Butler Parker Staffel 9 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
entnahm und auf die einzelnen Fleischportionen tropfen ließ.
»Schlafmittel?« erkundigte sich Rander lächelnd.
»In der Tat, Sir, ein besonders wirksames, wie ich zusätzlich bemerken möchte.«
»Hauptsache, die Vierbeiner nehmen die Köder an.«
»Damit dürfte fest zu rechnen sein, Sir.«
Während Parker noch redete, streifte er sich gemessen und mit abgezirkelten Bewegungen seinen schwarzen Zweireiher ab und ließ die vieltaschige Weste folgen. Dann löste er die Hosenträger und legte sie neben sich auf einen Stuhl.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?« fragte Rander.
»Echauffieren Sie sich auf keinen Fall, Sir!« Parker schüttelte den Kopf und verpackte die kleinen Fleischportionen in Zeitungspapier. Er formte Bälle, die nicht größer waren wie Hamburger-Portionen.
Rander folgte sehr interessiert seinem Butler, der das Hackbrett mit den verpackten Fleischportionen hinauf ins Dachgeschoß trug. Hier befestigte Parker die langen Enden der Hosenträger am Fensterrahmen. Das Mittelstück dieser Hosenhalter benutzte er als Schlaufe, um die Spezialgeschosse auf die Reise schicken zu können.
Parker arbeitete leise, schnell und konzentriert. Nach wenigen Minuten schon waren alle Vorbereitungen getroffen. Er öffnete das Fenster und sah zum Unterholz hinüber.
Das feine, nervöse Winseln der Bluthunde war deutlich zu hören. Es klang nicht gerade schön. Es drückte Blutgier, Hunger und Angriffslust aus.
»Darf ich Ihnen wenigstens die Geschosse reichen?« fragte Rander, als Parker die beiden Stränge der Hosenträger versuchsweise strammte.
»Es wird mir eine Ehre sein, Sir, sie entgegennehmen zu dürfen«, bedankte sich Parker, »ich würde Vorschlägen, daß wir jetzt den ersten Köder auf die Luftreise schicken.«
Rander war wieder mal fasziniert, wie geschickt Parker diese Riesenschleuder bediente und wie treffsicher er die diversen Geschosse hinüber ins Unterholz beförderte.
Parker arbeitete mit der Präzision eines Uhrwerks. Es dauerte nur knapp dreißig Minuten, bis alle Geschosse an Ort und Stelle gelandet waren.
»Nichts«, stellte Rander fest.
»Ich empfehle ein wenig Geduld, Sir«, sagte der Butler, »die Vierbeiner müssen sich wahrscheinlich erst von dieser echten Überraschung erholen.«
*
»Was ist das?« fragte John Malone nervös, als es zwischen den Zweigen des Unterholzes rauschte.
»Irgendwas aus den Bäumen«, stellte Linton fest, »aber sehen Sie sich mal die Hunde an!«
Das herrschende Mondlicht reichte vollkommen aus, um selbst im dichten Unterholz die Bluthunde in etwa beobachten zu können. Die lieben Vierbeiner hatten ihre Ohren aufrecht gestellt und waren zu Salz- und Steinsäulen erstarrt. Sie mußten eine Witterung aufgenommen haben, die hier im Unterholz irregulär war.
Dann aber, wie auf ein geheimes Kommando hin, spritzten sie gierig und lautlos auseinander.
Linton, der sie an der Koppel hatte, wurde völlig überrascht. Da er erst mal nicht losließ, wurde er etwa zehn Meter durch das dichte Unterholz geschleift. Dann mußte er allerdings loslassen, da sein Kopf in innige Berührung mit einem kräftigen Baumstamm geriet.
Linton verdrehte die Augen und blieb regungslos vor dem Baumstamm liegen.
Die Bluthunde hechelten und jaulten wie verrückt durcheinander, rissen sich von der Leitkoppel los und stürzten sich mit Vehemenz auf die Appetithäppchen, die Parker so freigiebig ins Unterholz geschossen hatte.
Beim Aufprall war das Papier geplatzt und hatte die Fleischbrocken freigegeben. Die Vierbeiner brauchten nur noch zuzulangen, was sie dann auch ausgiebig besorgten. Für jeden Hund war genug da, sie brauchten sich noch nicht mal zu streiten.
John Malone war aufgestanden und kümmerte sich um seinen Leibwächter Linton, der gerade aus einer leichten Benommenheit erwachte und sich sinnlos nach der im Moment herrschenden Uhrzeit erkundigte, eine Frage, die Malone verständlicherweise nicht beantwortete.
»Was ist mit den Hunden los?« herrschte er Linton an.
John Malone brauchte die Antwort nicht abzuwarten. Er selbst sah Sekunden später, was mit seiner Meute passiert war. Die Bluthunde, die die diversen Appetithappen inzwischen verdrückt hatten, torkelten wie betrunken zurück zu ihrem Herrn und Meister. Sie leckten sich die Lefzen Und schielten augenscheinlich. Sie stelzten auf nachgiebigen Läufen heran und knickten dabei immer wieder ein. Dann gähnten sie und kämpften mit einem Schlafbedürfnis, das man nur als riesengroß bezeichnen konnte.
Malone stierte seine Meute an. So hatte er die auf den Mann dressierten, sehr scharfen Tiere noch nie gesehen. Sie bewegten sich nicht nur im Zeitlupentempo, sondern kämpften auch gegen das Blei in ihren Lidern an. Dann entwickelten sie so etwas wie das Zärtlichkeitsbedürfnis von Kleinstkindern und kuschelten sich an ihn an.
Malone wollte die Tiere zurückdrängen, doch er kam gegen sie nicht an. Sie schnieften und fiepten, gähnten und maunzten. Sie rutschten und stiegen über ihn und betteten sich zur Ruhe. Malone verschwand unter den Leibern seiner Hundemeute und hatte den Vorzug, aus nächster Nähe die ersten ausgiebigen Schnarchtöne zu hören.
Malone brauchte etwa zweieinhalb Minuten, bis er unter seiner Hundemeute hervorgekrochen war. Dann kniete er und weinte still vor sich hin. Dieses Weinen mischte sich in das jetzt aufdringliche Massenschnarchen der Bluthunde, die kreuz und quer übereinander lagen.
*
»Was ist los?« erkundigte sich Rudy Shrimp ängstlich. Er war zusammen mit Ritchel herunter in die Küche gekommen, wo sich inzwischen Rander und Parker aufhielten.
»Schnarchtöne«, übersetzte Rander die seltsamen Laute, die bis in die Küche drangen, »Malones Hunde haben eine kleine Erholungspause eingelegt.«
Shrimp und Ritchel sahen sich irritiert an.
»Nähere Erklärungen, meine Herren, werde ich zu einem späteren Zeitpunkt gern nachliefern«, schaltete der Butler sich gemessen ein, »sollte man jetzt nicht daran denken, das Haus zu räumen?«
»Und Malone und Linton?« fragte Shrimp nervös.
»Werden mit einiger Sicherheit beschäftigt sein«, redete der Butler weiter, »vorsichtshalber werde ich aber eine Sicherheitswand aufbauen.«
»Ich – ich verstehe kein Wort«, gab Ritchel zurück.
Statt zu antworten, steckte Josuah Parker seine Gabelschleuder zusammen und verschickte mit ihr einige Spezial-Rauchgeschosse in Richtung Unterholz. Innerhalb weniger Sekunden wuchs eine dichte Nebelwand hoch, die die Sichtverhältnisse noch zusätzlich erschwerte. Die Nacht wurde jetzt total undurchsichtig. Der Mond hatte jede Chance verspielt, etwas Licht auf den Boden zu schicken.
Shrimp und Ritchel verabschiedeten sich von Mike Rander. Anschließend folgten sie Parker hinaus ins Freie und vertrauten sich ihm an. Der Butler war sehr daran interessiert, Ritchel im Sumpf verschwinden zu lassen.
Für Rudy Shrimp hingegen hatte er sich etwas Zusätzliches einfallen lassen. Er war der Ansicht, daß dieser kleine Tagdieb endlich seine Karten auf den Tisch legen mußte.
*
»Ein Kompliment den Hütern des Gesetzes«, sagte Josuah Parker, der am Steuer seines hochbeinigen Monstrums saß und es über den wieder intakten Knüppeldamm in Richtung Landstraße steuerte. »Sie haben das besorgt, was man gemeinhin eine saubere Arbeit zu nennen beliebt.«
»Andere Sorgen haben Sie wohl nicht, wie?« Rander lächelte. »Die Hüter des Gesetzes werden ausgesprochen sauer auf uns sein.«
»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit«, räumte der Butler ein, »und ein gewisser Mister John Malone wird sie darin nur noch bestärken.«
»Wir werden eine ganze Stadt gegen uns haben«, warnte Rander,