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Tage und Nächte in Urwald und Sierra. Kurt FaberЧитать онлайн книгу.

Tage und Nächte in Urwald und Sierra - Kurt Faber


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dort Guayavas nennt. Diese hatten die Aufmerksamkeit der ganzen Nachbarschaft auf sich gezogen. Alle Augenblicke erschien in irgendeiner Mauerlücke ein dunkles Chologesicht und verdrehte die großen, lackglänzenden Augen, derweilen der Mund vor Lüsternheit wässerte.

      »Mistah!«

      Ich warf ihn hinaus. Schon kam ein anderer.

      »Mistah! All right.«

      Dieser kam mit einem Zehncentavosstück. Da wußte ich Bescheid. Einmal wenigstens zeigte ich mich auf der Höhe der Situation. Das Leben, das eben noch so fade und zwecklos erschienen war, hatte auf einmal wieder Inhalt bekommen. Ich stieg auf den Baum und schüttelte einen ganzen Vorrat, den ich neben meiner Behausung aufstapelte und noch am selben Abend schlank verkaufte an die Arbeiter, die nach Feierabend durch das Tor kamen. An jenem Abend und an noch verschiedenen anderen, die meine Taschen überquellen ließen mit Centavosstücken. Nur wenig litt ich unter Gewissensbissen über diesen Mißbrauch meiner Amtsgewalt, und das Wenige, was übriggeblieben war, zerstreute Francois, der nur bedauerte, daß er nicht dabei sein konnte.

      »Das da,« sagte er, »das werden sie alles aufs Reparationskonto schreiben.«

      Mehr als fünf oder zehn Centavos pro Mann waren jedoch aus keinem herauszubekommen. Denn woher nehmen und nicht stehlen? In diesem an Naturschätzen so reichen Lande Peru herrscht die Armut wie in kaum einem anderen Lande. Kein unterwürfigeres, bedürfnisloseres Geschöpf kann man sich denken, als den dortigen Mann aus dem Volke, den Cholo, eine seltsame Mischung von weißem, Neger- und Indianerblut, mit einer ganz kleinen Beimischung aus dem himmlischen Reiche. Gewiß, der Arbeitsmann des benachbarten Chile ist auch kein Millionär. Zumeist nennt er kein ganzes Hemd sein eigen, und wenn er es besäße, so würde er es so schnell wie möglich in vino tinto umsetzen. Aber er ist trotz allem stolz und unbändig, von wildem Freiheitsdrang und heißer Vaterlandsliebe, ein stets auf Erlebnisse bedachter Abenteurer, der einem aus einer Tasche den Geldbeutel stiehlt und ihn wieder in die andere hineinsteckt, aus purer Lust am Schenken. Und vor allem: er ist über die Maßen selbstbewußt und stolz auf seine Klasse.

      »Soy roto chileno!«

      Wie anders der Cholo! Eine müde Resignation liegt über ihm und seinem Lande. Ein Zug von Pessimismus und Unterwürfigkeit, deren Ursprung zurückführen mag in die Jahrhunderte, da die Inkas als Herren über Leben und Tod jedes Einzelnen geboten. Dieses Volk hat nie die Freiheit gekannt; nicht unter den Inkas, nicht unter Pizarro und am allerwenigsten in der heutigen Republik, wo sich eine dünne Oberschicht von reichen Familien der Staatsmaschine bemächtigt hat. Denn die hohen Staatsgeschäfte werden dort seit über hundert Jahren en famille ausgeübt. Von einigen Notabeln. In diesem in der Theorie und nach dem Wortlaut der Verfassung so überaus demokratischen Lande ist der Begriff der menschlichen Gesellschaft sehr eng gezogen. Es gibt nur eine »Gesellschaft«, die mit ihren Wünschen und Ansprüchen für die Öffentlichkeit allein vorhanden ist und über deren Tun und Lassen alle Zeitungen in langen Spalten endlos berichten in blumenreichster Sprache. Man lese zum Beispiel nur diese Mitteilung aus der in Lima erscheinenden Zeitung »La Prensa«:

      »Vermählung. – Die tugendhafte und engelgleiche Senorita Fulano hat sich heute für immer mit dem perfekten Gentleman Sutano vereinigt. In Anbetracht der hohen Qualitäten eines so sympathischen Paares kann es nicht ausbleiben, daß über ihrem Herde alle Tage der Stern des Glückes strahle, umweht von dem christlichen Hauche einer reinen und jungfräulichen Liebe im Herzen der geistreichen Frau. Daß diese Sonne des Glückes immer scheinen möge aus dem blauen Himmel über ihr, ist der heißeste Wunsch derer, die sich voll Freuden und Entzücken unterzeichnen als ihre Freunde.«

      In jedem anderen, nicht südamerikanischen Lande hätte das Papier revoltiert gegen solchen Schwulst. Nicht so in Peru. So etwas steht so und ähnlich seitenlang in der Zeitung an jedem neuen Tage. Und was das sonderbarste ist: es wird auch gelesen! Freilich nicht von dem Cholo, denn das Lesen und Schreiben ist dessen starke Seite nicht.

      Doch das sind alles Betrachtungen, die mich weit abführen von dem Gange meiner kleinen Erlebnisse. –

      Nach einigen Wochen nahm meine Beamtentätigkeit ein plötzliches und wenig erfreuliches Ende, und schuld daran war wieder einmal die hohe Politik. Das große »Centennario«, die Jahrhundertfeier der Peruanischen Republik, war in nächste Nähe gerückt, und schon zeigten sich auf der Reede die Kriegsschiffe der fremden Nationen, die von den Enden der Erde gekommen waren, um ihre Aufwartung zu machen. Einer nach dem anderen kamen die grauen Kolosse und ankerten im Hafen. Landfeine Matrosen aus fremden Ländern begannen über die Straßen zu steigen, und den Gastwirten, Heuerbasen und sonstigen Hafenratten lief das Wasser im Munde zusammen, wenn sie den Rebbach errechneten, der hier zu machen war. In allen Arten war hier die Beute vertreten. Englische Tommies mit unwahrscheinlich weiten Hosen, amerikanische Marinesoldaten mit weißen Tellermützen, die ihnen in etwas das Aussehen von Zuckerbäckern verliehen. Am populärsten jedoch waren die Matrosen des französischen Kreuzers »Jules Michelet« mit ihren weißen Mützen und roten Quasten. Denn ein bißchen Französisch, das macht sich so schön, auch in Peru. Wer aber beschreibt mein Erstaunen, als ich eines Abends – es war wohl schon mehr gegen Mitternacht – eine Schar dieser bemühten und bequasteten Jünglinge Arm in Arm über die Straße schwanken sah, während die stillen Häuser von dem schönen Liede widerhallten:

      »Siegreich wollen wir –

       Ich derfs nit sagen!«

      Der Fall war interessant genug für eine nähere Untersuchung. Ich ging auf sie zu und erkundigte mich nach dem Woher und Wohin und nach dem Zusammenhang dieser doch recht seltsamen Dinge. In etwas war mir ja die Erkenntnis schon aufgedämmert.

      »Sin ihr ebbe von Milhüse,« fragte ich in meinem schönsten Elsässer Deutsch. Nein, von Mülhausen kamen sie nicht, aber von Buchsweiler, von Sennheim und von Wattweiler. Und sehr erfreut waren sie, einen Landsmann zu treffen in so fernem Lande. Obwohl sie bereits des Guten zuviel getan hatten, gingen wir dennoch in eine benachbarte Kneipe, wo sie nicht müde wurden, von ihren Abenteuern an Bord des »Jules Michelet« zu erzählen, wohin man sie gebracht hatte, um aller Welt kund zu tun, welch gute und waschechte Franzosen doch die Elsässer waren, und wie schön sie Französisch sprächen. Aber das Leben an Bord des »Jules Michelet« war anscheinend doch nicht ganz so herrlich gewesen, trotz der schönen weißen Mütze mit der roten Quaste. Im Elsaß – so sagten sie – sei das Leben jetzt nur noch eine halbe Freude, aber auf dem »Jules Michelet« sei es die Hölle. Eine Hölle mit dem contre maitre als Teufel und mit harten, wassergekochten Bohnen, die man täglich dreimal zu essen bekomme. Am Weihnachtsabend wollten sie ihnen nicht einmal ein Bäumchen gönnen, weil das eine Bochesitte wäre. Darauf wollten sie Weihnachtslieder singen.

      »Silence! pas d'chansons Boches!«

      Da stimmten sie aus Trotz »Heil dir im Siegerkranz« an, ein Unterfangen, das wider Erwarten glücklich ablief, da der contre maître das Lied für die englische Nationalhymne hielt und der erste Offizier sie zum Lohne dafür mit einer Flasche Schnaps beschenkte.

      Während wir noch dasaßen und von alten Zeiten plauderten, kamen noch weitere elsässische Matrosen herein und setzten sich zu uns. Es war in einer deutschen Wirtschaft, in der hauptsächlich Deutsche verkehrten. Einer von diesen, der eben von den Bergwerken heruntergekommen war und deshalb das Geld lose sitzen hatte, hielt das ganze Haus frei. So wurde die Stimmung immer angeregter und die Lieder immer lauter. Sie fingen an mit dem »Brunnen vor dem Tore«; dann kamen Soldatenlieder an die Reihe.

      »Drum Mädchen weine nicht,

       Sei auch nicht traurig,

       Grad weil ein Infanterist

       Ins Feld muß ziehn. –«

      Auf einmal, als die Orgie auf ihrem Höhepunkt angelangt war, sprang einer von den »Franzosen« auf den Tisch, schüttelte das lange Haar aus dem weingeröteten Gesicht und schwenkte die weiße Mütze:

      »Jetzt hän mir alles gsunge.


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