.
»Hmmm, bin groß geworden. Haben Omi und Opi auch gesagt. Muß auch sein, wenn wir jetzt ein Brüderchen kriegen. Also, das muß ich dir sagen, Herr Doktor, ein Brüderchen muß es werden. Papi wünscht sich auch einen Sohn.«
Sie hätte sich gern noch länger mit dem netten Doktor unterhalten, wie sie dann Hanna versicherte, der sie in Obhut gegeben wurde.
»Nun, vielleicht werden es zwei Brüderchen«, sagte Dr. Laurin, nachdem er die Untersuchung beendet hatte.
»Habe ich es doch geahnt!« rief Dorothee Langen aus. »Ich bin heilfroh, daß ich hergekommen bin. Es ist auch für meine Eltern