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Mami Staffel 11 – Familienroman. Edna MeareЧитать онлайн книгу.

Mami Staffel 11 – Familienroman - Edna Meare


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Vater…«

      »Ich hab’ aber auf dich gewartet«, seufzte sie vorwurfsvoll. Aber in ihren Augen stand ein Lächeln, weil sie sah, wie gut ihm das vertraute Du gefiel. »Jetzt geht es mir ja auch wieder gut.«

      »Das sieht aber nicht so aus«, zweifelte er.

      Claudia lachte. Mit einer spontanen Bewegung hängte sie ihm den Griff des Stocks an den Arm.

      »Siehst du! Ich brauche ihn nur, wenn ich schlapp werde.«

      Wolfgang rührten ihre Worte. Er deutete auf den Strauß.

      »Magst du ihn halten? Ich hole eine Vase von da hinten.«

      Mit den Rosen im Arm wartete sie, bis er zurückkam. Was sie ihrer Mama anvertrauen wollte, war plötzlich vergessen. Wenn Wolfgang ihr Rosen ans Grab brachte, war doch alles gut. Zeigte er damit nicht, wie sehr er sie immer noch liebte? Und gehörte seine Liebe nicht zu dem Geheimnis, das sie tief in ihrem Herzen bewahren mußte?

      Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Zu oft war sie in Gedanken bei diesem Mann gewesen und hatte sich gefragt, ob er wohl auch so unter dem Schmerz litt wie sie. Jetzt wußte sie es. Und ein Gefühl stiller Zusammengehörigkeit bemächtigte sich ihrer.

      Aber trotz ihres schweren Schicksals war sie doch noch ein Kind und neigte dazu, die Welt in Gut und Böse einzuteilen. Natürlich war Wolfgang schuld an allem, aber trug er nicht schwerer an seiner Strafe als sie? Sie hatte ihren Vater und eine Freundin wie Astrid. Er aber war allein zurückgeblieben und würde bestimmt nie wieder eine Frau wie ihre Mama finden.

      Voller Mitgefühl sah sie zu, wie er die Rosen in die Vase ordnete und sie aufs Grab stellte. Dann stand er neben ihr und legte den Arm um sie.

      »Ich habe deine Mama über alles geliebt, Claudia. Das weißt du doch?«

      Sie nickte. »Sie hat dich auch liebgehabt, Wolfgang«, flüsterte sie. »Sie hat es mir gesagt, als wir im Auto saßen und sie zu dir wollte.«

      »Sie… sie hat es dir gesagt?«

      »Ja.«

      Er sah sie entsetzt an. »Du hast gewußt, daß sie mit dir zu mir an den Gardasee kommen wollte?«

      Claudia schluckte. Tränen stiegen in ihr auf. »Ja, hab’ ich. Aber ich wollte es nicht. Wir haben furchtbar gestritten. Und dann passierte der Unfall…« Sie wischte sich übers Gesicht.

      »Du hast doch hoffentlich keinem davon erzählt?«

      Claudias Stimme versagte fast. »Nein, keinem.«

      »Wirklich nicht? Auch nicht deinem Vater?«

      Claudia schüttelte den Kopf. Sie fühlte seine warme Hand auf ihrer. Wolfgang Bosch drückte mit einem zarten Streicheln seine Dankbarkeit und Erleichterung aus. Er sah die Tränen auf ihrem Gesicht und zog sie an sich.

      »Es tut mir alles so leid, Claudia. Ist es dir schwergefallen, über deine Mama und mich zu schweigen?«

      »Ja, furchtbar«, schluchzte sie und lehnte sich gegen ihn. Da nahm er ihren Kopf zwischen seine Hände und sah ihr in die Augen.

      »Du bist ein wunderschönes, kluges Mädchen, Claudia. Deine Mama wäre stolz auf dich… so wie ich.« Sein Blick tastete über ihr Gesicht. »Wir wollen das Geheimnis bewahren, nicht wahr? Über unsere Lippen kommt kein Wort über das, was dich und mich jetzt so eng verbindet. Versprichst du es?«

      Sie sah ihn an. Wozu noch etwas versprechen, was sie seit Monaten eisern hielt?

      »Für deinen Vater und dich ist es besser so, glaube mir. Ich werde deine Mama nie vergessen. Aber nur wenn dein Vater nie davon erfährt, wird er dich so von Herzen liebhaben, wie du es jetzt brauchst. Darum mußt du schweigen, Claudia.«

      Sie wich seinem Blick aus. Alles, was er sagte und von ihr verlangte, war vernünftig. Das begriff sie. Es würde ihr von nun an leichterfallen, das Geheimnis zu bewahren, denn ihre Mutter hatte sich nicht in Wolfgang geirrt. Warum sollte sie sich in diesem netten, einfühlsamen Mann täuschen?

      Ihre Brust hob und senkte sich, als werfe sie eine schwere Last ab.

      »Dein Vater ist doch für dich da?« erkundigte Wolfgang Bosch sich. Es klang besorgt und liebevoll.

      »Ja, er versucht’s.«

      »Dein Vater ist ein großartiger Mensch.«

      Sie nickte. Wolfgang schien erleichtert. Dann fragte er plötzlich: »Hast du Zeit?«

      »Zeit? Wozu?«

      »Ich möchte dich zu einer Tasse Kakao oder einer Limo in ein Café einladen. Dort sind wir ungestört. Weißt du, wie oft ich mich danach sehne, mit einem vertrauten Menschen über deine Mutter zu sprechen… In dir lebt sie weiter, Claudia. Du und ich, wir waren die Menschen, die sie am meisten liebte. Wollen wir nicht Freunde sein?«

      Sie nickte wieder. Nur zu gern wollte sie in ihm einen Freund sehen, der ihr half, das Geheimnis zu bewahren. War eine geteilte Last nicht viel leichter zu tragen?

      Wolfgang Bosch zog sein Jackett aus und legte es ihr um.

      »Nicht, daß dir kalt wird, Claudia. Es wird jetzt schon schnell kühl. Deine Mama würde es mir nicht verzeihen, wenn du dir einen Schnupfen holst.«

      »Das stimmt.«

      Seine Worte machten sie glücklich. Solche Gesten voller Zärtlichkeit gelangen ihrem Vater in letzter Zeit auch, aber leider noch viel zu selten. Darum lächelte sie dankbar, als Wolfgang schützend den Arm um sie legte und sie gemeinsam den kleinen verwunschenen Friedhof verließen.

      *

      Seit diesem Tag ging eine Veränderung mit Claudia vor sich. Die Menschen um sie herum überraschte das kaum. Wenn sie jetzt so fröhlich war wie früher, hielten es alle für ein Zeichen ihrer vollständigen Genesung. Nur Fabian Ossiander kam kaum aus dem Staunen heraus.

      Seine Tochter brachte ihn neuerdings oft zum Lachen. Sowie sich eine Gelegenheit fand, hängte sie sich bei ihm ein oder ließ ihn abends erst ins Haus, nachderm er sie mit einer liebevollen Umarmung begrüßt hatte. Er erinnerte sich nicht, daß ihm das früher passiert war. Claudia hatte sich immer enger an Annalena angeschlossen als an ihn.

      Manchmal bettelte sie jetzt so lange, bis er mit ihr ins Kino und danach zum Essen bei einem Chinesen einkehrte. Dort gab er sich sogar mit einer Frühlingsrolle im Papier zufrieden und aß die auf der Straße. Dann konnte es geschehen, daß Claudia ihm mitten im Menschengewühl um den Hals fiel und ihn abküßte. Es hatte ihn erst verlegen gemacht, aber inzwischen fand er richtig Gefallen daran. Ein wenig Liebe, so meinte er, brauchte er ja schließlich.

      Als die Pfingstferien begannen, setzten sich beide ins Auto und fuhren allein in das Haus an der italienischen Adria. Und damit begann für ihn eine Zeit des uneingeschränkten Vaterglücks.

      Einen halben Monat später saß Claudia wieder in der Schule. Der erste Tag voller Pflichten und Aufgaben schmeckte ihr überhaupt nicht. Zweimal mußte sie von der Lehrerin ermahnt werden, endlich das ständige Getuschel mit Tanja zu unterlassen.

      Darüber kicherten die beiden noch, als sie gegen Mittag hinaus auf den Schulhof und in die Freiheit stürmten. Plötzlich stutzte Claudia. Sie hatte Astrid am Tor des Schulhofs entdeckt.

      »Astrid! Astrid!« Sie rannte so flink und geschmeidig auf die Ärztin zu, daß die ihren Augen kaum traute.

      »Meine Güte, du bist ja gewachsen!« stellte sie auch fest, als Claudia sie zur Begrüßung umarmt hatte und nun atemholend und mit strahlendem Gesicht vor ihr stand. »Und braun geworden bist du! Schau an, vierzehn Tage Urlaub mit deinem Vater in Italien und aus dir ist eine richtige Schönheit geworden!«

      Claudia krümmte sich vor Lachen. »Unsinn. Das machen nur meine neuen Klemmer im Haar. Wie find’st du die, schön bunt, wie?«

      Astrid nickte, obwohl sie wußte, daß die kleinen bunten Klemmern über Claudias Stirn nichts mit deren Verwandlung zu tun hatten.

      »Wir


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