Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
Till nicht!«
»Ich lege auch keinen Wert darauf, ihn zu kennen! Sie sind alle gleich. Jemand, der etwas auf sich hält, der hat eine Heimat und läuft nicht so durch die Welt.«
Konrad Küchler ließ seine Tochter auf dem Hof stehen und ging ins Haus. Katrin folgte ihm. Sie blieb im Türrahmen der Küchentür stehen.
»Mutter, hilf mir!«, flehte sie.
Luise schaute ihren Mann an.
»Konrad, warum hast du das gemacht?«
»Weil ich des für gut halte! Da frage ich den Burschen ahnungslos, wie lange er bleiben will und er erklärt mir, dass er nimmer daran denkt, zu gehen.«
»Das war doch eine ehrliche Antwort, Konrad! Und die beiden lieben sich.«
»Schmarrn! Des geht auch wieder vorbei! In so einen Vagabunden kann man sich doch net verlieben. Wie kann die Katrin nur so blind sein? Aber nun ist es gut, ich bin ja zum Glück wieder daheim und kann dieser Dummheit einen Riegel vorschieben. Du bist doch hoffentlich net schwanger von dem Burschen? Am besten du gehst sofort zum Doktor und lässt dich untersuchen, hörst?«
Katrin starrte mit tränenvollen Augen ihren Vater an. Wütend warf ihre Mutter das Küchentuch in das Spielbecken.
»Konrad, Konrad! In was steigerst du dich da hinein? Mir wird angst und bange, wenn ich dich so höre! Hole den Till zurück!«, forderte Luise.
»Naa Luise, des mache ich net! Ich bin froh, dass er fort ist. Er hat mir gesagt, wie er sich die Zukunft vorstellt und ich sage, dass des net in Frage kommt. Basta! Die Sache ist vorbei!«
»Nix ist vorbei, Vater! Ich lasse mir des net gefallen. Es ist mein Leben! Es ist meine Liebe!«, jammerte Katrin.
»Himmelherrgott, Madl! Ja bist du ganz verblendet? Hat dir dieser Taugenichts so den Kopf verdreht? Da bin ich ja noch gerade rechtzeitig heimgekommen. Außerdem, warum hast du mir nix von dem Till erzählt, Luise? Hast des bewusst zurückgehalten, wie? Hast schon gewusst, dass ich so einen Nichtsnutz nicht dulde, wie?«
»Konrad, du bist krank gewesen. Warum sollte ich dich aufregen? Der Martin hatte gesagt, dass ich alles von dir fernhalten soll, was dich belastet.«
»Am Ende weiß ganz Waldkogel, dass unser Madl mit so einem dahergelaufenen Bursche poussiert hat. Der Himmel stehe uns bei. Jetzt gibt es wieder etwas zu tratschen. Der Onkel ist ein Spieler und des Madl treibt es mit einem Vagabunden. Fein habt ihr des gemacht. Als hätte ich net genug Sorgen?«
»Du steigerst dich da in etwas hinein, Konrad. Sei vorsichtig mit deinen Worten. Siehst du net, dass du unserem Madl des Herz brechen tust?«
Konrad warf Katrin einen Blick zu. Sie stand immer noch an der Tür. Ihr Gesicht war verweint und die Tränen hörten nicht auf zu fließen.
»Konrad, ich verstehe dich net!«, sagte Luise. »Was bist du nur für ein Mensch geworden?«
»Du musst mich net verstehen, Luise. Dir hat er wohl auch den Kopf verdreht. Aber damit ist es nun vorbei. Ich bin wieder daheim. Ich bin wohl der Einzige, der klar denken und urteilen kann und das lasse ich mir nicht ausreden. So und jetzt will ich kein Wort mehr darüber verlieren. Können wir jetzt zu Abend essen? Hast des Essen fertig!«
»Mutter, ich esse nicht mit!« schluchzte Katrin.
Sie lief die Stiege hinauf. Dann drang der Knall einer zugeschlagenen Tür durch das Haus.
»Konrad, Konrad! Ich habe mich so gefreut, dass es dir wieder besser geht. Aber jetzt frage ich mich, ob bei dir in deinem Oberstübchen net doch ein Schaden entstanden ist. Wir kannst du so hart sein?«
»Ich bin net hart, nur kein Dummkopf! Können wir jetzt essen?«
Luise stellte ihm sein Essen auf den Tisch. Sie setzte sich nicht dazu.
»Kannst alleine essen! Wenn du hier den Tyrannen spielst, dann kannst alleine essen.«
Luise ging die Stiege hinauf.
»Weiber!« schimpfte Konrad Küchler vor sich hin.
Er holte sich ein Bier und begann, zu essen.
*
Als Luise das Zimmer ihrer Tochter betrat, stockte ihr das Herz.
»Katrin, was hat das zu bedeuten?«
»Was denkst du, was das zu bedeuten hat? Ich gehe, Mutter!«
»Katrin! Er wird sich wieder beruhigen!«
»Naa Mutter! Versuche mich erst gar nicht zu überreden. Dass es mit Vater nicht einfach werden würde, habe ich mir schon gedacht. Dass es schwer für ihn sein würde, Till zu akzeptieren, das habe ich vermutet. Aber, dass er gleich so reagiert, das ist zu viel. Es gab keinen Grund, Till vom Hof zu werfen. Außerdem bin ich volljährig!«
Katrin deutete auf die verschiedenen Koffer.
»Ich kann nicht alle mitnehmen! Ich nehme nur zwei Koffer mit und meinen Rucksack. Die anderen Sachen lasse ich holen oder du kannst sie mir bringen.«
»Wo gehst du hin?«
»Ich ziehe nach Kirchwalden in den Personaltrakt des Hotels, bis ich eine Wohnung gefunden habe.«
»Wirklich?«
»Ja, Mutter!«
»Ich kann dich nicht überreden zu bleiben – wenigstens eine Nacht? Schlafe mal drüber! Morgen ist auch noch ein Tag. Wenn dein Vater schon so impulsiv handelt, dann sei du doch weitsichtiger und vernünftiger!«
»Mutter! Nein! Ich werde gehen! Er hat sich gegen Till ausgesprochen und damit meine Wahl verurteilt. Es ist mein Leben. Ich liebe Till.«
»Du weißt doch, dass dein Vater den Schock, den ihm dein Onkel Ewald damals zugefügt hat, nie überwunden hat. Er hat so eine tiefe Enttäuschung erlebt. Der eigene Bruder, sein älterer Bruder, zu dem dein Vater aufgesehen hatte, war ein Spieler. Er war ein verdorbener Charakter. Das hat dein Vater zu einem anderen Menschen gemacht. Hinterher machte er sich Vorwürfe, dass er nicht besser aufgepasst hatte. Er denkt, dass er vielleicht Anzeichen übersehen hatte. Deshalb ist er so hart geworden. Für ihn zählen deshalb nur Arbeit und ein anständiges Leben. Er sieht eben seither überall nur das Schlimme und Gefahren, Katrin.«
»Mutter, ich verstehe, dass du zu Vater halten musst. Ich trage dir diese Haltung nicht nach. Aber ich will und kann das nicht mitmachen. Es ist mein Leben – nicht sein Leben. Auch wenn Onkel Ewald ihm Schlimmes angetan hat, so kann er nicht denken, dass alle Männer so sind. Außerdem hat er sich nicht einmal die Mühe gemacht, Till näher kennenzulernen. Das trifft mich am meisten. Mutter, es tut weh! So weh! Es reißt mir das Herz heraus. Ich verlange nicht, dass er Till liebt. Ja, er muss ihn nicht einmal schätzen. Ich kann auch nicht verlangen, dass er meine Wahl gut findet. Aber ich erwartete, dass er zuhört und erst dann sich ein Urteil bildet. Außerdem leben wir jetzt und nicht in der Vergangenheit. Gut, er ist der Bauer, aber es ist nicht mehr so wie früher, dass sich ihm alle unterordnen müssen. Frauen und Männer sind vor dem Gesetz gleich. Das bedeutet auch und in erster Linie, dass ich mich so entscheiden kann, wie es mir mein Herz sagt und nicht, wie er es sich denkt. Ich habe einen Beruf und kann selbst für mich sorgen.«
Katrin ging auf ihre Mutter zu.
»Mutter, bei mir ist immer ein Platz für dich! Wenn du nicht mehr weiterweißt, dann komme zu mir. Wenn er so hart sein kann, kann ich es – können wir das auch. Wie sagt Vater immer? ›Manche Menschen lernen es nur auf die harte Weise!‹ Er wird es dann auch auf diese Weise lernen.«
Katrin schulterte ihren Rucksack. Sie griff nach den beiden Koffern. Ihre Mutter hielt ihr die Tür auf.
»Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du glücklich wirst!«
»Mache dir keine Sorgen Mutter! Ich werde für mein Glück kämpfen und leben! Für mein Glück – nicht für ein Glück, das Vater für ein Glück hält. Ich rufe dich an!«
»Gott segne dich, Katrin!«
»Dich