Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
nicht im Stich lassen. Es ist zu viel auf ihn eingestürmt.«
Asta nickte ihr zu. Sie waren Verbündete, denn sie liebten ihn beide, doch jede auf ihre Weise und ohne ihn für sich zu begehren.
*
Manuela hatte sich in Sophienlust erstaunlich gut eingelebt. Zwischen den Kindern, die ihr freundlich entgegenkamen und sie mit der größten Selbstverständlichkeit in ihren Kreis aufnahmen, fühlte sie sich geborgen und glücklich. Ihre Begeisterung und besondere Liebe galt den Tieren. Sie streifte gern durch die Stallungen, fütterte die zutraulichen Ponys mit frischen Möhren und bestaunte die goldgelben Küken, die den Geflügelhof bevölkerten. Die flaumigen piepsenden Tierchen hatten es ihr besonders angetan. Wenn man Manuela suchte, brauchte man nur beim Hühnervolk Ausschau zu halten.
Pünktchen war stolz darauf, dass sie für Manuelas Anwesenheit in Sophienlust verantwortlich zeichnete. Manuela schenkte dem Mädchen mit den lustigen Sommersprossen dafür ihr ganzes Vertrauen und kam mit ihren kleinen Sorgen grundsätzlich zu Pünktchen.
So hätte Denise eigentlich recht zufrieden sein können, denn Manuela schien unter der Trennung von ihren Eltern kaum zu leiden. Dennoch machte sich die Herrin von Sophienlust sorgenvolle Gedanken. Denn bisher war von Manuelas Eltern keinerlei Nachricht eingetroffen. War das ein gutes oder ein schlechtes Omen? Erkundigungen in der Wohnung der Spanier blieben ohne Ergebnis. Maria Cortez hatte die Miete für das Zimmer für mehrere Monate im Voraus bezahlt. Aber niemand wusste, wie es Manuelas Vater ging. Man musste also das Schlimmste befürchten.
»Es ist, als gäbe es nur noch Leid und Unglück auf der Welt«, seufzte Denise mutlos.
»Das Kind ist glücklich, Isi«, tröstete Alexander seine Frau und küsste sie. »Was die Zukunft bringt, müssen wir in Ruhe abwarten.«
»Ja, Alexander. Manuela kann lachen, weil sie ahnungslos ist. Aber eines Tages wird sie nach ihren Eltern fragen. Und was soll mit Reni werden?«
Das Ehepaar wanderte Seite an Seite durch den Park von Sophienlust. Alexander wollte sich überzeugen, ob einige neu angepflanzte Sträucher gut angewachsen waren. Vom Herrenhaus hörte man Kinderstimmen und fröhliches Gelächter.
»Wir wollen abwarten, was der Nervenarzt morgen früh sagt«, meinte Alexander bedächtig. »Ich fürchte, Reni ist bei uns in Schoeneich nicht am rechten Ort.«
»Glaubst du, dass sie den Verstand verlieren könnte?« Denise erschauerte bei dieser Vorstellung.
»Das wollen wir nicht hoffen, Isi. Aber sie wird kaum in der Lage sein, am Begräbnis der kleinen Gitti teilzunehmen.«
»Wenn sie wenigstens glauben würde, dass Bodo keine Schuld trifft! Ich habe mit dem Arzt telefoniert und erfahren, dass das Kind an einer unheilbaren unentdeckten Herzkrankheit litt und an einem plötzlichen Herzversagen gestorben ist. Der Tod hätte ebenso gut in der Nacht eintreten können. Gitti war nicht zu retten. Aber Reni legt sich die Hände auf die Ohren, sobald man darauf zu sprechen kommt. Sie klagt Bodo an, leidenschaftlich, verzweifelt und ungerecht.«
»Ja, Isi. Im Augenblick haben wir keine Möglichkeit, etwas daran zu ändern. Vielleicht weiß Dr. Volkert einen Rat. Er soll sehr gut sein.«
Sie gelangten zu den neuen Sträuchern, und Alexander war mit deren Zustand recht zufrieden. »Hier gedeiht alles«, meinte er in dem Bestreben, Denise ein wenig aufzuheitern, »Blumen, Bäume und Sträucher, Tiere und natürlich die Kinder.«
»Das ist nicht unser Verdienst, Alexander. Wir verdanken es Sophie von Wellentin.«
»Du darfst nicht gar zu bescheiden sein, Isi. Sophie von Wellentin hatte die Idee zu diesem einzigartigen Vermächtnis. Doch du bist es gewesen, die die Idee verwirklicht hat.«
»Trotzdem frage ich mich oft, ob das, was man tut, genug ist, Alexander. Ich hätte mir zum Beispiel die Adresse von Manuelas Eltern notieren müssen. Spanien ist weit. Falls ihren Eltern etwas zugestoßen sein sollte, erfahren wir es möglicherweise nie. Aber es ging alles so schnell mit der Abreise der jungen Frau. Jetzt mache ich mir Vorwürfe wegen meiner Vergesslichkeit.«
»Man kann Erkundigungen einziehen, Isi. Aber ich meine, wir sollten noch eine Weile Geduld haben. Es sind schlichte Menschen, die nicht ans Briefeschreiben denken.«
»Auch bei Reni bin ich nicht sicher, ob wir das Richtige getan haben. Vielleicht hätte es einen Weg gegeben, sie sofort zu Bodo zurückzuführen. Wie soll das enden, wenn sie ihn nie mehr sehen will?«
»Du bist zu gewissenhaft, Isi. Eines Tages wird dir die Last, die du dir täglich freiwillig aufbürdest, zu schwer werden.«
Denise von Schoenecker sah ihren Mann an und schüttelte den Kopf. »Solange ich dich habe, wird meine Kraft immer ausreichen, Alexander.«
Arm in Arm kehrten die beiden zu ihrem Wagen zurück. Nick und Henrik warteten dort schon auf ihre Eltern, um mit ihnen nach Schoeneich zu fahren.
»Wenn Manuelas Eltern nicht wiederkommen, bleibt die Kleine in Sophienlust, nicht wahr, Mutti?«, fragte Nick, als alle im Auto saßen.
»Möglich, Nick. Ich weiß es nicht«, erwiderte Denise.
»Sie hat so schwarze Kulleraugen«, äußerte der blonde Henrik. »Mir gefällt sie. Tante Reni hat auch solche Augen.«
»Stimmt«, pflichtete Nick seinem kleinen Bruder bei. »Das war mir bisher noch gar nicht aufgefallen.«
»So erstaunlich ist das gar nicht«, meinte Alexander. »Die Mutter von Tante Reni war auch Spanierin, genau wie die der kleinen Manuela.«
»Sind sie dann verwandt?«, erkundigte sich Henrik gespannt.
»Nein, Henrik. Bei uns sind doch auch nicht alle Leute miteinander verwandt, die blondes Haar und blaue Augen haben.«
»Ach so.«
Der kleine Henrik hatte eine stille Liebe zu Reni von Hellendorf. Er schlich gelegentlich zu ihr ins Gästezimmer und führte kindliche Gespräche mit ihr. Da Reni seine Gegenwart duldete, erhob Denise keinerlei Einspruch, denn sie glaubte, dass Henriks unbefangene Art sich möglicherweise günstig auf Renis Zustand auswirken könne.
»Vielleicht würde Tante Reni Manuela gernhaben«, warf Nick nachdenklich ein. »Ein kleines bisschen schaut Manuela aus wie Gitti. Findet ihr nicht auch?«
»Mag sein, Nick«, erwiderte Denise rasch. »Es wäre aber auch möglich, dass Tante Reni noch trauriger werden würde, wenn sie das Kind sehen würde. Wir dürfen keine Experimente wagen. Tante Reni ist krank.«
»Ich glaube nicht, dass sie krank ist«, widersprach Henrik mit seiner hellen Stimme. »Sie ist nur ganz furchtbar traurig. Das kann man ja auch verstehen, da ihre kleine Gitti tot ist.«
Sie hatten Schoeneich erreicht. Der Tisch war gedeckt, und das Tablett für Reni, die ihr Zimmer kaum verließ, stand schon bereit.
»Du kannst Tante Reni das Essen hinauftragen, Henrik«, sagte Denise liebevoll zu ihrem Jüngsten. »Ich glaube, sie nimmt es von dir besonders gern entgegen. Sag auch dazu, dass sie wenigstens ein kleines bisschen essen soll.«
»Ich sag’s ihr, Mutti. Weißt du, ich nehme meinen Teller mit. Zu zweit schmeckt es bestimmt besser.«
Selbstbewusst und voller Eifer machte Henrik sich mit dem Tablett auf den Weg.
Eine halbe Stunde später kehrte er mit Siegermiene zurück. Reni hat alles verzehrt, was für sie zurechtgemacht worden war.
»Du bist ein Ass mit drei Sternen, Kleiner«, stellte Nick neidlos fest.
Denise umarmte Henrik und gab ihm einen Kuss. »Lieb von dir, Henrik.«
»Ich mag sie eben gern leiden, Mutti. Etwas Besonderes hab’ ich gar nicht gemacht. Nur ein bisschen geredet und dabei gesessen. Ich glaube, sie hat gar nicht gemerkt, dass sie auf einmal auch zu essen anfing.«
Später, als Henrik schon schlief, ging Denise zu Reni hinauf. Sie fand die junge Frau vollständig angekleidet am Fenster.
Emmi,