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Tod in Amsterdam. Ben KossekЧитать онлайн книгу.

Tod in Amsterdam - Ben Kossek


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Zunft erarbeitet.

      Seine Spezialität, und das machte seinen Erfolg in erster Linie aus, war das gezielte Aufspüren von sogenannten „Whistleblowern“, Informanten also, die über ein wertvolles Insiderwissen verfügten und ihr Tätigkeitsfeld nahe bei den Zielobjekten oder Zielpersonen hatten. Auf diesem Gebiet hatte er eine Art siebten Sinn entwickelt, und so kam er immer wieder an wichtige Informationen, die er dann mit der ihm eigenen Akribie wie einzelne Puzzleteile geduldig zu einem Ganzen zusammensetzte.

      Die Gefahren, die sich unweigerlich mit dieser besonderen Art des Journalismus verbanden, ignorierte er so gut es ging, was jedoch nicht bedeutete, dass er ein unvorsichtiger Mensch war. Aber es lag einfach in seiner Natur, dass er ein gutes Stück mehr ins Risiko ging als die meisten seiner Mitstreiter. Und genau das machte in vielen Fällen den Unterschied!

      Und so war es keine besondere Überraschung, dass auch der aktuelle Fall, den er gerade recherchierte und bearbeitete, nicht ganz ungefährlich war. Ein bekannter, im Ruhrgebiet ansässiger Pharma-Konzern hatte vor etwa zwei Jahren ein neues Medikament auf den Markt gebracht, welches, wie sich kürzlich herausstellte, unter Verwendung von giftigen synthetischen Substanzen aus China hergestellt wurde. Der Gerinnungshemmer, der insbesondere bei Herzoperationen oder Thrombosegefahr zum Einsatz kam, verursachte bei einigen Patienten bisweilen starke allergische Reaktionen. Heino Brandstetter trug sich mit dem Gedanken, über dieses Thema ein neues Buch zu schreiben und hatte sich heute aus diesem Grund mit seinem Verleger getroffen, um gemeinsam mit ihm die nächsten Schritte zu besprechen. Dr. Klaus-Jürgen Wiegand vom Rhein-Verlag in Köln, der bislang die meisten Bücher Brandstetters veröffentlicht hatte, in erster Linie die aus der erfolgreichen neueren Generation, war sofort begeistert. Obwohl die Arbeit an diesem Projekt noch ziemlich am Anfang stand und die Recherche-Phase gerade erst begonnen hatte, kannte Wiegand den Journalisten Brandstetter seit vielen Jahren und unterstützte dessen Projekte nahezu vorbehaltlos.

      Als Heino Brandstetter am späten Abend des 22. März seine kleine Wohnung in Köln-Wahnheide betrat, war es bereits kurz nach 23 Uhr. Es hatte den ganzen Abend geregnet und er hatte sich beeilt, nach Hause zu kommen. Er erwartete noch einen wichtigen Anruf von Elsa Groninger, seiner Mitarbeiterin, weshalb sein erster Blick dem altmodischen Anrufbeantworter neben dem Telefon im Flur galt.

      Elsa unterstützte seine Arbeit seit nunmehr zwei Jahren und war eine trickreiche Meisterin der Online-Recherche, um die Bezeichnung Hackerin zu vermeiden. Und sie war mindestens genauso hungrig wie er, weshalb sie sich nahezu perfekt ergänzten.

      Elsa studierte Wirtschaftswissenschaften, war intelligent und außerdem verstand sie es hervorragend, Informanten mit ihrer charmanten, gewinnenden Art zum Reden zu bringen. Auf diesem Gebiet hatte sie Brandstetter einiges voraus, denn etwas wie Charme gehörte ohne Zweifel nicht zu seinen hervorstechenden Eigenschaften. Heino Brandstetter mochte Elsa Groninger aber vor allen Dingen als Mensch. Sie hatte das Herz am rechten Fleck und war stets mit ganzem Engagement und viel Kreativität bereit, für „die gerechte Sache“ einzutreten. Das hatte ihm von Anfang an imponiert, und in diesem Punkt waren sie sich wiederum sehr ähnlich.

      Natürlich hätte zwischen ihnen auch weit mehr als nur dieses Verhältnis guter Zusammenarbeit entstehen können, doch war es irgendwie nie dazu gekommen. Vielleicht hatten sie den richtigen Zeitpunkt hierfür irgendwie verpasst. Und nun schien es für so etwas einfach zu spät. Die Gefühle, die er ihr entgegenbrachte, waren mehr die eines sorgenvollen väterlichen Freundes als die eines Liebhabers.

      Der Anrufbeantworter auf der Kommode im Flur blinkte, was darauf schließen ließ, dass Elsa Groninger wohl schon angerufen hatte. Im Vorbeigehen drückte er auf die Wiedergabetaste und begab sich auf direktem Weg in die Küche, um die Kaffeemaschine in Gang zu setzen – stets seine erste Handlung, wenn er nach Hause kam. Er hatte kein Problem damit, spät abends noch Kaffee zu trinken. Jedenfalls redete er sich das ein. Wahrscheinlich würde es mal wieder wie so oft eine lange Nacht werden, und Kaffee half ihm immer, wenn er noch zu arbeiten hatte. Und außerdem liebte er es, des nachts zu arbeiten, weil er dann die nötige Ruhe hatte und ihn niemand störte.

      Noch während er den Wassertank der Maschine auffüllte und ein Kaffeepad einlegte, lauschte er mit einem Ohr der Bandansage im Flur. Wahrscheinlich hatte Elsa wichtige Neuigkeiten. Sie sollte den Kontakt zu einem Insider des Pharmakonzerns herstellen, der über äußerst brisante Informationen verfügte. Doch plötzlich hielt er mitten in der Bewegung inne. Es war nicht Elsa Groninger, die ihm eine Nachricht auf den Anrufbeantworter hinterlassen hatte! Stattdessen hörte er eine ihm nicht bekannte männliche Stimme.

      „Heino Brandstetter? Bitte hören Sie mir gut zu: Wenn Sie Interesse an Informationen haben, die für reichlich Wirbel in diesem Land sorgen werden, kommen Sie morgen Abend um 22 Uhr zum Parkplatz Helenenwallstraße unter der Severinsbrücke in Deutz. Ich hoffe, ich habe mich nicht in Ihnen getäuscht! Seien Sie unbedingt pünktlich. Ich kann es mir nicht leisten, auf Sie zu warten.“

      Überrascht wandte er sich halb um und starrte auf den Anrufbeantworter auf der Kommode. Die Stimme des Anrufers kam ihm in keiner Weise bekannt vor, es konnte demnach niemand sein, mit dem er im aktuellen oder vielleicht in einem früheren Fall zu tun hatte. Aber wer war der unbekannte Anrufer und von welchen Informationen sprach er? Nachdem er etwas irritiert die Kaffeemaschine eingeschaltet hatte, ging er zurück in den Flur und drückte auf Wiederholung. Er lauschte mit voller Aufmerksamkeit der Ansage auf dem Band. Die Stimme klang leicht nervös, aber doch bestimmt und klar. Im Hintergrund konnte man leise Musik und entferntes Stimmengemurmel hören, als würde sich eine größere Ansammlung Menschen miteinander unterhalten. Dies ließ darauf schließen, dass der geheimnisvolle Anrufer von einem öffentlichen Anschluss aus telefoniert hatte. Wahrscheinlich rief er aus einer Hotellobby, einem Restaurant oder einer Bar an. Außerdem musste er wohl ziemlich in Eile gewesen sein, denn kaum hatte er seine mysteriöse Nachricht hinterlassen, wurde die Verbindung jäh unterbrochen.

      Heino Brandstetter ahnte in diesem Moment noch nicht, welche Folgen dieser unerwartete Anruf für ihn mit sich bringen würde. Wie sollte er auch. Informationen, die für reichlich Wirbel in diesem Land sorgen werden! Was in aller Welt hatte das zu bedeuten?

      Er ging zurück in die Küche, nahm die Tasse von der Kaffeemaschine und überlegte, ob er Elsa anrufen sollte. Sie hatte sich bisher noch nicht gemeldet. Aber vielleicht war sie gerade auf dem Heimweg. Mit der freien Hand angelte er sein Handy aus der Jackentasche und wählte ihre Nummer, während er nachdenklich den ersten Schluck seines schwarzen Kaffees schlürfte. Es hatte bereits mehrmals geklingelt, bevor sich am anderen Ende Elsas Stimme meldete.

      „Hallo Heino, bist du schon zu Hause?“ Sie klang etwas müde und gleichzeitig aufgedreht.

      „Ja, ich bin vor etwa zehn Minuten gekommen. Wo bist du gerade, Elsa?“

      „Noch in Düsseldorf. Wird heute leider spät werden, aber ich habe eine kleine Überraschung für dich: Bender spielt jetzt doch mit. Er ist bereit, auszupacken und bittet dich um ein Treffen. Offenbar plagt ihn nun doch sein Gewissen. Die einzige Bedingung, die er stellt: Wir sollen seine Frau und die Kinder außen vorlassen. Die Familie soll so wenig wie möglich mit der Sache konfrontiert werden.“

      „Gut. Wir müssen sehen, dass wir das irgendwie einrichten können. Ich kann verstehen, weshalb er da vorsichtig ist. Aber das ist wirklich eine phantastische Nachricht, Elsa. Gut gemacht! Denn du weißt selbst, ohne seine Hilfe wäre es für uns wirklich schwierig geworden. Er sitzt eben mal genau an der richtigen Stelle. Hoffentlich springt er nicht wieder ab.“

      Brandstetter musste daran denken, dass Ulf Bender schon einmal versprochen hatte, sich mit ihm zu treffen, um ihm Informationen zukommen zu lassen, hatte dann aber unerwartet wieder einen Rückzieher gemacht. Leider kam das nicht selten vor. Informanten bekamen des Öfteren im letzten Moment aus Angst vor Repressalien kalte Füße. Doch Elsa schickte sich sofort an, ihn zu beruhigen.

      „Das glaube ich dieses Mal nicht.“ Sie klang sehr überzeugt.

      „Und weshalb bist du dir da so sicher? Woher kommt bei ihm der plötzliche Sinneswandel? Beim letzten Mal hatte er noch erhebliche Bedenken.“

      „Die Situation hat sich für Ulf Bender wohl grundlegend geändert. Man will ihn offensichtlich loswerden,


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