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Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 4 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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es Daniel. »Sonst sieht der Tisch aus wie nach einem Heuschreckenüberfall, bis ich zu Hause bin.«

      »Tja«, grinste Danny ungerührt. »Jedem, wie er’s verdient. Frag doch mal Wendy, vielleicht hat sie noch ein paar Sandwichs übrig.«

      »Meines Wissens sind noch drei Stück da!«, erteilte die langjährige Assistentin bereitwillig Auskunft.

      »Siehst du! Wenn alle Stricke reißen …« Danny grinste frech. Dann griff er nach seinem Mantel, der an der Garderobe hing, verbeugte sich gut gelaunt vor Wendy und winkte seinem Vater, ehe er hinaus in den unwirtlichen Abend trat.

      Ein böiger Wind trieb die braunen Blätter durch die Straße, und er beeilte sich, zum Wagen zu kommen, als er ein leises Geräusch aus seiner Manteltasche hörte.

      Bevor er das Mobiltelefon herauszog, floh er in den Wagen. Erst nachdem er die Tür zugegezogen und den Motor gestartet hatte, las er Tatjanas Nachricht.

      Blumen für Natascha nicht vergessen!, erinnerte sie ihn mit der knappen Botschaft an sein Versprechen.

      »Diese Frau ist Gold wert«, seufzte Danny dankbar und schickte seiner Freundin einen liebevollen Gedanken. »Statt darauf zu spekulieren, dass ich sie wirklich vergesse und mir dann eine unwillkommene Szene zu machen, erinnert sie mich lieber rechtzeitig.« Tatjana war eine bemerkenswert friedliche Frau, mit der er noch nie ernsthaft Streit gehabt hatte. Das mochte auch an ihrer vorausschauenden Art liegen, mit der sie ihm das Zusammenleben sehr leicht machte. Da hatte Danny in der Vergangenheit durchaus schon andere Dinge erlebt.

      Ein zärtliches Lächeln spielte um seine Lippen, als er den Wagen wendete, auf die Hauptstraße einbog und sich in den dichten Feierabendverkehr einordnete.

      *

      Die junge Frau stand in eine Häuserecke neben einem Blumenladen gedrückt und starrte argwöhnisch auf die Passanten, die mit eingezogenen Köpfen und hochgeschlagenen Mantelkrägen in der Dämmerung an ihr vorbei hetzten. Als eine Frau vor dem Schaufenster stehen blieb und die Auslagen betrachtete, nahm sie allen Mut zusammen und trat neben sie.

      »Entschuldigung. Haben Sie vielleicht etwas Geld für mich?«, fragte sie schüchtern. Erschrocken fuhr die Frau herum und starrte sie an. Marika schämte sich in Grund und Boden und wäre am liebsten weggelaufen. Doch sie brauchte Geld. »Ich wurde bestohlen. Es ist alles weg.«

      Die Passantin sah sie noch einen Augenblick an. Dann drehte sie sich um und hastete davon.

      »Immer diese Bettler. Lästig. Noch nicht einmal auf der Straße ist man mehr sicher«, murmelte sie gut verständlich vor sich hin.

      Betroffen sah Marika ihr nach. Dann drückte sie sich wieder in ihre Ecke. Nicht nur die unfassbare Müdigkeit machten ihr zu schaffen. Seit Wochen war ihr schon übel, und ihr Gesicht fühlte sich heiß an. Vielleicht hatte sie sogar Fieber. Doch darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Sie rieb sich die Augen und beobachtete einen Mann, der eben aus einem Wagen ausstieg. Er sah sympathisch aus und wirkte auf eine seltsame Weise vertrauenerweckend. Als er auf das Blumengeschäft zuging, gab sie sich einen Ruck.

      »Entschuldigung. Haben Sie ein bisschen Geld für mich?«, sagte sie ihr Sprüchlein auf und sah ihn flehend aus geröteten Augen an.

      Erstaunt blieb Danny Norden stehen. Ehe er antwortete, wanderte sein Blick an der jungen Frau hinab und wieder hinauf. Mit geschultem Blick stellte er fest, dass sie nicht wie eine Bettlerin wirkte.

      »Ist etwas passiert?«, stellte er daher die naheliegende Frage. Sofort waren die Blumen vergessen, und sein ganzes Interesse galt der jungen Frau.

      Seine Stimme war so warm und freundlich, dass Marika augenblicklich die Tränen in die Augen stiegen.

      »Ich bin im Zug bestohlen worden«, stieß sie schluchzend hervor und zog das Kopftuch enger um den Hals. »Alles ist weg. Meine Papiere, Geld, mein Pass. Alles.«

      »Aber das ist ja furchtbar. Waren Sie schon bei der Bahnpolizei?«

      Marika senkte den Blick und schüttelte beschämt den Kopf.

      »Nein.«

      »Aber das müssen Sie tun! Sie müssen Anzeige gegen Unbekannt erstatten. Die Beamten helfen Ihnen auch, Ersatzpapiere zu beschaffen …« Noch während Danny sprach, krümmte sich Marika plötzlich zusammen.

      Mit einem Satz war der junge Arzt neben ihr und stützte sie.

      »Was ist denn los? Ist Ihnen nicht gut?«

      »Mir ist so schlecht«, stöhnte Marika. Obwohl sie nur ein Fliegengewicht war, hatte Danny Mühe, sie zu halten. Verzweifelt sah er sich nach einer Sitzmöglichkeit um. Als einziger Ausweg fiel ihm sein Wagen ein. Dorthin brachte er Marika und bugsierte sie auf den Beifahrersitz. Er kurbelte die Lehne herunter, bis sie halbwegs liegen konnte. Aus einer Flasche Wasser, die er im Kofferraum fand, gab er ihr zu trinken.

      »Ist es jetzt besser?«, fragte er fürsorglich.

      Tatsächlich hatte die Übelkeit ein wenig nachgelassen, und Marika lächelte ihn dankbar an.

      »Ja. Vielen Dank.«

      Danny kniete neben der geöffneten Tür und sah sie forschend an.

      »Du bist nicht von hier, oder?«, ging er automatisch zum vertraulichen Du über. Er wusste selbst nicht, warum. Aber irgendwie schien es ihm angebracht, zumal sich die junge Frau nur mit ihrem Vornamen vorgestellt hatte.

      Marika nahm es ihm nicht übel.

      »Ich komme aus Georgien«, erwiderte sie nicht ohne Stolz und Danny staunte.

      »Das hätte ich nicht gedacht. Dein Deutsch ist toll!«

      »Danke.« Trotz ihrer schlechten Verfassung freute sich Marika über dieses Kompliment und lächelte fein. »Meine Familie stammt ursprünglich aus Deutschland. Und meine Tante lebt auch wieder hier. Ich wollte zu ihr.« Das Lächeln verschwand so schnell aus ihrem Gesicht, wie es gekommen war. »Und jetzt ist alles weg. Alles gestohlen. Auch Lianas Adresse.« Wieder glitzerten die Tränen in ihren Augen. Auf ihren schmalen Wangen tanzten fiebrige rote Flecken.

      »Irgendwas stimmt doch nicht mit dir. Du bist krank«, sagte Danny ihr auf den Kopf zu. »Am besten, ich bring dich in eine Klinik.«

      »Nein!« Marikas Widerspruch kam so schnell und war so heftig, dass Danny stutzig wurde.

      »Aber warum denn nicht? Hast du Angst wegen der Kosten?«, vermutete er. »Das musst du nicht. Erstens gibt es für die Behnisch-Klinik eine Stiftung, damit auch mittellose Patienten behandelt werden können. Und zweitens würde sowieso das Sozialamt für die Kosten aufkommen, bis du deine Papiere wieder hast.«

      Schweigend hatte Marika dem jungen Arzt zugehört.

      »Ich kann nicht in eine Klinik, weil ich kein Visum habe«, presste sie endlich durch die Lippen und wagte es nicht, Danny anzusehen.

      »Und warum nicht?«

      Marika haderte sichtlich mit sich.

      »Ich hätte keines bekommen«, gestand sie so leise, dass er sie kaum verstehen konnte. »Mein Vater sitzt im Gefängnis, und meine Mutter lebt nicht mehr.«

      Langsam verstand Danny Norden, was das bedeutete.

      »Dann bist du illegal eingereist?«

      Das war ein Satz zu viel. Panisch versuchte Marika, sich vom Sitz hochzurappeln und aus dem Wagen zu fliehen. Danny war so überrumpelt, dass er rückwärts auf den Asphalt fiel. Im letzten Moment bekam er sie am Hosenbein zu fassen.

      »Halt! Mach doch keinen Unsinn!«, rief er. Vorbeieilende Passanten sahen die beiden ungläubig und verwirrt an. Doch keiner griff ein. Nicht ein einziger blieb stehen und fragte nach. Und dieses eine Mal war Danny froh über die Gleichgültigkeit der Menschen. Marika war zu schwach, um sich zur Wehr zu setzen, und war tatsächlich stehen geblieben. Ihr Rucksack baumelte von ihrer rechten Schulter, und sie sah Danny aus unfassbar traurigen Augen an.

      »Ich bleibe nur, wenn du versprichst, dass du nicht zur


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