Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
Sie die Frage, Herr Laurentis, aber würden Sie mich bitte mitnehmen, falls Sie in die Stadt fahren?«
»Aber gern«, erwiderte er mit seinem charmantesten Lächeln.
»Ich muss nämlich zum Zahnarzt«, erklärte sie. Das stimmte sogar, aber sie war jetzt doppelt froh, dass sie ihr hübschestes Kostüm angezogen hatte.
Mit einem schicken Mann in einem schicken Wagen, das gefiel ihr, und er brauchte sich nicht anzustrengen, um sie zum Reden zu bringen.
»Darf Frau Torstensen eigentlich gar keinen Besuch empfangen, oder hat Ihr Chef nur gegen mich etwas?«, fragte er beiläufig.
»Der kleine Albrecht war den ganzen Vormittag bei ihr«, sagte sie. »Der Sohn vom Professor«, setzte sie erklärend hinzu. »Mit einem riesigen Blumenstrauß. Nun ja, es ist dem Chef wahrscheinlich sehr fatal, dass sein Sohn es war, der ihr ins Auto lief.«
»Er leugnet es nicht?«, fragte Tonio.
»Nein, aber Frau Torstensen behauptet, dass sie in erster Linie schuld war.«
»Vielleicht hat Ihr Chef sie gekauft.«
Ruth sah ihn ziemlich verblüfft an. Das gefiel ihr nun doch nicht, sosehr ihr Tonio Laurentis auch gefiel.
»Er ist sehr korrekt«, sagte sie zurückhaltend, »und hätte Frau Torstensen das nötig?«
»Es kommt auf die Summe an. Geld spielt für sie eine große Rolle. Da wir uns nun so nett angefreundet haben, könnten wir uns doch einmal treffen, wenn Sie nicht gerade zum Zahnarzt müssen.«
Das schmeichelte ihrer Eitelkeit so sehr, dass das Misstrauen wieder verflog. Was würden ihre Kolleginnen sagen, wenn sie sich mit dem berühmten Tonio Laurentis traf. Ihr Herz schlug höher. Ihr Selbstbewusstsein war groß genug, um sich zu sagen, dass sie ihm gefiele.
»Warum nicht«, sagte sie. »Morgen hätte ich frei.«
»Schade«, sagte er. »Ich muss heute noch unbedingt nach Zürich fahren, und gerade deswegen hätte ich Frau Torstensen dringendst sprechen müssen. Vielleicht versuche ich es am Nachmittag doch noch mal.«
»Aber heute Nachmittag ist der Chef nicht im Hause«, sagte Ruth.
»Sie auch nicht?«
»Freilich bin ich da. Ich muss mich jetzt höllisch beeilen. Mein Zahnarzt nimmt mich ausnahmsweise an. Dann sehen wir uns heute Nachmittag vielleicht? »
»Bestimmt sogar«, sagte er mit einem undeutbaren Lächeln, bei dem ihr ein Kribbeln über den Rücken lief. »Sie sind reizend, Ruth«, sagte er auch noch.
Da mussten doch alle Zweifel schwinden. Warum sollte er denn Frau Torstensen nicht besuchen, wenn es doch so wichtig für ihn war. Ruth war ganz überzeugt, dass nur geschäftliche Interessen diese beiden verbanden und dass sie selbst ganz große Chancen bei ihm hatte.
*
Auf der Heimfahrt erzählte Stefan unentwegt von Kerstin.
»Man kann sich sehr gut mit ihr unterhalten, Papi«, versicherte er. »Ich glaube, dass sie sehr gescheit ist. Ich möchte sie morgen wieder besuchen, das geht doch?«
Martin Albrecht kämpfte mit zwiespältigen Gefühlen. Er konnte Tonio Laurentis nicht aus seinem Gedächtnis streichen.
Was war zwischen diesem Mann und Kerstin vorgefallen? Mit Abscheu hatte sie diese Bemerkung gemacht, die ihm im Gedächtnis haften geblieben war. Aber warum hatte es dieser Mann gar so eilig, sie zu besuchen?
»Warum bist du so still, Papi?«, fragte Stefan. »Gefällt es dir nicht, dass ich mit Kerstin vertraut bin?«
»Doch es gefällt mir sehr.«
»Möchtest du nicht auch mit ihr vertraut sein? Du siehst sie doch jeden Tag.«
»Sie ist eine Patientin und da darf man nicht vertraut sein.«
»Das ist komisch.«
»Das ist eine Vorschrift, mein Sohn.«
»Deshalb darfst du ihr auch nicht sagen, dass sie schön ist, gell? Du findest sie doch auch schön.«
»Ja, ich finde sie schön, aber nun reden wir mal von was anderem.«
»Wie lange muss Kerstin denn noch in der Klinik bleiben?«, fragte Stefan.
»Bestimmt noch zwei Wochen.«
Stefan seufzte. »Aber wenn sie dann draußen ist, kannst du doch auch mit ihr vertraut sein, gell?«, bohrte er.
»Wir werden mal zusammen zum Essen gehen, wenn sie zustimmt«, sagte Martin, um seinen Sohn zu beschwichtigen.
»Und was wird nun eigentlich mit ihrem Auto?«, fragte Stefan. »Kann man das ganz machen?«
»Ich werde mich darum kümmern.«
»Ich würde ihr ja ein neues kaufen, aber dazu reicht mein Geld wohl nicht«, sagte Stefan betrübt.
Was wird sie machen, wenn sie wieder gesund ist, ging es Martin durch den Sinn. Wieder mit Laurentis zusammenarbeiten, mit diesem Mann, den sie als Schuft bezeichnet hat?
»Wir fahren ja gar nicht nach Hause«, sagte Stefan.
»Nein, wir fahren zum Jagdhof zum Essen«, erwiderte Martin. Hella sollte ruhig spüren, dass er nicht bereit war, ihre hinterlistigen Annäherungsversuche zu akzeptieren.
*
Für Daniel und Fee brachte auch der Samstag eine Unmenge Arbeit. Das Telefon klingelte unentwegt, obgleich sie keinen Wochenenddienst hatten. Aber ein gewissenhafter Arzt konnte seinen Patienten nicht einfach sagen, dass er keinen Dienst hätte und sie den dafür zuständigen Kollegen bemühen sollten. In der Grippezeit waren alle Ärzte überlastet.
Daniel war schon am frühen Morgen von Herrn Hanke bestürmt worden, der außer sich war, dass sein Junge so schwer krank war und wie erwartet, hatte Frau Hanke die Schuld Dr. Norden zuzuschieben versucht. Daniel musste recht energisch werden, um dem aufgeregten Mann die Sachlage zu erklären. Er dachte nicht daran, Rücksicht auf Frau Hanke zu nehmen, und er fand auch Glauben.
»Es ist schon so, dass Christian die Schule manchmal schwänzt«, versuchte er seine Frau dennoch zu entschuldigen. »Edith hat es nicht leicht mit ihm, aber seine Großeltern haben ihm ja von Anfang an eingebläut, dass er von einer Stiefmutter nichts zu erwarten hätte.«
Notgedrungen musste Daniel sich eine ganze Zeit die Familienkalamitäten der Hankes anhören, bis er dann erklärte, Herr Hanke solle doch lieber in die Klinik fahren und sich an Ort und Stelle nach Christians Befinden erkundigen. Er hatte dies schon getan und erfahren, dass noch keine Besserung eingetreten sei, aber das wollte er Herrn Hanke nicht sagen, damit er nicht noch mehr aus dem Häuschen geriet. Eine Freude brachte ihm der Vormittag dann, als er sich überzeugen konnte, dass es mit Frau Fichte aufwärts ging.
Man hatte ihr am Morgen das Kind gebracht, und der Anblick dieses gesunden kleinen Burschen war wohl die beste Medizin gewesen. Auch Herr Fichte hatte sich nun halbwegs wieder gefangen, obgleich er versicherte, dass er diesen Dreizehnten nie vergessen würde.
»Ich auch nicht«, sagte Daniel lächelnd, »aber immerhin werden Sie den Tag doch künftig fröhlich feiern.«
»Wieso denn?«, fragte Herr Fichte verwirrt.
»Weil es der Geburtstag Ihres Sohnes ist«, lachte Daniel.
Herr Fichte schlug sich an die Stirn, und dann lachte er auch.
Fee hielt die Stellung in der Praxis, denn auch hier gab einer dem andern die Klinke in die Hand.
Zwischendurch rief ihr Vater an. Was denn bei ihnen los sei, wollte er wissen. Sie hätten bestimmt damit gerechnet, dass sie das Wochenende bei ihnen verbringen würden.
Dr. Johannes Cornelius leitete das Sanatorium »Insel der Hoffnung«. Er war Friedrich Nordens bester Freund gewesen. Er verwirklichte die Idee dieses großen Arztes und Menschenfreundes. Daniel