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Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Augen und erkannte, dass sie tot war. Ich verstehe es nicht. Ich kann es einfach nicht verstehen.«

      Er presste die Hände zusammen.

      »Hast du einen Arzt geholt?«, fragte Alexander leise.

      »Ja, wir haben einen bei uns im Ort. Er war kaum fünf Minuten später zur Stelle. Reni fuhr weg, während ich telefonierte. Deshalb war es mir auch nicht möglich, sie zurückzuhalten. Ich hoffte ja noch, dass der Arzt etwas tun könnte. Bis er eintraf, versuchte ich Mund-zu-Mund-Beatmung. Aber es war nichts zu machen.«

      »Wie ist so etwas möglich?«, fragte Denise mit Tränen in den Augen.

      Bodo hob die Schultern. »Die Todesursache wird noch festgestellt werden. Aber kommt es darauf jetzt noch an?«

      Was sollte man ihm antworten. Es war für Bodo fast noch schlimmer als für Reni. Denn der Vorwurf, dass er die Schuld am Tod des kleinen Mädchens trage, wog wie eine Zentnerlast auf seiner Seele.

      Alexander und Denise kannten das Erlebnis des Abschieds für immer. Sie hatten beide in erster Ehe einen Partner durch den Tod verloren. So wussten sie, was im Herzen des Freundes vorging. Trost gab es in einer solchen Stunde nicht, und Worte wären leer und sinnlos gewesen. Sie konnten nur hoffen, dass Bodo ihre Teilnahme und Freundschaft fühlte und daraus die Kraft schöpfte, das Furchtbare zu überstehen.

      Der Abend dämmerte. Sascha, dem Alexander ein paar erklärende Worte gesagt hatte, störte nicht, sondern ging auf einem Umweg ins Haus, um sich bei der Köchin etwas zu essen zu holen. Er kannte die Hellendorfs gut und empfand aufrichtiges Mitleid mit ihnen.

      Die Einladung, mit ihnen eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen, lehnte Bodo von Hellendorf ab. Gegen neun Uhr stand er auf. »Ich will zurück«, erklärte er in plötzlichem Entschluss. »Reni ist bei euch in guter Hut. Aber Gitti liegt ganz allein. Morgen früh werden sie sie holen. Ich will bei ihr sein in dieser Nacht.«

      »Soll ich dich begleiten?«, erbot sich Alexander.

      »Danke, ich möchte allein sein. Darf ich Reni noch sehen?«

      Denise führte ihn zum Gastzimmer. Leise öffnete sie die Tür. Reni rührte sich nicht. Ihr Gesicht war bleich, um ihre Augen lagen tiefe Schatten.

      »Wird sie jemals einsehen, dass ich keine Schuld habe?«, fragte der blonde Hüne ohne Hoffnung. »Soll ich sie und mein Kind verlieren?«

      »Reni liebt dich, Bodo. Es war nur der Schock. Verliere nicht den Mut.«

      »Ich habe keinen Mut mehr, Denise. Wir waren so glücklich …«

      Denise drückte ihm die Hand. Sie vermochte nicht mehr zu sprechen. Dann begleitete das Ehepaar von Schoen­ecker den Besucher zu seinem Wagen.

      »Wie grausam das Schicksal sein kann«, flüsterte Denise und lehnte sich an ihren Mann, als müsste sie Schutz bei ihm suchen.

      *

      Das Gutshaus von Hellendorf war unheimlich still. Bodo stieg die Treppe hinauf und betrat das helle, freundliche Zimmer mit den lustigen Gardinen und dem kleinen weißen Kinderbett, zu dessen Häupten jetzt Kerzen in Silberleuchtern brannten. Gitti lag in dem Bett, als schlafe sie nur.

      Bodo von Hellendorf stand lange im Zimmer und blickte auf sein totes Töchterchen nieder. Ein Luftzug ließ endlich die Kerzenflammen flackern. Bodo wandte sich um. Leise war die alte Emmi hereingekommen, die einst sein Kindermädchen gewesen war und jetzt die Zügel des großen Gutshaushaltes fest in ihren harten tüchtigen Arbeitshänden hielt.

      »Es ist Gottes Wille«, sagte sie mit weicher Stimme. »Lassen Sie dem Kind den Frieden, der ihm bestimmt ist. Wir müssen es ertragen lernen.«

      »Ich werde mich nie damit abfinden, Emmi«, stöhnte er auf. »Nie.«

      Die treue Haushälterin brachte es dennoch fertig, ihn aus dem Zimmer zu führen. Dann nahm sie selbst den Platz am Bett des Kindes ein und hielt Wache, während Bodo ruhelos in seinem Arbeitszimmer umherwanderte und sich grenzenlos verlassen fühlte. In wenigen Sekunden war sein Glück zerbrochen. Vergeblich wehrte er sich gegen diese Erkenntnis. Doch das Alleinsein quälte ihn bis zur Unerträglichkeit.

      Jetzt fiel ihm Asta ein, Asta Berner, mit der er einmal verlobt gewesen war. Astas Vater hatte dafür gesorgt, dass diese Verlobung rückgängig gemacht worden war, weil er sich als Schwiegersohn und Nachfolger für seine riesige Maschinenfabrik einen Ingenieur wünschte. Asta, heute siebenundzwanzig Jahre alt, war nicht stark genug gewesen, sich gegen ihren herrschsüchtigen Vater durchzusetzen. Sie hatte sich ins Ausland schicken lassen und auf ihre Liebe verzichtet. Ihr Vater aber hatte Bodo zu verstehen gegeben, dass sie sich anderweitig gebunden habe. Daher hatte sich der junge Gutsherr von Hellendorf der liebenswerten dunkeläugigen Reni zugewandt und sie geheiratet. Als Asta nach Deutschland zurückgekehrt war, hatte sie vor vollendeten Tatsachen gestanden.

      Dem alten Berner war es jedoch nicht gelungen, eine Ehe zwischen seiner Tochter und einem der leitenden Ingenieure seiner Fabrik zu erzwingen. Asta war durch das schmerzliche Erlebnis zur inneren Selbstständigkeit erwacht. Sie war allein geblieben, obwohl es ihr an Bewerbern nicht fehlte.

      Ein neuer Kontakt zu Bodo hatte sich bei einer zufälligen Begegnung ergeben.

      Seither bestand zwischen dem Ehepaar von Hellendorf und Asta Berner eine herzliche Freundschaft.

      Bodo wählte trotz der späten Stunde Astas Nummer. Er wusste, dass er immer auf Asta zählen konnte.

      »Hast du schon geschlafen?«, fragte er, als sie sich meldete.

      »Nein, Bodo. Was ist? Deine Stimme klingt ganz fremd.«

      »Gitti ist tot, Asta.«

      »Bodo – das ist unmöglich«, stieß Asta hervor. »Ich kann es nicht glauben.«

      In abgehackten Sätzen berichtete er ihr, was geschehen war.

      »Soll ich zu dir kommen?«, fragte sie leise.

      »Kann ich das von dir verlangen – jetzt – mitten in der Nacht?«, entgegnete er zögernd und wünschte doch, dass sie bei ihm wäre.

      »Ich fahre gleich los, Bodo. In einer Stunde bin ich bei dir.«

      Bodo wollte Einspruch erheben, doch sie hatte bereits den Hörer aufgelegt. Auf einmal war es gut und tröstlich für ihn, zu wissen, dass sie zu ihm unterwegs war.

      Die glühende Stirn gegen die kühle Scheibe gepresst, wartete er am Fenster und sah in die Dunkelheit hinaus, bis ihm die Augen brannten. Endlich tauchten die Scheinwerfer von Astas schwerem Wagen wie zwei Sonnen aus der Nacht auf. Bodo lief hinaus.

      Asta nahm seine Hand und drückte sie in warmer Freundschaft. In ihren großen graublauen Augen las er, dass sie mit ihm trauerte.

      Seite an Seite gingen die beiden ins Haus.

      »Wenn Reni doch nicht so ungerecht wäre«, brach es aus dem Mann hervor. »Gittis Tod ist schlimm genug für mich. Es war nicht meine Schuld. Glaubst du mir wenigstens, Asta?«

      »Schuld hast du sicher nicht, Bodo.« Asta bemühte sich, ihre Tränen zurückzuhalten. Ihr Herz schlug auch jetzt noch für Bodo. Dennoch wäre es ihr nie in den Sinn gekommen, die glückliche Ehe zwischen Reni und Bodo zu stören. Sie hatte sich mit dem Verzicht abgefunden. Deshalb versuchte sie jetzt sogar, eine Brücke zu schlagen, indem sie für Reni eintrat.

      »Warum kannst du mir glauben und Reni nicht?«, stöhnte Bodo.

      »Weil Reni die Mutter ist, Bodo. Der Schicksalsschlag war zu hart für sie. Du darfst ihr keinen Vorwurf machen. Sie wird erkennen, dass sich dieser schreckliche Verlust von euch beiden nur gemeinsam ertragen lässt. Lass ihr ein wenig Zeit.«

      Astas Nähe wirkte beruhigend auf Bodo. Sie holte Rotwein aus dem Schrank und nötigte Bodo ein paar Schlucke auf. Sie sprach mit ihm, wenn er reden wollte, und sie konnte schweigen, sobald er nichts mehr hören wollte. Sie schien weder Müdigkeit noch Erschöpfung zu kennen.

      Bis zum Morgen saß Asta bei dem Freund. Sie stand auch neben ihm vor dem Gutshaus,


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