Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
wird er gerufen. Er ist ein feiner Bursche. Etwas verschlossen ist er. Ich weiß nicht viel über ihn. Er ist ein Vagabund der besonderen Art, will ich mal sagen.«
»Ein Vagabund, ein Landstreicher?«
»Nicht so einer, wie du denkst. Ich denke, er ist weder ein Drückeberger noch ein Versager. Er hat nur andere Ziele, eine andere Lebensphilosophie als die meisten Menschen. Er beschreibt sich selbst als ein Suchender nach Idealen, wie Zufriedenheit, Glück, eben solche Werte. Geld bedeutet ihm nichts, sagt er. Er zieht wohl durch die Welt und lässt alles auf sich zukommen. Es war Zufall, dass der hier nach Waldkogel kam. Aber Zufälle gibt es nicht, sage ich immer. Es war wohl Vorsehung. Jedenfalls kam er an dem Tag, als du zusammengebrochen bist. Und dann habe ich ihn gebeten, zu bleiben und auf eurem Hof zu helfen. Er macht des wohl ganz ordentlich.«
Konrad Küchler zog die Augenbrauen hoch und legte die Stirn in Falten.
»Schau net so, Küchler!«, tadelte ihn der Pfarrer. »Der Till ist ordentlich und hat sich sofort bereit erklärt, euch auf dem Hof zu helfen. Er will auch keine Bezahlung, nur Unterbringung und Essen. Deine Luise hat mir erzählt, dass er länger bei euch bleiben will. Sie ist ganz angetan von ihm. Jedenfalls hast du es jetzt leichter, Küchler.«
»Wo kommt er her? Was hat er gelernt? Warum zieht er herum? Hat er kein Zuhause?«
»So viele Fragen auf einmal? Ich kann dir keine davon beantworten. Er ist sehr schweigsam, was solche Fragen betrifft. Aber ich habe einen guten Eindruck von ihm.«
Konrad Küchler rieb sich das Kinn. Er wollte den Pfarrer Zandler nicht verärgern. Aber was sollte er von einem Burschen halten, der nicht bezahlt werden wollte, der keine feste Bleibe hatte und etwas zu verbergen hatte.
»Mei, ich werde mir den Burschen mal anschauen, Herr Pfarrer!«, sagte Küchler leise.
Er trank seinen Tee aus. Pfarrer Zandler brachte ihn zur Tür.
»Dann grüße mir die Deinen lieb von mir. Ich besuche euch die nächsten Tage, Küchler!«
»Wir freuen uns, Herr Pfarrer! Sie sind jederzeit ein gern gesehener Gast!«
Konrad Küchler nahm seine Tasche und ging fort.
Auf dem Küchler Hof gab es eine stürmische Begrüßung. Luise und Katrin waren so glücklich, dass der Bauer wieder daheim war. Er stand noch mit Luise und Katrin auf dem Hof, als Till mit dem Jeep kam. Sie hatten sich über Till unterhalten.
»Ah, da ist er ja!«, sagte Konrad. »Ich werde ihn mir mal ansehen. Lass mich des alleine machen, von Mann zu Mann.«
Der Bauer ging auf Till zu, der aus dem Auto ausstieg.
»Grüß Gott, du bist also der Till! Ich bin Konrad Küchler, der Bauer!«
»Grüß Gott! Geht es Ihnen besser?«
»Ja, danke! Und danke, dass du uns geholfen hast. Pfarrer Zandler hat dich vermittelt.«
»Ich habe gern geholfen!«
Till begann das Holz von der Ladefläche des Jeeps abzuladen.
»Ich habe gehört, du willst länger bleiben?«
Till richtete sich auf und sah Konrad Küchler in die Augen.
»Ja, ich hege in dieser Richtung Absichten, besonders…«
»Wie lange?«, unterbrach ihn der Bauer barsch.
Tillmann sah ihm in die Augen. Er überlegte kurz und entschied sich, von Anfang an, mit offenen Karten zu spielen.
»Also, eigentlich denke ich an eine dauerhafte…«
»Für immer?« unterbrach ihn Konrad Küchler erneut.
»Ja, wenn sie es so sehen wollen!«
»Da habe ich auch noch ein Wort mitzureden!«
»Das ist wohl in erster Linie die Angelegenheit von Katrin und mir.«
»Wie soll ich des verstehen?«
»Ich weiß nicht, wie die Bräuche hier so sind in den Bergen. Aber ich will, dass von Anfang an Klarheit zwischen uns ist. Ich habe mich in die Katrin verliebt und sie liebt mich. Das meine ich ihm Hinblick auf ›immer‹ oder mit der Umschreibung ›dauerhaft‹!«
Konrad Küchler starrte Till an. Er konnte nicht glauben, was er da gerade gehört hatte. Ihm stieg die Zornesröte ins Gesicht.
»Willst dich wohl ins gemachte Nest setzen, wie? Hast nix! Bist nix! Ich habe einen schönen Hof, und mein Madl ist ledig. Des hast dir fein ausgedacht. Aber mit mir net! Mein Madl bekommst du nicht. Ich gebe mein einziges Kind net einem Dahergelaufenen, einem Taugenichts. Naa, des kommt net in Frage! Die soll jemand nehmen, der solide ist. Jemand, der sie versorgen kann und bei dem sie net Not leiden muss, jemand, der ihr ein Heim und Sicherheit gibt. Du bist nur eine Zufallsbekanntschaft. Höre dir auf, dir etwas einzubilden! Mag sein, dass du mit Katrin und meiner Luise leichtes Spiel hattest, aber des ist jetzt vorbei. Jetzt bin ich zurück.«
»Ich habe mir den Aufenthalt hier nicht ausgesucht. Es kam, wie es kam. Zufälle gibt es nicht, sagt Pfarrer Zandler!«, sagte Till ruhig.
»Das berede ich mit unserem Herrn Pfarrer noch separat. Jetzt sage ich dir etwas. Jetzt nimmst deine Sachen und gehst. Danke, für deine Hilfe. Aber die wird jetzt nicht mehr gebraucht.«
Konrad Küchler zog seine Taschenuhr und schaute darauf.
»Du bist in fünf Minuten vom Hof verschwunden, sonst mache ich dir Beine, du Vagabund! Das Holz lade ich später ab! Los verschwinde!«, brüllte Konrad Küchler.
Katrin, die mit ihrer Mutter ins Haus gegangen war, kam herausgelaufen.
»Was brüllst du so, Vater?«
»Sei still und sieh zu, dass du hineinkommst. Mit dir und Mutter werde ich reden, wenn ich hier fertig bin!«
»Vater, was ist? Warum bist so ärgerlich?«
»Sei still, Katrin!«, brüllte Konrad Küchler.
Aber Katrin gab nicht so schnell auf. »Du hast dich mit Till gestritten, stimmt es?«
»Naa, ich habe mich nicht gestritten! Ich habe nur klargestellt, wer hier der Bauer ist. Sonst nichts! Ich habe die Verantwortung für den Hof. Die lasse ich mir nicht nehmen!«
Konrad Küchler packte seine Tochter beim Handgelenk und zog sie in Richtung Haus.
»Vater, lass mich los! Du tust mir weh!«
»Dann gehe ins Haus!«
Katrin blieb unschlüssig auf dem Hof stehen. Sie sah, wie Till mit seiner Tasche und dem alten Rucksack aus dem Altenteil kam. Er wollte auf Katrin zugehen.
»Lass deine Finger von meinem Madl!«, brüllte Katrins Vater. »Keinen Schritt weiter, sonst lernst du mich von einer anderen Seite kennen. Des ist mein Hof und ich bestimme, wer hier bleibt und wer geht und du gehst.«
»Wo gehst du hin, Till?«, rief Katrin.
»Ich weiß nicht! Ich lasse es dich wissen, sobald ich es weiß!«
»Till, so bleibe doch hier!«, rief Katrin.
Sie wollte ihm nachlaufen, aber ihr Vater hielt sie zurück.
»Hiergeblieben, Katrin!«, schrie er.
»Vater! Vater! Was ist? Was hat Till getan? Ich liebe ihn!«
»Schmarrn! Wirst mir noch dankbar sein, dass ich dich vor einer Dummheit bewahrt habe!«
Katrin sah Till nach, wie er die Straße hinunterging, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen. Tränen quollen aus ihren Augen.
»Du zerstörst mein Lebensglück!«
»Du bist ja irre! Du wirst nie ein Lebensglück mit einem Burschen wie ihm haben. Ich kenne die Sorte Mensch. Schmarotzer sind des alle! Nichtsnutze und Tagediebe sind des! Sie haben keine Verantwortung im Leib. Vagabundieren herum,