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Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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sie sah ein Segelboot auf den Wellen tanzen.

      An der Reling stand eine wunderschöne Frau. Ihr blondes Haar wehte im Wind. Sie hatte das Gesicht abgewandt und die Hand ausgestreckt. Die Hand deutete zum Himmel empor. Ein dunkler Schatten war neben ihr. Es war ein Mann. Eine hohe Welle erfasste das Boot und verschluckte es.

      Doch plötzlich war es wieder da und trieb dem Strand entgegen, dem Bootsteg, auf dem Dodo so oft gesessen hatte. Das Boot kam näher, und hell und klar zeichneten sich nun zwei Menschen ab. Ganz deutlich waren sie zu sehen. Der Mann sah aus wie Onkel Harald, und er hatte den Arm um die Frau gelegt, die ihr Haar zurück­strich und ihn ansah.

      »Julia«, sagte er, »komm, Dodo wartet auf uns.«

      Dodo wusste nicht, dass es ein Traum war. Sie erlebte es, und als sie am nächsten Morgen erwachte, war ihr alles noch so gegenwärtig, dass sie sich nicht zurechtfand. Erst als Pünktchen in ihr Zimmer kam, weil man schon vergeblich auf sie wartete, wusste sie, dass sie in Sophienlust war.

      *

      Während die anderen Kinder in der Schule waren, saß Dodo mit den jüngeren im Pavillon. Der Morgen war noch nebligtrüb und feucht, denn der Herbst kam nun mit Macht.

      Neben Dodo saß ein kleiner dunkelhaariger Junge. Sein Name war Florian. Er malte fleißig, während Dodo noch immer versonnen zum Fenster hinausblickte.

      »Warum malst du nicht, Dodo?«, fragte er.

      »Was soll ich malen?«, fragte sie geistesabwesend.

      »Ein Bild. Irgendein Bild. Wir können malen, was wir wollen.«

      »Ich will nicht malen. Ich will schreiben.«

      »Du kannst ja noch gar nicht schreiben«, sagte Florian.

      »Ich kann wohl schreiben«, sagte Dodo laut.

      »Sie bildet sich ein, dass sie schon schreiben kann«, schrie Florian.

      »Ich bilde es mir nicht ein. Ich kann schreiben«, beharrte Dodo. »Und ich werde auch schreiben.«

      »Schreib nur«, sagte Wolfgang Rennert, der die Aufsicht führte. Aber Dodo hatte niemand, der ihr die Buchstaben ansagen konnte. Sie grübelte nach, wie man wohl Julia schreiben mochte.

      »Ätsch, kannst doch nicht schreiben«, sagte Florian.

      Dodo warf ihm einen vernichtenden Blick zu, und dann schrieb sie groß und deutlich die Namen, die sie oft geübt hatte. ›Harald, Mintje, Hinnerk, Krischan.‹

      Florian war verstummt, und Wolfgang Rennert stand hinter ihr und staunte. Aber Dodos Gedanken waren schon längst wieder weitergewandert zu Julia, der sie doch so gern einen Brief schreiben wollte. Und dann fiel ihr ein, dass niemand sie gelehrt hatte, Mutti zu schreiben. Mutti hat Frauke geheißen, dachte sie, warum hieß sie denn nun Julia? Auch wenn sie das Gedächtnis verloren hatte wie Hinnerk, der hatte seinen Namen doch noch gewusst.

      »Kann man auch seinen Namen vergessen, Herr Rennert?«, fragte Dodo gedankenvoll.

      »Das soll schon manchmal passiert sein«, erwiderte er lächelnd, denn er wusste nicht, worum es Dodo ging.

      Nun begann sie zu malen. Sie blickte nicht auf. Ein Bild entstand unter ihren Fingern, das Wolfgang Rennert den Atem stocken ließ. Florian, der vorlaute kleine Bursche, konnte seinen Mund nicht halten.

      »Du malst ganz anders als wir, Dodo«, stellte er fest.

      »Ich denke auch anders als ihr«, erwiderte sie schlagfertig, und in diesem Augenblick kam Denise herein.

      Dodo war ein klein wenig erschrocken, als sie ihr unvermittelt die Hand auf die Schulter legte.

      Denise betrachtete gedankenvoll das Bild. Sie wusste, was es aussagen sollte, obgleich es wenig von kindlicher Naivität hatte. Alles zerfloß ineinander. Wasser, Himmel, Boot und Menschen.

      »Weißt du, was es bedeuten soll?«, fragte Dodo.

      »Ja, ich weiß es. Es ist wie ein Traum.«

      Dodos Augen strahlten sie an. Sie nickte zustimmend und fragte dann: »Blonde Farben gibt es wohl nicht, Tante Isi?«

      Auch jetzt wusste Denise sofort, was sie meinte. Ihr schwebte das Haar ihrer Mutter vor, oder sicher mehr noch Julia Pahlens Haar, denn Denise war überzeugt, dass Dodos Erinnerung an die Mutter genauso verschwommen war wie dieses Bild.

      Florian kicherte. Dodo sah ihn mit einem nachsichtigen Lächeln an. »Ich weiß ja, dass du mich nicht verstehst«, sagte sie. »Aber Tante Isi versteht mich.«

      »Sie hat großes Talent«, sagte Wolfgang Rennert später zu Denise. »Eine erstaunliche Ausdruckskraft.«

      »Sie hat mehrere Talente«, sagte Denise. »Sie ist ein ungewöhnliches Kind. Sie lebt in einer Traumwelt.« Aus der sie hoffentlich nicht einmal abrupt herausgerissen wird, dachte sie.

      Es war nicht so, dass Dodo ein Einzelgänger war. Sie hatte nur ihre besondere Art, mit den Kindern zu reden, und ihre eigene Art, sich an den Spielen zu beteiligen. Die andern begriffen, dass man sie nicht so necken konnte, wie es manchmal üblich war. Sie war nicht beleidigt, sie zog sich nur zurück. Sie zeichnete auch niemand aus, selbst Pünktchen nicht, und auch nicht Nick.

      Es geschah auch, dass sie mitten unter dem Spiel Hannibal rief und dann mit ihm wegging. Meistens folgte ihr Henrik, und sie duldete es auch, dass er bei ihr blieb.

      »Wir sprechen aber nicht über den Sommer«, sagte sie jedesmal. Und langsam begriff auch Henrik, dass sie nicht an ihr Großväterchen erinnert werden wollte, denn es war seltsam: je mehr die damalige Zeit ihr fernrückte, desto intensiver dachte sie an ihn.

      *

      Dr. Hagedorn hatte sich große Mühe gegeben, seinen Kollegen Dr. Gottschalk würdig zu vertreten, aber während der ersten drei Tage hatte er wenig zu tun. Plötzlich schienen selbst die Kinder, die zu der Zeit geboren werden sollten, wenig Neigung zu haben, ins Leben zu drängen.

      Mintje machte sich ihre eigenen Gedanken darüber. Klaus Hagedorn war ein netter Mensch, aber er war eben nicht der Doktor. Es musste schon etwas ganz Verflixtes passieren, wenn diese Menschen hier ihn akzeptieren würden.

      Er hatte bisher nur drei Patienten gehabt, und jeder von ihnen musste unbedingt ärtzlich versorgt werden, sonst wären wohl auch sie ausgeblieben.

      An diesem Tag aber klingelte zum ersten Mal das Telefon. Frau Harvestede lag in den Wehen. Dr. Hagedorn musste über Land. Dreißig Kilometer weit musste er fahren, um ihr ärztlichen Beistand zu leisten.

      »Halten Sie mir die Daumen, Mintje, dass alles gutgeht«, sagte er aufgeregt, als er seinen Koffer zum Wagen trug.

      »Nur Mut«, munterte sie ihn auf, »es ist nicht das erste Kind. Sie sind auch eine ganz lustige Familie. Wenn es ein Junge wird, haben Sie einen Stein im Brett.«

      »Leider kann ich das jetzt nicht mehr beeinflussen«, sagte er seufzend. Und gerade da näherte sich ein Wagen. Es war ein Modell, das gar nicht hierher passte. Ein knallroter Sportwagen mit sehr viel Chrom, das in der Sonne blinkte.

      Er hielt neben seinem Volkswagen, und eine sehr schicke Dame entstieg ihm.

      »Wohnt hier Dr. Gottschalk?«, fragte sie mit einer hohen, kühlen Stimme.

      »Ja, er wohnt hier, aber er ist nicht da«, erwiderte Mintje. »Dr. Hagedorn ist sein Vertreter. Das ist er.«

      »Ich möchte Dr. Gottschalk sprechen«, sagte die Fremde. »Wenn er nicht da ist, warte ich.«

      »Da können Sie lange warten«, sagte Mintje bissig. »Er ist verreist.«

      »Und wann kommt er zurück?«

      »Weiß ich nicht«, sagte Mintje.

      Dr. Hagedorn war höflicher. Er hatte eine schöne, elegante Frau vor sich, die ihre Aufmerksamkeit ihm zuwandte und Mintje geflissentlich übersah.

      »Dr. Gottschalk wird Ende der Woche zurück sein«, erklärte er höflich.

      »Frau


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