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Tage und Nächte in Urwald und Sierra. Kurt FaberЧитать онлайн книгу.

Tage und Nächte in Urwald und Sierra - Kurt Faber


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herabsetzte. Ganz so kurz wie ich mir ihn gedacht hatte, war der Weg denn doch nicht zum Kapitän und Reeder. Eine ganze Weile saß ich stumm auf der Luke, an die man sich fest anklammern mußte, um nicht hinunterzurutschen zur Leeward, über der die schäumende Gischt der Brandung brodelte. Ich schaute auf die Sturzseen, die polternd über die Back hereinbrachen, ich spürte den feinen Wasserstaub, der scharf und salzig in alle Poren drang. Je länger ich da saß, je kälter und frostiger wurde mir zumute. – Nein, es hatte wohl keinen Zweck. Ich ging hinunter zur Koje, holte meinen Seesack und verschwand ohne Abschied. Denn erstens war mir dieser Weg zum Reichtum zu lang und zu riskant, und zweitens hatte ich keine Schwimmhäute. –

      Am hellen Nachmittag kam ich wieder in Callao an. Denselben Weg, den wir kurz zuvor gekommen waren, war ich wieder zurückgegangen, durch die stacheligen Baumwollfelder, durch die hohen Dünen mit ihren grausigen Reliquien, die jetzt am hellen Tage nicht mehr halb so unheimlich aussahen wie zuvor im Mondlicht, aber der Weg schien noch einmal so lang und der lose Sand noch einmal so tief in der Glut des heißen Tages. Endlich war ich wieder in der Stadt und wäre doch lieber wo anders gewesen. Es war keine schöne Gegend, durch die ich kam. Die Häuser waren schmutzig und die Leute nicht weniger. Schlampige Frauenspersonen standen frech an den Straßenecken. Betrunkene Matrosen schwankten schwer über die Gasse. Wo Matrosen verkehren, da ist es immer lebendig, denn immer ist irgendeine Schiffsmannschaft eben abbezahlt oder angemustert und immer muß irgendwo und irgendwie ein Theater aufgeführt werden, um sie zu angeln. Und immer ist da auch das Heer der Schmarotzer, das sich an ihre Rockschöße hängt, doch ganz so schlimm, wie der Laie es sich vorstellt, ist es nicht mit dem ach so dummen und gutmütigen, ewig ausgebeuteten Seemann.

      Nicht einen Schritt mehr wollte ich weitergehen. Ich ging in die erste beste oder schlechteste Wirtschaft und setzte mich in die hinterste und dunkelste Ecke und schaute auf das wilde Leben, das die schrille Stimme eines Phonographen übertönte, ohne etwas anderes zu sehen als ein verworrenes Chaos, das vor meinen Augen flimmerte wie eine Fieberphantasie. Und das war kein Wunder, denn seit meiner Landung auf peruanischem Boden hatte ich kaum mehr geschlafen, und seither hatte ich doch schon allerlei erlebt. Und hungrig war ich auch. Ich fing an zu rechnen. Zu einem ordentlichen Nachtessen reichte es noch und für alles weitere würde wohl der gute, brave, stets hilfsbereite Schutzgeist der Vagabunden sorgen.

      Es war schon lange nach Mitternacht, als der Wirt die Stühle auf den Tisch stellte und ich mich hinausschlich in die frostige Nacht.

      Ach, das Leben ist immer nur ein Rechenexempel! Lange hatte ich es mir überlegt. Sollte ich die Nacht in einem Bett verbringen und morgens keinen Kaffee trinken? Oder sollte ich es nicht lieber umgekehrt machen? Ich entschied mich für letzteres. Ein knurrender Magen ist ein aufdringlicher Begleiter, aber für die müden Glieder findet sich immer noch ein Plätzchen in solch südlichem Lande, wo ohnehin jedermann die Gasse als eine Verlängerung seines Schlafzimmers ansieht.

      Im spärlichen Licht der Laternen fand ich bald einen leeren Packwagen, der einladend auf den Schienen stand. Ich stieg hinein und schlief wie ein Sack bis zum dämmernden Morgen.

      Mit steifen Gliedern machte ich mich auf den Weg nach einer Kaffeestube, deren hell erleuchtete Fenster durch das neblige Halbdunkel schimmerten. Gerade noch fünfzig Centavos hatte ich in der Tasche. Manch einer hat sich schon nach einem Strick umgesehen mit doppelt so viel. Aber das war sicher kein gelernter Wandersmann.

      In dem kleinen Lokale, wo eilige Hafenarbeiter beim letzten Lichte der elektrischen Lampen ihren Imbiß einnahmen, gab ich, wie gesagt, meinen letzten Centavo aus für Kaffee und Kuchen und war nun wirklich neugierig, was weiter werden sollte. Ich klagte mein Leid einem neben mir sitzenden jungen französischen Matrosen, der, wie er mir gleich mitteilte, Francois mit Vornamen hieß. Seinen Familiennamen habe ich nie erfahren und bezweifle auch, ob er gleich den richtigen gefunden hätte, wenn man ihn danach fragte.

      »Et toi un Al–sa–cien!« rief er aus in seinem sonderbaren Gemisch von Französisch und Spanisch. »Und dann kannst du hier keine Stelle finden?«

      »Wie sollte ich denn?« sagte ich trostlos.

      »Ich werde dir gleich den Weg dazu zeigen.«

      Wir gingen nach dem Hafen, bis zum großen Gebäude der Verwaltung, von dessen Dach eine mächtige Trikolore wehte.

      »Voila!« sagte Francois, »da sind wir. Gehe hinauf und frag' nach Monsieur Boursot.«

      Einen Augenblick blieb ich stehen. Ich schaute hinauf zu dem blau-weiß-roten Tuche, das herausfordernd im Winde wehte. Ich dachte daran, daß ich es vor noch nicht allzu langer Zeit auf einer Rheinbrücke flattern sah, und es wurde mir unbehaglich zumute. Ich wandte mich zum Gehen, aber Francois faßte mich bei den Rockschößen.

      »Ho la, la!« rief er entrüstet. »Bist du aber grün! Warte, ich gehe mit, wenn du willst, und mich haben sie doch schon mehr wie dreimal hinausgeworfen.«

      »Wenn ich aber doch kein Franzose bin–«

      »Als ob's darauf ankäme! Franzos, Deutscher, Engländer, Chinese, Cholo – qu'est ce qu´ca m'fiche! – Franzos! nom d'un chien. Wir sind hier alle eine einzige Nation vom leeren Geldbeutel und vom hungrigen Magen, und alle anderen sind unsere Feinde. Oder meinst du, daß deine Landsleute dir etwas geben? Dir nicht, wenn du keinen vollen Geldbeutel hast!«

      Das Argument war einleuchtend. Noch einen Augenblick blieb ich stehen, mit den Händen tief in den leeren Taschen. Dann ging ich schnell die Treppe hinauf.

      In dem großen, sehr anspruchsvoll aufgemachten Privatkontor, wo das Bild des pere de la victoire (Clemenceau)neben dem der Jungfrau von Orleans von den Wänden herabschaute, saßen drei Herren am grünen Tisch. Der eine – ein dicker Mann mit braunem Vollbart – war ein Belgier. Man konnte ihm den Antiboche schon von den Augen ablesen. Der andere war ein kleiner, quecksilberiger Südfranzose, und schließlich saß da noch ein großer, stattlicher Herr mit dem roten Band der Ehrenlegion im Knopfloch. Man brauchte nicht erst zu fragen, um zu wissen, daß er Monsieur le directeur general und französischer Konsul war.

      »Eh bien,« sagte er mit einem ungeduldigen Blick auf die große Wanduhr. Ich gab meinem Herzen einen Stoß und fing an, ihm den Fall auseinanderzusetzen.

      »Parfaitement,« meinte der Belgier, aber Monsieur mit der Ehrenlegion war nicht so schnell zufriedengestellt. Ganz unangenehm wurde er mit seinen Fragen über Stand und Herkommen und über meine wirkliche und vermeintliche Tätigkeit vor, während und nach dem Kriege. Endlich schien er zu einem Entschluß gekommen zu sein. Fragend schaute er die beiden anderen an, und da sie beide zustimmend nickten, war die Sache bald perfekt. So kam ich zu einer Stelle als employe der Großen Nation. Es war nicht gerade eine ruhmreiche Geschichte, aber wer noch nie hungrig und arbeitslos in fremden Straßen gelegen, der sitze darüber zu Gericht. –

      Die Stelle, die ich mir auf solche Weise erschlichen hatte, war recht angenehm. Die Arbeit bestand im wesentlichen im Spazierengehen. Freilich war das Honorar auch dementsprechend. Mit meinen vier Soles pro Tag konnte ich mich gerade über Wasser halten, bis eines Tages meine Aussichten sprunghaft zu steigen begannen wie eine Valutaaktie bei uns zu Hause. Unvermutet wurde ich zum Portier ernannt über das Tor eines großen Hofes im Arsenal, wo ein Neubau aufgeführt wurde. Von allen den vielen Berufen, die ich je ausgeübt habe, ist der eines Portiers derjenige, für den ich mich am wenigsten eignete. Denn erstens, zweitens, und überhaupt – Pünktlichkeit war meine starke Seite nie, und auch sonst fehlen mir – wie ich auch heute noch glaube – verschiedene grundlegende Eigenschaften zum Ritter ohne Furcht und Tadel vor einem Hoftor. Zudem war das Tor eine Illusion. Denn die Mauer war voller Löcher, durch die es aus- und einging wie in einem Taubenschlag. Wenn man einen hinausjagte, kamen drei andere zu einem anderen Loch wieder herein. Schließlich gab ich es auf in Verzweiflung und zog mich grollend zurück in den Schatten meiner Amtsstube. Schwer litt ich unter meiner Machtlosigkeit. Ich kann es nunmehr begreifen, warum Portiers fast immer Menschenfeinde sind. Ich selbst war auf dem besten Wege dazu.


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