Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
hob die Waffe. „Wollen wir’s drauf ankommen lassen?“
Kathy kannte sich auch in Schußwaffen aus.
Der Breitschultrige übertrieb nicht. Ein Geschoß aus dieser Waffe würde sie herumschleudern und ihr keine Zeit mehr lassen, einen tödlichen Stoß anzubringen.
Sie ließ die Spitze des Floretts sinken und trat einen halben Schritt zurück.
Der empfindsame Künstler wich sofort zur Seite, brachte sich erst mal in Sicherheit, ergriff eine der schweren Peitschen und wollte auf die junge Frau einschlagen.
„Stopp, Chef“, sagte Jack scharf, „das Spiel ist aus, die Vorstellung beendet! Ich zieh’ die Kleine erst mal aus dem Verkehr.“
„Wer hat hier zu bestimmen?“ kreischte der Künstler hysterisch auf. „Ich verbitte mir diesen Ton.“
„Halt doch endlich mal die Klappe.“ Jack ließ sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen und nickte Kathy zu. „Komm Puppe, gleich bricht er bestimmt noch in Tränen aus, ich kenn’ das!“
Kathy begriff nicht, was hier gespielt wurde. Wer war nun der Chef?
Wieso erlaubte sich der Breitschultrige diesen Ton? Und warum ließ die empfindsame Seele sich das gefallen?
Sie stellte natürlich keine Fragen und näherte sich Jack, während der Künstler Trost bei Herbert suchte, der endlich zu sich gekommen war und stöhnend den schmerzenden Hals massierte.
„Lister ist nämlich hin“, sagte Jack jetzt zu den beiden anderen Männern. „Eben kam’s durchs Radio. Das dürfte die Lage leicht verändern, oder?“
*
Parkers hochbeiniger Wagen fiel überhaupt nicht auf.
Er stand inmitten anderer parkender Wagen am Straßenrand. Von hier aus war der Zugang zum Leichenschauhaus besonders gut zu kontrollieren. Lady Agatha hatte es sich im Fond des Wagens bequem gemacht und nippte gerade an einem kleinen Kreislaufbeschleuniger, den Parker ihr durch die geöffnete Trennscheibe gereicht hatte.
Sounders und Morrison hielten sich im Leichenschauhaus auf. Sie hatten sich als Angestellte verkleidet und trugen weiße, dienstlich aussehende Kittel. Sie alle warteten auf das Erscheinen des Killers.
Dank Lady Agathas Initiative war die Meldung über den tödlichen Unfall Burt Listers über die Sender gegangen. Diese Nachricht wirkte nicht betont herausfordernd, denn sie war schließlich eine echte Nachricht.
Die Falle war gestellt, geöffnet und wartete darauf, zuschnappen zu können.
„Ich warte auf eine Erklärung, Mr. Parker“, sagte Lady Agatha ungeduldig, als sie Parker den kleinen silbernen Schraubbecher zurückreichte.
„Mylady?“
„Ich habe doch genau gesehen, daß Sie etwas aus Listers Brieftasche hervorgezogen haben. Glauben Sie etwa, ich hätte Knöpfe vor den Augen?“
„Keineswegs, Mylady.“
„Also, bitte! Was haben Sie gefunden?“
„Eine bereits leicht vergilbte Zeitungsannonce, Mylady, in der eine Dame des offensichtlich horizontalen Gewerbes sich als strenge Gouvernante empfiehlt und neuartige Erziehungsmethoden verspricht.“
„Für Scherze, Mr. Parker, bin ich im Moment überhaupt nicht zu haben“, grollte Lady Agatha. „Halt, mir dämmert etwas!“
„Dies, Mylady, ahnte ich, wenn ich es so ausdrücken darf.“
„Eine Annonce für Masochisten, nicht wahr?“
„So läßt sich die bewußte Annonce durchaus deuten, Mylady.“
„Genuß durch Leiden!“ Lady Agatha schüttelte ein wenig irritiert den Kopf. „Nun ja, ich will mich nicht als Richter aufspielen, jedem das Pläsir, das er sich wünscht. Sie glauben, daß Lister Kontakt mit dieser Gouvernante aufgenommen hat?“
„Diese Möglichkeit wäre zu prüfen.“
„Das erklärt seine Fahrten von Bristol nach London.“ Lady Agatha hatte wieder eine Idee und wirkte sehr angeregt. „In meinem Kriminalroman würde solch ein Mann wie Lister seine Neigungen verschleiern und sich hüten, ihnen in Bristol nachzugehen, wo er bekannt ist. Er würde also in eine andere Stadt fahren, wo er sich, unerkannt bewegen könnte.“
„Eine durchaus akzeptable Annahme, Mylady.“
„Die uns aber im Augenblick nicht weiterhelfen wird, Mr. Parker. Wie können wir mit dieser Erkenntnis Kathy helfen?“
„Miß Kathys Entführer könnten mit dieser Gouvernante in enger Verbindung stehen, Mylady.“
„Sehr verwirrend, Mr. Parker.“
„Keineswegs, Mylady, wenn ich mir die Freiheit nehmen darf, Mylady zu widersprechen.“
„Ist die Adresse dieser Gouvernante in der Annonce genau angegeben?“
„Leider nur eine Chiffre, Mylady.“
„Dann wird uns die Annonce überhaupt nicht weiterhelfen, Mr. Parker. Sie haben in mir unnötige Hoffnungen geweckt.“
„Vielleicht könnte sich Mr. Falsom da hilfreich einschalten, Mylady. Die Annonce erschien erfreulicherweise in der Zeitung, für die er als Redakteur arbeitet.“
„Die technischen Einzelheiten interessieren mich nicht, Mr. Parker, aber schaffen Sie diese strenge Gouvernante herbei! Haben wir uns verstanden?“
„Mylady werden mit meiner bescheidenen Wenigkeit zufrieden sein.“
„Wollen wir hier noch weiter herumstehen? Ich hasse Passivität.“
„Sie könnte sich schnell in Aktivität Umschlagen, Mylady. Darf ich Myladys Aufmerksamkeit auf den Daimler lenken, der gerade vor dem Leichenschauhaus hält?“
Er durfte, und Lady Simpson beugte sich etwas vor, um besser sehen zu können.
Ein sehr teuer aussehender Wagen entließ gerade den Fahrer, der respektvoll den hinteren Wagenschlag öffnete. Ein mittelgroßer, schlanker Mann in dunklem Stadtanzug nickte dem Fahrer routiniert zu, ließ sich eine große Aktentasche reichen und verschwand dann zusammen mit ihm im Leichenschauhaus.
„Das sieht ja fast nach einem hohen Regierungsbeamten aus, stellte Agatha Simpson fest.
„Oder nach einer erstklassigen Vorbereitung, Mylady.“
„Sie glauben, Kathys Entführer sind da gerade aufgekreuzt?“ Agathas Stimme belebte sich freudig.
„Würden Mylady das in Myladys Kriminalroman anders beschreiben?“
„Nein, natürlich nicht. Das erhöht die Spannung, vollkommen richtig. Die Killer haben sich verkleidet, aber …“
„Mylady haben Bedenken?“
„So wie diese beiden Männer sahen die Killer nicht aus, das weiß ich mit Sicherheit.“
„Würde dies in Myladys Thriller der Fall sein?“ fragte der Butler.
„Richtig. Mr. Parker.“ Die Detektivin atmete auf. „In meinem Kriminalroman würde man selbstverständlich andere Leute schicken, deren Gesichter man noch nicht kennt.“
Bevor Josuah Parker sich dazu äußern konnte, waren die Andeutungen von Schüssen zu hören, die offensichtlich schallgedämpft waren. Sekunden später erschienen der Fahrer und sein Herr im Eingang des Gebäudes. Sie hatten es sehr eilig, rannten zu dem Daimler, verschwanden in ihm und schossen mit ihm davon.
Parker nahm sofort diskret die Verfolgung auf. Um Sounders und Morrison konnte man sich später immer noch kümmern, zumal sie ja nicht allein im Leichenschauhaus gewesen waren.
*
Jack, der breitschultrige Killer, deutete in den fensterlosen Kellerraum.
„Hier sind Sie erst