Butler Parker Staffel 8 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
Parker. Michael Moberly … Akutes Kreislaufversagen … Kollaps!«
»Warum mußte dieser junge Mann eigentlich sterben?«
»Sie fragen doch jetzt wohl nach der inoffiziellen Lesart, nicht wahr?« Doc Waterson gab sich nach wie vor ungemein verbindlich. Und sehr offen dazu. Er schien wohl nicht daran zu glauben, daß Parker ihm noch mal gefährlich werden könnte.
»Ich meine in der Tat die inoffizielle Lesart … Er muß sich also, wenn ich es so ausdrücken darf, Ihren Unwillen zugezogen haben, nicht wahr?«
»Mike Moberly wollte Schwierigkeiten machen. Der Junge schnappte Gespräche auf, die für seine Ohren in keiner Weise bestimmt waren. Und er versuchte, sein Wissen, an die Öffentlichkeit zu bringen. Ich verweise auch auf die Briefe, die er wohl an seine Eltern schrieb.«
»Darum mußte er an akutem Kreislaufversagen sterben?«
»Ich hielt es für alle Teile so für besser!«
»Dann bleibt für meine bescheidene Wenigkeit noch die Frage, wieso Sie die Eltern des Jungen dazu brachten, auf weitere Untersuchungen zu verzichten.«
»Was versprechen Sie sich eigentlich von Ihrer Neugier?« erkundigte sich Waterson plötzlich. Waren ihm im letzten Augenblick doch noch Bedenken gekommen?
»Meine Gegner haben mich stets interessiert«, gab der Butler zurück. Dann spielte er sehr hoch, als er fortfuhr: »Wenn Sie allerdings Befürchtungen hegen, ich könnte mein Wissen irgendwann gegen Sie verwenden, dann sollten Sie wohl besser nicht weiterreden!«
»Dazu werden Sie keine Gelegenheit mehr haben«, sagte Waterson und lächelte amüsiert, »ich habe eine kleine Überraschung für Sie bereit, Parker?«
»Darf man neugierig sein?«
»Aber natürlich!« Waterson schmunzelte, »ich hoffe, Sie werden doch an unserem Hausball teilnehmen. Gerade auf Sie wartet eine Pantomime, die Sie nie vergessen werden. Wir werden diesen Hausball unter das Motto Französische Revolution stellen. Falls Sie ausreichend Phantasie besitzen, Parker, werden Sie sich schon jetzt gewisse Details leicht vorstellen können!«
*
»Das sieht ja nach einer tollen Festivität aus«, meinte Mike Rander, als er auf dem Baumast saß und hinüber zu den Gebäuden des Sanatoriums sehen konnte.
»Was, bitte?« Sue Weston, die unten stand, hatte den jungen Anwalt nicht ganz verstanden.
»Waterson scheint so etwas wie eine Riesenparty zu geben«, rief Rander leise, »alles in Licht getaucht …«
Er kletterte zurück auf den Boden und klopfte sich die Kleidung ab.
»Hat das irgend etwas zu bedeuten?« fragte Sue. Sie hörte jetzt die Musik, die leise vom Sanatorium bis herüber zu ihrem Standort drang.
»Keine Ahnung«, gab Rander achselzuckend zurück, »aber wenn ich an Parker denke, habe ich kein gutes Gefühl.«
»Wieso?«
»Watersons Patienten geben sich manchmal ziemlich hemmungslos«, sagte Rander, »ich erinnere Sie an die Vorfälle, die Parker und ich Ihnen erzählt haben!«
»Wenn Sie mich fragen, Mister Rander, so sollten wir ins Sanatorium gehen.«
»Offiziell, etwa?«
»Vielleicht, aber wir könnten ja auch über die Mauer steigen und uns unter die Masken mischen. Irgendein Kostüm werden wir uns schon beschaffen. Hat Waterson nicht gesagt, daß er einen eigenen Kostümfundus hat?«
»Keine schlechte Idee!« Rander nagte nachdenklich an seiner Unterlippe. »Ich glaube, Sue, wir sollten es riskieren.«
Sue Weston war Feuer und Flamme. Sie brannte förmlich darauf, an dem Maskenfest teilzunehmen. Sie versprach sich davon neue Eindrücke. Worin sie sich nicht getäuscht haben sollte, wie sich bald zeigte.
»Aber dann uneingeladen«, schlug Rander vor, »Waterson braucht nicht zu wissen, wie nahe wir ihm auf den Pelz rücken.«
Es war eine Kleinigkeit für Sue Weston und Mike Rander, die Mauer zu nehmen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie auf der anderen Seite waren. Sie vergewisserten sich, daß sie nicht bemerkt worden waren. Dann gingen sie vorsichtig auf die Gebäude des Sanatoriums zu.
*
Waterson sah zufrieden auf das Treiben seiner Patienten, die sich prächtig fühlten.
Sie alle waren wieder in Kostüm und Maske und füllten diese Rollen bestens aus.
Kleopatra schritt aufreizend durch die Menge und suchte nach Cäsar.
Hannibal schwang sein Kurzschwert und schien einigen Ärger mit Napoleon zu haben, der sich seinerseits mit Ludwig XV. angelegt hatte.
In einer Ecke des kleinen Saales stand Robespierre auf einem Stuhl und hielt eine flammende Revolutionsrede an sein andächtig lauschendes Volk. Und ein gewisser Robin Hood stellte einer attraktiven Neandertalerin nach.
Waterson, der sich in Gagliostro, den großen Magier und Scharlatan verwandelt hatte, schritt freundlich grüßend durch die Menge seiner kostümierten Patienten und näherte sich einem Gardesoldat ohne Gewehr, der schnell auf ihn zukam.
*
»Sie kommen«, meldete der Gardesoldat im Kostüm der russischen Kaiserin.
»Nicht aus den Augen lassen«, befahl Waterson, »ich möchte wissen, was sie wollen. Stellen Sie fest, ob sie allein sind, oder ob sie Kontakt zu außenstehenden Personen halten!«
Cagliostro schlenderte weiter. Sem Ziel war jetzt Robespierre, der seine flammende Ansprache beendet hatte.
»Bürger Robespierre«, sagte Waterson feierlich, »die Revolution ist stolz auf euch, aber sie verlangt nach Opfern!«
»Verräter sind überall«, gab Robespierre von sich. Seine Augen glühten fanatisch.
»Und Verräter müssen sterben«, stellte Waterson fest.
»Unter der Guillotine«, fügte Robespierre hinzu.
»Ich kenne einen Verräter, Bürger Robespierre«, stichelte Waterson, »ein Mann, der gegen die Republik konspiriert.«
»Wo?«
»Ich werde ihn Euch präsentieren. Kommt!«
*
Parker war kein Houdini.
Ihm standen leider nicht die Tricks zur Verfügung, die der berühmte Entfesselungskünstler angewandt hatte. Und mit einer Zwangsjacke wußte Parker schon gar nichts anzufangen. Ob es ihm paßte oder nicht, er saß eisern fest. Er hatte keine Chance, sich selbst zu befreien.
Zudem fehlte ihm auch die Zeit dazu, denn Waterson kam zurück in den großen Vorraum zum Keller-Swimming-pool. In Watersons Begleitung befand sich ein Mann, den der Butler sofort als Robespierre identifizierte.
Robespierre – selbstverständlich ein Gemütskranker – baute sich vor Parker auf.
»Dieser Mann verrät das Volk«, behauptete Cagliostro, alias Dr. Waterson, »dieser Mann muß sterben!«
»Gerechtigkeit für einen Angeklagten«, sagte Parker schnell und sah Robespierre fest in die glühenden, fanatischen Augen, »seit wann urteilt Robespierre ohne die Gegenargumente gehört zu haben?«
»Redet!« sagte Robespierre und beugte sich etwas vor.
»Cagliostro ist ein Scharlatan.« Parker deutete mit dem Kopf andeutungsweise auf Waterson, »gerade Ihr, Bürger Robespierre, kennt die Geschichte. Ihr müßt doch wissen, wie sehr er mit der herrschenden Klasse paktierte und sich auf Kosten des Volkes bereicherte!«
Gewiß, das, was Parker da von sich gab, hielt den Tatsachen nicht stand, aber Parker fühlte instinktiv, daß er mit dem Kranken reden mußte. Er mußte ihn als Robespierre respektieren, sonst hatte er bereits verloren.
»Was