Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
riesiger Quader in der Dunkelheit, beleuchtete Fenster waren auf der Straßenseite nicht zu erkennen.
Der Daimler hielt nur ganz kurz vor einem Eisentor, das sich öffnete, den Wagen verschluckte und sich dann wieder schloß. Parker fuhr mit seinem hochbeinigen Monstrum selbstverständlich weiter, bog jedoch in die nächste Querstraße ein, um sich einen Blick auf die Rückseite dieses Bürohauses zu verschaffen.
Auf Anhieb erwies sich das leider als unmöglich.
Der riesige Quader gehörte zu einem quadratischen Häuserblock, dessen Rückseite nicht einzusehen war. Parker fuhr um diesen Häuserblock herum und stellte fest, daß sämtliche Zufahrtstore zum Innenhof fest verschlossen waren. Die Tore waren auf den Innenseiten mit dunkel gestrichenen Eisenblenden versehen.
„Ein an sich recht gutes Viertel“, stellte Lady Simpson fest. „Hier dürften wir es mit großen Im- und Exportfirmen zu tun haben, Mr. Parker.“
„In der Tat, Mylady.“
„Seriöse Firmen, Mr. Parker.“
„Ein relativer Begriff, Mylady, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.“
„Sehr gut geeignet, um dunkle Geschäfte zu tätigen“, stellte die ältere Dame fest. „In meinem Spionageroman wäre solch ein Bürohaus der Sitz von ausländischen Agenten.“
„Eine bessere Tarnung könnte man sich nicht vorstellen, Mylady.“
„Dann werden wir jetzt mal gründlich enttarnen“, bemerkte Lady Simpson unternehmungslustig. „Sie sind hoffentlich in der Lage, eines von den Toren zu öffnen, oder?“
„Ich werde mir Mühe geben, möchte aber nicht versäumen, Mylady auf das Ungesetzliche solch einer Öffnung hinzuweisen.“
„Papperlapapp!“ Mehr sagte sie nicht und wuchtete sich überraschend mühelos aus dem Wagen, bevor Parker Hilfestellung leisten konnte. Mylady vergewisserte sich, daß ihr Pompadour am Handgelenk hing, und marschierte dann los. Sie ging zurück zum Tor, durch das der Daimler in den Innenhof gelangt war. Sie kümmerte sich nicht weiter um ihren Butler und hielt es für selbstverständlich, daß er ihr folgte.
Parker hatte innere Bedenken.
Er kannte die Reaktionen der Lady Simpson, die keine Gelegenheit ungenutzt ließ, sich und ihrer jeweiligen Umgebung Ärger zu verschaffen. Seine Herrin trat mit Vorliebe in jedes erreichbare Fettnäpfchen.
„Das ist es, Mr. Parker, das muß es sein“, stellte Lady Simpson fest, als sie das Portal neben dem Tor erreicht hatten. Sie deutete auf eines der wirklich zahlreichen Firmenschilder, die an den beiden Innenseiten des Portals angebracht waren. Nach Parkers oberflächlicher Schätzung mußten sich in diesem Bürohaus wenigstens zwei Dutzend Firmen befinden, doch Lady Simpson wußte es wieder mal ganz genau. Wahrscheinlich deckte sich diese Firma mit ihrer Romanvorstellung.
Das von Agatha Simpson bezeichnete Firmenschild bezog sich auf einen Im- und Export, unter dem groß der Name „Hongkong“ stand. Dieser exotische Name schien es der resoluten Frau sofort angetan zu haben. Bevor der Butler jedoch antwortete, studierte er noch schnell die Namen der übrigen Firmen. Alle bedeutenden Großstädte der Welt waren anzutreffen, die Mehrzahl dieser Namen bezog sich allerdings auf Fernost.
„Worauf warten Sie eigentlich noch?“ Lady Agatha drehte sich ungeduldig zu ihrem Butler um. „Sie werden doch wohl dieses lächerliche Schloß aufsperren können, oder?“
„Mylady wollen in das Haus eindringen?“
„Was heißt hier eindringen? Öffnen Sie, dann kann ich regulär hineingehen und brauche mir noch nicht mal Gewissensbisse zu machen!“
Parker seufzte innerlich auf, zog sein kleines Spezialbesteck hervor und brauchte nur wenige Sekunden, bis er die Tür aufdrücken konnte. Im Öffnen von Schlössern aller Art hätte er einen berufsmäßigen Einbrecher, zum schamhaften Erröten gebracht und ihn veranlaßt, schleunigst Nachhilfestunden zu nehmen.
„Dritte Etage“ erklärte Lady Simpson, „wollen wir den Lift nehmen?“
„Mylady!“ Parker sah die Detektivin beschwörend an.
„Gut, dann eben nicht, Hauptsache, Sie ermüden unterwegs nicht.“ Sie marschierte los, durchquerte die große Empfangshalle und hielt auf eine der beiden Steintreppen zu, die mit Läufern ausgelegt waren. In der Halle war es zwar recht dunkel, doch das Straßenlicht, das durch die Treppenfenster hereinfiel, reichte vollkommen aus, den richtigen Weg zu finden.
„Hongkong“, sagte Agatha Simpson ziemlich ungeniert laut. „Deutet das nicht auf eine wunderbare fernöstliche Verschwörung hin, Mr. Parker? Spüren Sie es nicht in den Fingerspitzen, daß wir auf der richtigen Spur sind?“
„Fürchten Mylady nicht, vielleicht etwas zu laut zu sein?“
„Unsinn, Mr. Parker!“ Sie ließ sich nicht beeindrucken. „Ich habe ja nichts zu verbergen.“
„Möglicherweise aber jene Herrschaften, denen Mylady einen überraschenden Besuch abstatten wollen.“
„Das ist allerdings ein Gesichtspunkt“, räumte Agatha Simpson gnädig ein, um dann plötzlich jäh anzuhalten und ein lautes, zischendes „Pst!“ zu produzieren. Damit gab sie ausgerechnet ihrem Butler zu verstehen, er möge gefälligst leise sein.
Lady Simpson hatte nämlich eine Entdeckung gemacht.
Sie hatte kurz in den Korridor geschaut und löste bereits freudig den Pompadour von ihrem Handgelenk. Sie war bereit, sich wieder mal in die Schlacht zu stürzen, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste.
Parker schob sich neben Mylady und warf einen kurzen Blick in den langen Korridor der dritten Etage, die sie erreicht hatten. Die Fenster führten offensichtlich auf die Innenseite des großen Gebäudekomplexes. Es gab einige Notlampen, deren Licht gerade ausreichte, um Einzelheiten zu erkennen. Zu diesen Einzelheiten gehörte auch der Mann, der sich schnell, aber sehr vorsichtig an das Treppenhaus heranpirschte. Er schien Myladys Stimme nicht überhört zu haben.
Parker schob sich nachdrücklich vor Mylady, die die Kriegshandlungen sofort einleiten wollte, ja, er drückte seine Herrin geradezu ungeniert zurück. Er Wollte um jeden Preis verhindern, daß sie geradewegs in die Revolvermündung dieses Mannes hineinmarschierte.
Parker verfügte über bessere Waffen!
Schon auf der Treppe hatte er seine Gabelschleuder aktiviert und zusammengesteckt. In der Lederschlaufe befand sich ebenfalls schon eine ansehnliche Stahlkugel von der Größe eines mittleren Kieselsteins. Der Butler strammte die beiden Gummistränge der Zwille und … schickte sein Spezialgeschoß auf die Reise.
Wie von einer unsichtbaren Riesenfaust getroffen sackte der Mann sofort in sich zusammen. Er fand nicht mehr die Zeit, seinen Revolver abzufeuern, er war von der Stahlkugel völlig überrascht worden.
Parker lief in den Gang hinein, barg die Schußwaffe und wartete, bis Lady Simpson ihn erreicht hatte. Dann hielt er auf eine Tür zu, unter der Licht hervorschimmerte.
Er legte Ohr und Kopf gegen die Tür, lauschte ungeniert und hörte eine Männerstimme, die gerade telefonierte. Es war kaum damit zu rechnen, daß der Besitzer dieser Stimme die Tür beobachtete, also bewegte Parker vorsichtig den Türknauf und schaute in den Raum.
Und damit leider auch in die Mündung einer Automatic, die mit einem modernen Schalldämpfer versehen war.
Da die Entfernung zwischen Schalldämpfer und seinem Gesicht nur knapp zehn Zentimeter betrug, verzichtete der Butler darauf, die Tür schnell zurück ins Schloß zu werfen. Er trat also gemessen näher und sah dann einen dritten Mann, der tatsächlich telefonierte.
„Nun?“ wisperte Lady Simpson in gespannter Erwartung. Sie folgte dem Butler auf dem Fuß, hatte jedoch noch nicht bemerkt, daß Parker nicht mehr Herr der Situation war.
„Ich fürchte, Mylady eine herbe Überraschung bereiten zu müssen“, erwiderte der Butler, als Lady Agatha sich nun auch ins Zimmer schob und sich der Automatic