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Stiefelschritt und süßes Leben. Klaus MullerЧитать онлайн книгу.

Stiefelschritt und süßes Leben - Klaus  Muller


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ich mich nun, wie dieses System funktionierte. Denn die einzigen realen Feinde, die ein Sowjetsoldat (oder einer der NVA) in seinem bisherigen Leben kennengelernt hatte, waren die eigenen Vorgesetzten. Imperialisten, Kapitalisten, Faschisten oder gar NATO-Soldaten waren hingegen leere Worte.

      Der Mensch entwickelte im Lauf der Zeit bedeutende Neuerungen; Nutzung des Feuers, das Rad, die Polis und die Gesetze, bis hin zur Relativitätstheorie und der Kernspaltung. In dem Vierteljahrtausend zwischen der Aufklärungsepoche, in der Friedrich II. „der Große“ forderte, daß der „Kerl“ (der Soldat) seinen Offizier mehr fürchten solle als den Feind, und dem Ende des „Kalten Krieges“ legte die Evolution des menschlichen Gehirns eine Pause ein, die dann zu jenem Irrsinn, wie man ihn bei den Massenheeren des 20. Jahrhunderts erlebte, führte.

      Zwei Tage später kam Entwarnung; die sowjetischen Menschenjäger hatten den Deserteur liquidiert.

      Im September fand das alljährliche Herbstmanöver statt. Das AR 9 war jetzt mit seinem veralteten Kriegsgerät mehrere Wochen lang im Militärbezirk 5 der Warschauer Vertragsstaaten auf allen dortigen Truppenübungsplätzen unterwegs. Dieser Militärbezirk 5 umfasste die heutigen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und den Norden des Bezirkes Magdeburg mit der Altmark und der Letzlinger Heide.

      In den ersten Tagen fuhr auf unserem LKW, der auch die Haubitze zog, ein Reserveoffizier mit; ich habe ihn sofort als Stasi-Spitzel erkannt, obwohl er sich als Oberschullehrer ausgab. Er versuchte ständig, mit banalsten Fragen die Soldaten über Lebensumstände und -haltungen auszuhorchen. Irgendwie kam die Rede auf hohe Lottogewinne und deren Verwendung. Ich saß bisher schweigend dabei, nun platzte ich aber heraus: „Ich würde die 300.000 Mark dem Staat schenken und mir die Freiheit erkaufen!“ – „Wie meinen Sie das, Genosse!?“ – „Mit Freiheit, meine ich nur, weg von der NVA!“, sagte ich in festem Ton. Der Mann war völlig verdattert, sagte kein Wort mehr. Er wechselte beim nächsten Halt auf einen anderen LKW unserer Batterie.

      Es erschienen im Manövergelände in der Letzlinger Heide auch einige Zivilisten, offensichtlich SED-Bonzen von der Bezirksleitung Magdeburg, die sich martialisch angehost hatten. Sie trugen Schaftstiefel und Reithosen zu Ziviljackets, die allerdings mit Orden behängt waren. Diese Leute gaben in der Tat ein kurioses Bild ab … Bei dem Manöver wurde möglichst realistisch Krieg gespielt. Andernorts drohte der Kalte Krieg heiß zu werden. – Der Vietnam-Krieg eskalierte nach dem Tonking-Zwischenfall, was im Feldoffizierscourps des AR 9 zu freudiger Aufregung führte. Noch höre ich die aufgeregte Stimme von Unterleutnant Karpow, der es kaum noch erwarten konnte: „Genossen, jede Menge Karl-Heinze (damit waren die Sowjetsoldaten gemeint) haben sich freiwillig gemeldet. Vielleicht können wir uns auch bald in die Freiwilligenlisten eintragen lassen!“

      In der Letzlinger Heide, dem größten und westlichsten Truppenübungsplatz der DDR, lagen plötzlich Flugblätter herum: bunte Reklamebilder aus der Konsumwelt des Westens, primitive Elogen von Deserteuren der Grenztruppen über ihre Mallorca-Aufenthalte, Pin-up-Girls, aber auch seriöse Auflistungen vom Statistischen Bundesamt, den hohen Lebensstandard der Arbeiterklasse in der BRD betreffend.

      Sofort brüllten die Batterieoffiziere: „Feindliche Flugblätter, liegen lassen, nicht lesen!“ Jeder nahm sie natürlich in die Hand und überflog sie, mancher steckte sich auch eines ein. Nach einem eiligen Stellungswechsel trat der Batteriechef vor seine Truppe und sprach: „Wer trotz des Verbots ein Flugblatt eingesteckt hat, bekommt nun die Möglichkeit, es straflos abzugeben. Wer danach noch mit einem dieser Flugblätter erwischt wird, kommt wegen Wehrkraftzersetzung vor den Militärstaatsanwalt!“

      Der Unterleutnant Mölschareck, genannt „Mölli“, schmierte sich dann an mich heran und sagte: „Die Weiber in den Casinos waren toll, was?“ – „Habe ich übersehen“, war meine Antwort. „Aber ich habe eine hochinteressante Publikation vom Statistischen Bundesamt gefunden, natürlich sofort wieder weggeschmissen. Die Zahlen sind aber nun leider in meinem Kellnergehirn gespeichert.“

      Es gab aber auch hoffnungsvolle Erlebnisse bei diesem Herbstmanöver. Wir waren nicht nur per LKW unterwegs, es wurden auch die Verladung und der Transport per Schiene geübt. Beim Entladen in der märkischen Kleinstadt Rathenow machte ein Ehepaar mit seinen zwei Söhnen einen Abendspaziergang. Von den Knaben war der eine etwa fünf, der andere um die 14 Jahre alt. Der kleinere, am Straßenrand gehend, winkte den Soldaten fröhlich zu, wie er es im Kindergarten gelernt hatte, doch der größere Junge drückte die Hand seines kleinen Bruders nach unten und zog ihn zwischen sich und die Eltern. Eine harmlose Widerstandsgeste gegen den Militarismus, die mir aber durch die Geistesverbundenheit, die sie ausdrückte, ein Gefühl der Zuversicht und des Trostes gab.

      *

      Nach dem Herbstmanöver, in den ersten Oktobertagen, kamen ein paar Neue in das AR 9, einer auch in unsere Batterie. Sie alle hatten die ersten Monate ihrer Dienstzeit bei den Grenztruppen absolviert und waren bei der Überprüfung zum eigentlichen Grenzstreifendienst als unzuverlässig eingestuft und zu den Feldtruppen versetzt worden, wo sie nun das letzte Jahr des Grundwehrdienstes vertrödeln mussten. Unser Neuer hatte einfach seinen Dienst leger und ohne Engagement ausgeführt, ja in harmlosen Gesten und Worten Unlust durchblicken lassen. Er ließ sich durch Drohungen auch nicht zu einer lustvolleren Dienstdurchführung drängen. Hierbei war allerdings auch Vorsicht geboten, denn wer in dem, was er sagte, Feindschaft gegenüber den bewaffneten Organen erkennen ließ, wurde auch als Feind behandelt. Um ihn kümmerte sich der Militärstaatsanwalt. Es war aber, wie ich bald merkte, relativ einfach, von den Grenztruppen wegzukommen.

      Wenige Tage später begann für unsere Batterie der Ernteeinsatz; „Ernteschlacht“ hieß es im SED-Jargon. Auf den Ladeflächen unserer H5 fuhren wir in Richtung Westen, nach Bodin, zu einer alten Junkerklitsche mit verrottetem Herrenhaus, Katenreihen und zahlreichen Vorwerken. Die Gemeinde nahm fast die gesamte Fläche zwischen den mecklenburgischen Kleinstädten Gnoien und Teterow ein.

      Wir wurden alle in einer Schulbaracke einquartiert. Das Dorf machte einen äußerst traurigen Eindruck, war aber erstaunlicherweise von einer Vielzahl hübscher Mädchen bevölkert, während die jungen Männer ziemlich dumpfe Typen waren. Das Dorf hatte also eine Blutauffrischung dringend nötig.

      Die Feldarbeit machte wenig Mühe, wurde von uns auch nicht mit sonderlicher Vehemenz betrieben, da die Vergütung geradezu lächerlich war. Die Verpflegung war aber gut, so dass für die Abende mit den jungen Frauen viel Zeit, Kraft und Muße vorhanden war.

      Ich hatte in dieser galanten Frage besonders Glück, traf in Groß Lunow, einem der vielen Vorwerke der Gemeinde, auf Gisela, die bei ihren Eltern eine Auszeit von ihrer unglücklichen Ehe im brandenburgischen Havelberg nahm und besonderer Tröstung bedurfte. Wir beide erkannten uns sofort als passende Partner, hatten jeweils geraume Zeit Abstinenz in der Liebe geübt, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Gisela gehörte nicht nur zu den Hübschesten im Dorfe, sie war mit Abstand die Erfahrenste in der Liebe hier. Wir hatten zwar die NVA-Ausgehuniform bei uns, mussten sie aber nach der Feldarbeit nicht tragen, waren vielmehr in dem eher martialischen, an Arbeitskleidung erinnernden Drillich unterwegs, was unser Wohlgefühl, jedenfalls meines, erheblich steigerte.

      *

      Die richtig widerlichen Unteroffiziere, die man oft in Nazi- und Antikriegsfilmen sieht und die es, wie ich erfahren habe, auch in anderen NVA-Einheiten gab, hatten wir in unserer Batterie nicht. Von den drei Offizieren der Batterie waren zwei jedoch ausgesprochene Widerlinge. Der eine, der Mecklenburger Ultn. Karpow, war das geringere Problem wegen seiner Dummheit. Eine zackige Meldung unter lautem Gebrüll, ganz gleich, was man brüllte, konnte seiner Bosheit relativ leicht die Spitze nehmen. Anders der Ultn. „Mölli“, der eine pfiffige Dresdner Vorstadtpflanze war, den einige Dresdner Rekruten aus anderen Batterien, noch von früher als „Rummelplatz-Stenz“ kannten. Diesem Widerling war mein Techtelmechtel in den Heuschobern des Vorwerks Groß Lunow selbstverständlich nicht verborgen geblieben. Neid und Niedertracht veranlassten diesen Menschen, an Wochenenden und bei


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