Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
Asta? Ich brauche dich. So, wie ich jetzt lebe, kann es nicht weitergehen.«
Asta wandte sich ab, damit er ihre Tränen nicht sehen konnte. Sie brauchte all ihre Kraft, um sich zu fassen. Endlich konnte sie den Freund wieder mit klarem Blick anschauen.
»Man muss sein Schicksal annehmen, Bodo. Du würdest es dir später nicht verzeihen, wenn du Reni heute im Stich ließest.«
»Kann ich denn noch irgendetwas für sie tun? Quälen wir uns nicht gegenseitig?«
»Geduld kommt von Dulden, Bodo. Es ist manchmal schwerer, still abzuwarten und nichts zu tun, als mit beiden Händen zuzugreifen, um Berge zu versetzen.«
Er ging mit langen unruhigen Schritten durchs Zimmer. »Ich bin nicht so weise wie du, Asta. Außerdem nehme ich dir das, was du sagst, nicht ab. Warum bist du denn immer wieder zu mir gekommen?«
»Diese Fragen kann ich beantworten, Bodo. Aus Freundschaft zu Reni und dir. Einen anderen Grund gibt es nicht.«
»Was würdest du tun, wenn wir geschieden wären?«, drängte er.
»Ich weigere mich, mir das vorzustellen, Bodo. Denn ich könnte dann nicht mehr hierherkommen.« Ihre Stimme bebte. Es fiel ihr schwer, ihre innere Erregung zu meistern. Doch sie fasste sich rasch und streckte ihm die Hand hin. »Es wird spät, Bodo. Ich möchte nach Hause.«
Er ergriff ihre Hand und legte seine Lippen darauf.
»Nicht, Bodo.«
Ein müdes Lächeln ließ seine Züge fast noch trauriger erscheinen. »Das kannst du mir nicht verbieten, Asta. Ich danke dir für alles, was du für mich tust.«
Er begleitete sie hinaus bis zu ihrem Wagen. »Telefonieren wir?«
»Ja, du kannst mich anrufen, Bodo. Leb wohl!«
»Gute Fahrt, Asta. Sei vorsichtig.«
Sie ließ den Motor an und hob ein letztes Mal abschiednehmend die Hand. Er blieb regungslos in der Dunkelheit stehen, auch dann noch, als ihr Wagen schon längst nicht mehr zu sehen war.
*
Dr. Ulrich Volkert war überrascht, als Asta Berner sein Sprechzimmer betrat. Sie hatte mit einigen Patienten im Wartezimmer gewartet.
»Ich hoffe, Sie sind nicht krank, Frau Berner«, begrüßte er sie, indem er von seinem Stuhl aufstand und ihr beide Hände herzlich entgegenstreckte. »Das täte mir aufrichtig leid.«
»Ich bin nicht als Patientin hier, lieber Doktor«, erwiderte Asta leise.
Er bot ihr den Sessel hinter dem Schreibtisch an und nahm selbst wieder Platz. »Geht es um Frau von Hellendorf?«, fragte er.
»Ja, Doktor. Ich befinde mich in einem Zwiespalt und bitte um Ihren Rat. Es ist erschreckend, wenn man sich bemüht, etwas Gutes zu tun, und wenn am Ende dabei das Gegenteil herauskommt. Ich fürchte, dass ich in bester Absicht einen argen Fehler begangen habe.«
Dr. Volkert hob ein wenig die Hand. »Nun, gar so schlimm ist es sicherlich nicht. Ein Mensch mit Ihrer Lebensauffassung ist gar nicht fähig, das Gegenteil vom Guten – also etwas Böses – zu bewirken.«
»Sie haben eine allzu hohe Meinung von mir«, widersprach Asta verwirrt. »Wie Sie wissen, besteht zwischen den Hellendorfs und mir eine Freundschaft. Als Freundin fühlte ich die Pflicht, mich um Bodo von Hellendorf zu kümmern. Schließlich befindet er sich in einer äußerst tragischen Situation.«
»Das ist richtig. Sicherlich ist ihm Ihre Freundschaft eine echte Hilfe, Frau Berner. Wir sprachen schon darüber, als ich bei Ihnen war.«
Asta spielte mit nervösen Fingern am Schloss ihrer Handtasche. »Inzwischen ist insofern eine Änderung eingetreten, als ich nochmals bei Reni von Hellendorf war. Ich wollte versuchen, sie endlich nach Hellendorf zurückzuholen, und glaubte ganz zuversichtlich, dass mir das gelingen würde.«
Ulrich Volkert machte eine rasche Bewegung, die verriet, dass er hiervon nichts gewusst hatte. »Davon hat mir Frau von Hellendorf nichts erzählt«, äußerte er verwundert. »Auch als Arzt irrt man sich. Ich glaubte bisher, dass sie mir gegenüber stets ganz offen sei.«
»Mag sein, dass sie unser Gespräch so rasch wie möglich aus ihrer Erinnerung verdrängen wollte. Mich hat die Begegnung mit meiner Freundin tief erschüttert. Wer sie nicht näher kennt, könnte glauben, sie wäre gesund. In Wirklichkeit aber besteht bei ihr eine entsetzliche Störung des Gemüts. Oder irre ich mich darin?«
»Sie haben recht, Frau Berner. Ich muss sogar hinzufügen, dass bisher keinerlei Fortschritt zu verzeichnen ist.«
»Sie klammert sich jetzt an das kleine Mädchen, dessen Eltern möglicherweise verschollen sind. Mir erscheint es erschreckend und unheimlich, dass sie das Kind mit dem Vornamen ihrer eigenen Tochter anredet. Zufällig hörte ich es, obwohl sie sehr leise sprach.«
»Ich wünschte, Frau von Hellendorf hätte die kleine Manuela nie kennen gelernt. Jetzt darf man sie natürlich nicht gewaltsam von dem Kind trennen. Das könnte zu einer Katastrophe führen. Reni von Hellendorf ist sehr krank. Leider muss ich das sagen. Ein unerwartetes Ereignis könnte ganz plötzlich eine Krise bei ihr auslösen und sie zu Kurzschlusshandlungen verleiten. Man kann so etwas weder voraussehen noch verhindern. An und für sich ist die Atmosphäre von Sophienlust der einer Nervenklinik in jedem Fall vorzuziehen. Es ist außerordentlich großzügig von Frau von Schoenecker, dass sie diese Last und Verantwortung auf sich nimmt. Aber wir können nur hoffen und wünschen, dass sich so viel Hilfsbereitschaft und guter Wille am Ende zum Segen für unsere Patientin auswirkt.«
Astas Gesicht verschattete sich kummervoll. »Bis jetzt sieht es nicht so aus, Doktor. Mein Besuch war ein völliger Misserfolg. Reni verlangte von mir, dass ich ihren Mann veranlassen solle, die Scheidung zu erwirken.«
»Das war zu befürchten. Ich schneide dieses Thema absichtlich nicht an zurzeit. Man macht damit nichts besser. Hat es sie sehr erregt?«
»Ja, sie wurde richtig zornig. Sie wiederholte auch, dass ich ihren Mann heiraten solle.« Asta verfärbte sich bei diesen Worten. Auf ihren Wangen zeichneten sich tiefrote Flecken ab.
»Sie will auf diese Weise das Tor zur Vergangenheit endgültig zuschlagen. Was haben Sie geantwortet?«
»Nichts anderes als bei unserem ersten Gespräch über diese absurde Idee von ihr. Es hat sich auch nichts an meiner Einstellung geändert.«
»Sie sind zu bewundern, Frau Berner. Nicht jede Frau würde sich in dieser Lage so verhalten.«
Asta hob die Schultern. »Das weiß ich nicht, Doktor. Für mich bedeutet es nur eine Selbstverständlichkeit. Grund zur Bewunderung ist durchaus nicht vorhanden. Ich halte eine Ehe nicht für den einzigen Weg ins Glück. Freundschaft und Liebe sind zweierlei. Aber ich glaube nach wie vor an die Liebe zwischen Bodo und Reni von Hellendorf.«
»Denken Sie niemals an sich selbst, Frau Berner?«, warf der Arzt leise ein.
»Vielleicht doch«, entgegnete sie bedächtig. »Ich habe den Wunsch, die Achtung vor mir selbst nicht zu verlieren. Gar so selbstlos, wie Sie meinen, bin ich nicht.«
»Jedenfalls danke ich Ihnen, dass Sie mir dies alles erzählt haben, Frau Berner. Es bestätigt meine eigenen Beobachtungen und meine Diagnose.«
»Trotzdem ist es nicht der eigentliche Grund meines Besuches, lieber Doktor. Ich kam wegen Bodo von Hellendorf.«
»Sie machen sich Sorge um ihn? Halten seine Nerven der Belastung nicht mehr stand? Denkbar wäre das durchaus.«
»Er ist sehr herunter, kann nachts nicht schlafen und glaubt, dass er den augenblicklichen Zustand nicht mehr ertragen könne. Gestern Abend erschreckte er mich mit dem Plan, dem Drängen seiner Frau nachzugeben und die Scheidung zu verwirklichen. Außerdem deutete er unmissverständlich an, dass er dann nicht allein bleiben, sondern mich heiraten möchte. Ich schwöre Ihnen, dass das nicht meine Absicht war. Trotzdem ist das ständige Zusammensein mit mir für meinen Freund zur Gefahr geworden. Was soll ich jetzt tun? Kann ich es mit meinem