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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.

Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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ich dich in Tonis Auto sah, bist du mir angenehm aufgefallen. Ist es schlimm, wenn ich dir gestehe, dass ich deinetwegen auf die Berghütte gekommen bin?«

      »Nein, es ist nicht schlimm. Du solltest dir aber keine Hoffnungen machen.«

      »Das ist ja nicht gerade ermutigend.«

      »Ich will ehrlich sein, Gaudenz! Ehrlich und fair!«

      »Es gibt wenige ehrliche Menschen, die dazu noch fair sind.«

      »Das stimmt, Gaudenz. Es gibt viele richtige Gauner und Betrüger. Die Welt wäre um so vieles besser, und es gäbe so viel weniger Leid und Tränen, wenn …« Rosemarie verstummte.

      Sie räusperte sich.

      »Entschuldige, ich rede zu viel«, flüsterte sie leise.

      »Du musst dich nicht entschuldigen, Rosemarie. Ich freue mich über jedes Wort aus deinem Mund. Du bist so anders als die anderen Madln. Ich kenne zwar keines der Madln näher. Ich habe bisher sie nur von weitem angesehen. Ich war mit so vielen anderen Sachen beschäftigt, dass ich keine Zeit hatte, den Madln nachzusteigen, wie man in den Bergen sagt. Und kein Madl, das ich von weitem angesehen habe, hatte so eine Ausstrahlung wie du, Rosemarie. Du bist ganz besonders, ein ganz besonderer Mensch. Du beeindruckst mich sehr.«

      Sie wandte den Kopf ab und schwieg. Gaudenz wartete eine Weile und warf ihr dann einen Blick zu. Er sah, wie Rosemarie stumm Tränen die Wangen herunterliefen. Er reichte ihr sein Taschentuch.

      »Was hast du? Geteiltes Leid ist halbes Leid! Ich schwöre dir, dass dein Geheimnis gut bei mir aufgehoben ist.«

      Sie wischte sich dir Tränen ab.

      »Ich bin nur verlegen. Du hast mich verlegen gemacht. Noch nie hat mir jemand gesagt, dass ich besonders bin, ein ganz besonderer Mensch, im Guten, verstehst du?«

      Gaudenz rückte ein Stück näher.

      »Wer hat dir wehgetan? Wer hat deine Seele so verletzt, dass ein einfaches Kompliment dich zu Tränen rührt?«

      »Einige!«

      Und wieder quollen Tränen aus ihren Augen.

      »Ich bin nicht einer von ihnen! Ich bin Gaudenz Moosbauer!«

      Sie nickte eifrig.

      »Gut! Weiter! Ich bin Gaudenz und du bist Rosemarie! Und über uns sind nur der Sternenhimmel und die göttliche Unendlichkeit. Ich denke, dass nichts geschieht ohne Sinn. Unsere Wege haben sich gekreuzt, weil es einfach vorgesehen war, dass wir uns begegnen. Denkst du nicht, dass es so sein könnte?«

      »Es ist jedenfalls geschehen. Ich kann nur schlecht mit Freundlichkeit umgehen, die mir entgegengebracht wird.«

      Gaudenz Herz klopfte wild. Es schmerzte ihn tief, Rosemarie so leiden zu sehen.

      »Jemand muss dich tief verletzt haben. Sage mir, wer es war und ich schlage mich mit ihm und Toni wird auch dabei sein und viele unserer Freunde. Ich denke, dass sogar Pfarrer Zandler dabei wäre.«

      »Jetzt machst du Witze, Gaudenz! Aber es klingt gut. Ich werde versuchen, nicht mehr zu weinen.«

      Ohne sie zu fragen, fuhr Gaudenz mit der Hand über ihre feuchten Wangen. Dann nahm er sie bei der Hand.

      »Komm mit, wir gehen ein Stück das Geröllfeld hinauf. Du kühlst dein Gesicht mit kaltem klarem Wasser aus dem Gebirgsbach. Damit dein schönes Gesicht nicht leidet. Du hast so ein schönes Gesicht! Es soll doch morgen früh niemand sehen, dass du geweint hast. Was würden Toni und Anna denken? Sie würden mich sofort zur Rede stellen. Sie würden denken, ich hätte dir ein Leid angetan, dich gekränkt. Das willst du doch nicht oder?«

      »Nein!«

      Gaudenz hielt ihre Hand fest, bis sie zum Gebirgsbach kamen. Er nahm sein Halstuch ab und tauchte es ins kalte Wasser. Dann tupfte er ihr Gesicht damit ab. Er lächelt sie an.

      »Bist du schon irgendwo gewesen außerhalb der Berghütte? Kennst du das ›Erkerchen‹ oder den ›Paradiesgarten‹?«

      »Nein!«

      »Bist du müde?«

      »Nein!«

      »Dann gehen wir jetzt zum ›Erkerchen‹. Es ist nicht weit. Und morgen oder am Sonntag können wir zusammen zum ›Paradiesgarten‹ wandern.«

      »Danke für die Einladung. Ich habe keine Zeit. Ich bin auf der Berghütte, um Anna und Toni zu helfen.«

      »Tagsüber! Aber jetzt ist Nacht! Toni und Anna schlafen! Gib mir deine Hand. Es wäre zwar besser, wir hätten eine Stablampe, aber wenn wir vorsichtig sind, macht es nichts, wenn wir in der Dunkelheit gehen. Außerdem ist es eine mondhelle Nacht. Ich bin hier in den Bergen aufgewachsen und kenne jeden Pfad wie meine Westentasche. Ich werde auf dich aufpassen.«

      Er zog Rosemarie einfach mit sich. Sie ließ es geschehen. Ihr Herz klopfte. Sie wusste nicht, dass es von der Liebe kam, die ihr widerfuhr. Dass man so lieb zu ihr war, war neu für sie. So etwas hatte sie noch nie erfahren. Es wühlte sie nur auf. Aber gleichzeitig war es so schön, dass sie sich unbewusst wünschte, die Nacht würde nie vorübergehen, die Zeit würde einfach stehenbleiben.

      Sie gingen weiter über das Geröllfeld. Oben ging Gaudenz voraus.

      »Am besten, du bleibst dicht hinter mir. Wir orientieren uns am Felshang auf der rechten Seite des Pfa­des. Es kann dir nichts geschehen. Ich halte dich bei der linken Hand. Deine rechte Hand legst du mir von hinten auf die Schulter.«

      Zögernd und sehr sachte legte Rosemarie ihre Hand auf Gaudenz Schulter. Sie spürte seine warme Haut unter dem Hemd. Eine unbekannte Sehnsucht nach mehr Berührung schlich sich in ihr Herz.

      Sie gingen los und erreichten sicher das ›Erkerchen‹.

      »Schau, von hier aus kann man das ganze Tal überblicken. Liegt Waldkogel nicht schön im Mondlicht?«

      »Es schaut wunderbar aus«, seufzte Rosemarie. »In nur ganz wenigen Häusern brennt noch Licht. Dort ist der Marktplatz. Die Kuppel des Turmes der Kirche mit dem Kreuz leuchtet im Mondschein. Danke, dass du mich hergebracht hast. Das ist ein wunderschöner Anblick. Ich bin mir sicher, dass ich ihn niemals vergessen werde, solange ich lebe.«

      Sie setzten sich auf die Bank. Gaudenz hielt noch immer Rosemaries Hand fest. Sie entzog sie ihm auch nicht. Das freute ihn sehr. Behutsam legte er erst seinen Arm hinter sie auf die Rückenlehne der Bank. Dann glitt sein Arm weiter, bis er um ihre Schultern lag.

      Ihr kam es vor, als erfasste sie eine vorher unbekannte Geborgenheit.

      »Gaudenz, als Kind machte ich immer ein Spiel mit mir selbst. Ich dachte mir Wünsche aus, die ich einer Fee sagen würde, wenn sie vorbeikäme.«

      Sie schauten sich im Mondlicht an. Gaudenz lächelte Rosemarie an.

      »Hier gibt es keine Feen, aber Engel. Kennst du die Geschichte vom ›Engelssteig‹ über uns?«

      »Toni hat auf dem Weg von der Oberländer-Alm zur Berghütte etwas erzählt. Er sprach auch über das ›Höllentor‹.«

      »An das ›Höllentor‹ sollst du jetzt nicht denken. Also, die Engel steigen jede Nacht auf einer unsichtbaren Leiter vom Gipfel des ›Engelssteigs‹ hinauf in den Himmel. Wir hier alle in Waldkogel glauben, dass sie die Sehnsüchte, Wünsche und Gebete der Menschen hinauf in den Himmel tragen, zum Herrgott, seinem Sohn und der Heiligen Mutter Gottes. Es gibt viele Geschichten darüber. Verzweifelte Menschen haben sich ihnen anvertraut, und alles hat sich zum Guten gewendet.«

      »Das ist schön und hört sich tröstlich an.«

      »Was würdest du den Engeln sagen oder was willst du den Engeln sagen?«

      »Ich würde ihnen sagen, dass es hier sehr schön ist. Dass sie die Zeit anhalten sollen, damit ich die Schönheit noch eine Weile erleben kann.«

      »Sie werden für dich die Zeit anhalten, Rosemarie. Da bin ich ganz sicher. Doch auch Engel brauchen manchmal Hilfe von Menschen.


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