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Sophienlust 315 – Familienroman. Anne AlexanderЧитать онлайн книгу.

Sophienlust 315 – Familienroman - Anne Alexander


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Am liebsten hätte

      sie für Melissa ein Himmelbett gekauft, aber Harald war dagegen gewesen. Er hielt nichts von übertriebenem Tand.

      »Und ich werde ihr heute beibringen, mich Papa zu nennen«, sagte Harald in Christines Gedanken hinein. »Sobald sie sich etwas bei uns eingewöhnt hat, werde ich mit ihr Ausflüge machen. Sie wird schwimmen lernen und radeln, sie wird…«

      »Harald, Meli ist erst zwei!« unterbrach seine Frau ihn amüsiert. »Es wird noch einige Zeit dauern, bis du ihr das Schwimmen beibringen kannst, und was ich von Radeln halte, das weißt du ja. Ich finde es unverantwortlich, ein kleines Kind auf ein Fahrrad zu setzen.«

      »Natürlich wird Meli erst ein Dreirad bekommen, aber mit drei, vier Jahren kann sie schon auf einem Kinderfahrrad üben.«

      »Und unters nächste Auto kommen.«

      »Du bist zu ängstlich, Christine«, meinte Harald. »Ich werde jedenfalls nicht zulassen, daß du unsere Tochter zu einem Angsthasen erziehst.«

      »Und ich werde nicht zulassen, daß du ihr Leben gefährdest.« Christines Stimme hatte sich gehoben. »Denke nur an die vielen Kinder, die alljährlich mit ihren Fahrrädern verunglücken. Und immer sind es die Jüngsten, die am meisten gefährdet sind. Ein Kind unter zehn Jahren ist kaum in der Lage, den Straßenverkehr richtig zu beurteilen.«

      »Weil man es meistens nicht dazu erzogen hat.«

      »Unsinn!« widersprach Christine ihrem Mann.

      Harald hatte eine heftige Erwiderung auf der Zunge, schluckte sie aber hinunter und lachte. »Schöne Eltern werden wir«, meinte er. »Melissa ist noch nicht bei uns, und wir zanken uns bereits über ihre Erziehung. Wenn das so weitergeht…«

      »Es wird nicht so weitergehen«, sagte Christine versöhnlich. »Wir werden ihr gute Eltern sein. Das weiß ich.« Mit einer anmutigen Bewegung strich sie eine lange Strähne ihres hellblonden Haares zurück. »Es wird wunderschön mit ihr werden.«

      »Ja, bestimmt«, bestätigte Harald.

      Eine Stunde später fuhren die beiden durch Wildmoos. Ungeduldig schaute Christine durch das Wagenfenster auf die kleinen Läden rechts und links der Straße. Noch nie war ihr die Fahrt von Köln nach Sophienlust so endlos erschienen. Sie spürte nicht die geringste Müdigkeit, obwohl sie und ihr Mann seit fünf Uhr unterwegs waren.

      »Schau, da sind schon die bunten Wegweiser, die du immer so lustig gefunden hast«, sagte Harald neben ihr. Er verstand die Ungeduld seiner Frau, denn es erging ihm ähnlich. Es hatte lange gedauert, bis Christine ihn davon überzeugt hatte, daß sie ein adoptiertes Kind genauso lieben würden wie ein eigenes. Und dann waren noch einmal Monate vergangen, bis das Jugendamt ihnen Melissa vermittelt

      hatte. Ihm war die Zeit des Wartens genauso lang geworden wie seiner Frau.

      Bald lag auch Bachenau hinter ihnen. Jetzt fuhren sie auf einer von Bäumen begrenzten Straße nach Sophienlust. Schon konnten sie das Dach des ehemaligen Herrnhauses, in dem das Kinderheim untergebracht war, erkennen. Eine hohe Hecke schirmte es von der Straße ab.

      Das schmiedeeiserne Tor des Kinderheims Sophienlust stand einladend offen. Harald Walter bog in die breite Auffahrt ein. Er fuhr sehr langsam, um nicht die Kinder zu gefährden, die, wie er wußte, sich frei in diesem riesigen, zum Kinderheim gehörenden Park bewegen konnten. Zwei Minuten später erreichte er den Parkplatz und stellte seinen Wagen neben dem Denise von Schoeneckers ab. »Alles aussteigen!« rief er munter und schlug seiner Frau leicht aufs Knie,.

      »Unhold!« warf sie ihm lächelnd an den Kopf.

      »Ungetüm!« konterte er.

      »Paß auf, wenn Frau von Schoenecker uns so reden hört, gibt sie uns Melissa vielleicht gar nicht, weil wir einen schlechte Einfluß auf das Kind haben könnten«, meinte Christine und stieg aus.

      »Dann müssen wir sehr, sehr vorsichtig sein«, flüsterte Harald ihr zu und legte einen Finger auf seine Lippen.

      Christine sah ihn an. »Hast du auch so ein flaues Gefühl in der Magengegend?« fragte sie und zog eine Grimasse.

      »Das nicht, aber etwas weiche Knie«, antwortete Harald. »Vater zu werden ist nicht gerade ein kleines Unternehmen.«

      Denise von Schoenecker trat aus der Pforte und stieg die Freitreppe des Hauses herab. Sie war eine schlanke, aparte Frau, die von den meisten Leuten weit jünger geschätzt wurde, als sie in Wirklichkeit war. Seit ihr jetzt sechzehnjähriger Sohn Dominik vor vielen Jahren von seiner Urgroßmutter, Sophie von Wellentin, Sophienlust geerbt hatte, war sie der gute Geist des Kinderheims.

      »Guten Morgen!« grüßte Denise freundlich.

      »Guten Morgen«, erwiderten die beiden Walters. Sie wirkten etwas unsicher, wie die meisten Eltern, die endlich ein langersehntes Kind vom Heim abholen konnten.

      »Weiß Meli, daß wir kommen?« fragte Christine.

      »Wir haben es ihr nach dem Frühstück gesagt«, erwiderte Denise von Schoenecker, während sie gemeinsam mit dem Ehepaar Walter die Treppe emporstieg und die geräumige Halle betrat. »Meli wartet schon sehnsüchtig auf Sie.«

      »Wo ist sie denn?« Christine sah sich suchend um.

      Harald stieß seine junge Frau an. »He, du kannst doch nicht erwarten, daß sie wie ein Paradepferdchen gesattelt und gezäumt in der Halle steht.«

      »Sie ist auf dem Spielplatz«, sagte Denise von Schoenecker. »Wir halten es für das beste, den Kindern den Übergang vom Heimleben zum Leben innerhalb einer Familie so natürlich und selbstverständlich wie möglich zu gestalten. Sie dürfen also nicht erwarten, daß wir Melissa extrafein herausgeputzt haben.«

      »Keine Angst, das habe ich auch nicht erwartet«, antwortete Christine. »Ich werde Meli auch lieben, wenn sie wie ein kleines Ferkelchen vom Spielplatz kommt.«

      »Na, ganz so arg wird es wohl nicht sein«, meinte Denise von Schoenecker und führte das Ehepaar Walter in das Biedermeierzimmer, in dem sie gewöhnlich ihre Besucher empfing.

      Das Hausmädchen Ulla brachte Kaffee und Gebäck, und bald gesellte sich auch Frau Rennert, die mütterliche Heimleiterin, zu ihnen. Sie hatte die Mappe mit Melissas Unterlagen mitgebracht und ging die Papiere zusammen mit den Walters durch.

      »Weiß man inzwischen etwas über Melissas Vater?« erkundigte sich Harald Walter, nachdem Frau Rennert ihm das Impfbuch der Kleinen übergeben hatte.

      »Wir haben inzwischen nur herausbekommen, daß er wahrscheinlich Engländer ist«, sagte Denise ernst. »Wie Sie wissen, hat Frau Braun auf dem Standesamt keinerlei Angaben über Melissas Vater gemacht. Durch Zufall habe ich eine frühere Bekannte von ihr kennengelernt. Fräulein Wengel erzählte mir, daß Frau Braun vor knapp drei Jahren ihren Urlaub in London verbrachte. Als sie zurückkam, war sie schwanger.«

      »Also ein Engländer«, sagte Harald nachdenklich. Er spielte mit seinem Teelöffel.

      »Ich hoffe, das ändert nichts an Ihrem Entschluß, Herr Walter«, meine Denise, erschrocken über Haralds kurze Bemerkung.

      »Für wen halten Sie mich, Frau von Schoenecker?« fragte der junge Mann. »Natürlich ändert dies nichts an unserem Entschluß, Melissa zu adoptieren.« Er lachte auf. »Was meinen Sie, was mir meine Frau erzählen würde!«

      »Darauf kannst du dich verlassen!« drohte Christine.

      »Sie dürfen mich nicht falsch verstehen, Frau von Schoenecker«, fuhr Harald fort. »Es ist nur verständlich, daß ich alles über Melissas Eltern wissen möchte. Je mehr wir über ihre Eltern wissen, um so mehr können wir uns auf sie einstellen. Wir…«

      Harald wurde durch das Öffnen der Tür unterbrochen. Schwester Regine schob die kleine Melissa ins Biedermeierzimmer.

      Die Kleine trug ein reizendes Spielhöschen und weiße Sandalen. Die schulterlangen Haare hatte Heidi ihr zu zwei Rattenschwänzchen zusammengebunden.

      Chistine stand auf und lief


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