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Mami Staffel 11 – Familienroman. Edna MeareЧитать онлайн книгу.

Mami Staffel 11 – Familienroman - Edna Meare


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nicht mehr als ’ne halbe Stunde Ruhe, Claudia. Du bist schon wieder ganz fit, mach mir nichts vor. Und aufräumen mußt auch noch, bevor deine Freundin Astrid kommt.«

      »Die ist nicht so penibel«, widersprach Claudia.

      »Klar. Die ist ja auch nicht deine Mutter. Der kann’s ja wurscht sein, wie du in deinem Zimmer haust und wie du durch Leben kommst.«

      In Claudias Augen entstand ein harter Ausdruck. Joschi wurde sofort klar, daß er schon wieder etwas Falsches gesagt hatte.

      »Tschuldigung, hab’s nicht so gemeint, Claudia.«

      Er war froh, daß die nette Münchner Ärztin so oft zu Besuch kam. Wenn Claudia diesen Stunden entgegenfieberte, war sie nicht ganz so zickig wie sonst.

      Nach einer Weile, nachdem sie sich wieder entspannt hatte, redete er einfühlsam weiter.

      »Aber du wirst doch mit ihr über die Sache mit deiner Schule sprechen, wie? Ich weiß doch, wie dich das bedrückt.«

      Sie seufzte vor Wut. »Die Lehrer sind gemein, nicht, Joschi?«

      »Na ja, das war doch vorauszusehen, daß sie dich ein Schuljahr nachholen lassen. Hier im Unterricht bist du ja die beste. Aber das bedeutet nicht viel, weil du ’ne Menge nachzuholen hast.«

      »Ich will aber nicht in ’ne andere Klasse, wenn ich wieder ganz gesund bin. Ich kenne da doch keinen der Schüler.«

      »Hier hast du auch schnell Freunde gefunden. Das wird schon, Claudia.«

      »Glaub’ ich aber nicht.« Sie drehte sich und tat so, als wollte sie schlafen. Grinsend, weil er das schon kannte, verließ Joschi das Zimmer.

      Ohne es wirklich zu wollen, war Claudia tatsächlich eingeschlummert. Die Wassergymnastik kostete sie immer noch viel Kraft. Und selbst, wenn sie es nicht wahrhaben wollte, versank sie auch gern in diesem Dunkel, das jeden ihrer traurigen Gedanken auffing und zunichte machte.

      Das dunkle Geheimnis, das sie mit sich herumtrug, war ja nicht leichter geworden. Und wenn dann so eine Nachricht von der Schule kam und sie daran erinnerte, wie brutal sich ihr Leben verändert hatte, flüchtete sie sich noch lieber ins Traumland.

      »Claudia! Hallo, Claudia!« weckte sie eine zärtliche, ihr so ans Herz gewachsene Stimme.

      Sie wußte sofort, wer zu ihr getreten war und hob schlaftrunken lächelnd die Arme, um sich liebevoll von Astrid umfangen zu lassen.

      »He, Claudia, mein Kleines«, schmunzelte Astrid, »was ist los? Hast du hier ’ne Party gefeiert? Sieht ja ganz so aus. Wo soll ich meine Mitbringsel überhaupt noch hinlegen?«

      »Ist mir wurscht!« nuschelte Claudia und verbarg ihr Gesicht an dem wolligen Stoff von Astrids Winterjacke.

      »Dir geht es doch nicht schlecht? Die Kollegen hier haben mir gerade eben versichert, daß du enorme Fortschritte machst!« Dabei erlebte die Ärztin es nicht zum ersten Mal, daß Claudia unvermittelt in Weltuntergangsstimmung verfiel.

      Sie fürchtete dann immer, hier in der großen Reha-Klinik genüge der Beistand der Ärzte und Lehrer nicht, um der Elfjährigen bei der Bewältigung ihres Schicksals zu helfen. Deshalb wiegte sie Claudia liebevoll in ihren Armen.

      »Ich kann mir denken, was in dem Brief von deiner Schule stand, Claudia. Silkes Mutter hat schon gleich nach Weihnachten auf dem Elternabend davon erfahren und mich angerufen. Aber das ist doch kein Unglück. Silke wird immer deine beste Freundin bleiben. Das weiß ich. Und mit deinen neuen Klassenkameraden wirst du dich bestimmt bald gut verstehen.«

      »Werde ich nicht!« stieß Claudia bockig aus. »Ich geh’ nicht wieder in meine alte Münchner Schule. Die werden schon sehen, was sie davon haben. Ich bleib hier. Ja, ich bleib einfach hier.«

      »Aber das kannst du doch deinem Vater nicht antun, mein Engel. Er freut sich schon so darauf dich wieder bei sich zu haben.«

      Claudia nagte an der Unterlippe. »Das stimmt nicht! Woher willst du das denn wissen? Der hat mich doch gar nicht lieb. Er war erst dreimal hier, mehr nicht.«

      »Er ist viel auf Reisen, Claudia.«

      »So oft war er früher aber nicht unterwegs.«

      »Das mag so sein. Aber jetzt stürzt er sich in die Arbeit. Sie hilft ihm, mit der privaten Einsamkeit fertig zu werden. Er hat deine Mutter über alles geliebt.«

      Claudias Blick verdunkelte sich. Astrid nahm sie schnell wieder in die Arme und fügte liebevoll hinzu: »Auch dir fehlt deine Mutter, ich weiß. Das weiß dein Vater auch. Darum wird er sein Leben ändern, wenn du erst wieder bei ihm bist.«

      »Woher weißt du das? Warst du wieder mit ihm aus? Toll, Astrid. War’s schön?«

      Astrid Hoffmann lächelte nur schwach. Dabei hätte sie am liebsten laut gejubelt. Selbst, wenn Fabian ihr seit Monaten aus dem Weg ging, seine Tochter hätte die beiden gern zusammen gesehen. War es nicht wunderbar? Auch wenn es ihre zerbrochenen Träume gar nicht mehr berührte?

      »Nein, wir sehen uns nicht mehr«, sagte sie beherrscht. »Ich weiß auch so, ihr werdet einander eine große Hilfe sein. Du erinnerst ihn an Annalena. In dir sieht er ein Ebenbild der geliebten Frau. Deshalb wirst du ihm eine Stütze sein, so wie deine Mutter es war.«

      Claudias Mund verkniff sich. »Das glaubst du doch selbst nicht!« stieß sie voller Wut aus.

      Der zornige Ton ließ Astrid zusammenzucken. Was hatte er zu bedeuten? Noch nie hatte Claudia sich so erregt, wenn es um ihre Eltern ging.

      »Doch, ich weiß es«, behauptete sie, ohne zu ahnen, wie sehr sie irrte. »Er sagt es mir selbst. Deine Mama war ihm alles – Liebe, Vertrauen, Zuversicht. Und weil es nie eine Frau geben wird, die ihren Platz einnehmen kann, bist du jetzt der einzige Mensch, dem er seine Zuneigung ohne Vorbehalte schenken kann. Darum braucht er dich.«

      Claudia machte sich steif. »Du meinst, er braucht mich? Niemals! Da hinten«, sie deutete auf die Unordnung, »liegen zwei Zeitschriften. In einer ist ein neues Foto von meinem Vater. Er hat in jedem Arm eine andere Frau. Schau’s dir doch an!«

      Astrid kämpfte mit sich. Warum sollte sie sich das antun und ihn zwischen tollen Frauen glücklich sehen? Aber dann siegte ihre Neugier. Sie schlug die Zeitung auf und blickte auf einen strahlenden Fabian. Nun ja, in den letzten Monaten schienen seine Haare ein wenig grauer geworden und daß sich einige Falten auf der Stirn und in den Augenwinkeln schärfer abzeichneten, war auch nicht zu übersehen. Aber er zeigte sich in bester Stimmung, so Arm in Arm mit den beiden Schönen. Wie weh das tat!

      »Bella Crusius, seit kurzem erster Mezzosopran an der Londoner Oper, und Laura Steecken, eine Schauspielerin aus Amsterdam gehörten zu den prominentesten Fans, die Fabian Ossiander nach seinem Wohltätigkeitskonzert in Tokio begrüßten«, las sie die Zeilen unter dem Foto. »Kennst du eine von ihnen, Claudia?«

      »Quatsch. Wozu? Solche Tussis sind doch immer um ihn rum.«

      »Und? Hat es deiner Mutter nichts ausgemacht, wenn dein Vater sich mit ihnen fotografieren ließ?«

      Claudias Blick irrte durch den Raum. Was sollte sie antworten? Nein, ihrer Mama habe es nichts ausgemacht, weil sie längst einen anderen liebte? Das konnte sie doch nicht sagen. War es nicht Verrat an ihrer Mutter, obwohl es der Wahrheit entsprach? Es war schon bitter genug, daß auch Wolfgang Bosch ihre Mutter verriet. Wenn er zu seiner Liebe stehen könnte, mußte er sich doch auch an sie, die Tochter der geliebten Frau erinnern und sie wenigstens mal besuchen.

      Claudia wünschte es sich so, mit einem Menschen über die letzten gemeinsamen Minuten mit ihrer Mutter sprechen zu können!

      Aber mit sich und ihren Grübeleien allein gelassen, drängte sich ihr doch immer häufiger der quälende Verdacht auf, ihre geliebte Mama sei auf der Fahrt in ein falsches Glück in den Tod gerast. Sie stöhnte kaum merklich auf. Astrid hatte es trotzdem bemerkt, deutete es aber falsch. Sie strich ihr übers Haar.

      »Deine Mutter war sehr klug. Sie wußte eben, wie sehr dein Vater sie liebte. Und dieses Wissen ließ keine


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