Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
Sie, Kindchen, weiter«, rief sie ihrer Gesellschafterin zu und wollte aussteigen.
Erst jetzt merkte Agatha Simpson zu ihrem Entsetzen, daß Kathy Porter seltsam verrenkt vor dem Sitz lag und sich nicht rührte. Beim Zurücksehen hatte sie wohl für einen Moment ihren sicheren Halt aufgegeben und war von dem Aufprall in dem Drainagegraben überrascht worden.
*
»Sie scheinen einen ausgeprägten Sinn für Dramatik zu haben«, sagte Josuah Parker zu dem großen, kor-pulenten Mann, der hinter den beiden Revolverträgern stand. »Mister Charles Hampton, wie ich vermuten darf?«
Parker übersah souverän die Schußwaffen und lüftete andeutungsweise seine schwarze Melone.
»Sie sind also Parker!« Der Mann mit der hohen Stirnglatze sah den Butler neugierig an. »Stimmt übri-gens, ich bin Hampton.«
Der Vertreter der Unterwelt trug einen weiten Morgenmantel aus Seide und ein Halstuch. Er hielt sich überstraff wie ein pensionierter Major, obwohl er höchstens fünfundvierzig Jahre alt sein konnte.
Die beiden jungen Männer mit den Schußwaffen kamen sich etwas verloren vor. Natürlich hatten sie den im Lift schlafenden Gorilla längst entdeckt und wunderten sich wohl, daß ihr Herr und Meister sie nicht auf diesen Butler hetzte. Mit dem höflichen, zivilen Ton Hamptons wußten sie ganz eindeutig nichts anzufan-gen.
»Holt ihn raus und bringt ihn wieder auf die Beine«, ordnete Hampton an und nickte dann dem Butler zu. »Ich bin gespannt, was Sie von mir wollen.«
Parker folgte dem Gangsterchef in einen Wohnraum, der von einem exzentrischen Innenarchitekten einge-richtet worden sein mußte. Seinen Augen bot sich eine wahre Orgie in Plexiglas und Chrom. Es gab kaum ein Möbelstück, das nicht aus diesen etwas kühl wirkenden Werkstoffen bestand. Für die Sitzpolster hatte man selbstverständlich schwarzes Leder verwendet, die Bilder an den Wänden waren abstrakt.
»Nun, Mister Parker, was kann ich für Sie tun?« erkundigte sich Hampton.
»Ich möchte Ihnen meine Mißbilligung aussprechen«, erwiderte Josuah Parker gemessen. »Mir war bisher nicht bekannt, daß Ihre Aktivitäten sich auch auf das Kidnapping erstrecken.«
»Kidnapping?« Hampton wirkte überrascht.
»Lady Agatha Simpson, für die als Butler zu arbeiten ich die Ehre und das Vergnügen habe, wurde vor einer guten Stunde ganz eindeutig entführt. In diesem Zusammenhang wurde Ihr Name als der des Initiators genannt, wenn ich es so ausdrücken darf.«
»Das ist doch Unsinn!« Hampton überlegte kurz. »Lady Simpson, sagten Sie? Diese Lady Simpson …?«
»Diese Lady Simpson«, bestätigte Parker, der sehr wohl wußte, welchen Klang dieser Name hatte.
»Ich denke, Sie arbeiten für Mister Rander, den Anwalt.«
»Das liegt bereits Monate zurück«, lautete Parkers Antwort. »Ich ließ mich an Lady Simpson quasi auslei-hen. An jene Mylady, die Ihre Leute nun entführt haben.«
»Das ist und bleibt reiner Unsinn, Parker. Ich habe damit nichts zu tun. Wer behauptet denn das?«
»Ein kleiner Straßenjunge, der mir einen Brief der Kidnapper überbrachte und dabei ausdrücklich den Namen Hampton erwähnte.«
»Wenn schon … Nun hören Sie mal gut zu, Mister Parker, wenn ich das Ding inszeniert hätte, würde ich mich hüten, meinen Namen bekannt werden zu lassen.«
»Möglicherweise verfolgen Sie eine Taktik, die meine bescheidene Wenigkeit nicht zu durchschauen ver-mag.«
»Nun stapeln Sie bloß nicht tief, Parker! Ich weiß verdammt genau, wie clever Sie sind. Wenn ich nur wüßte, was Sie wirklich wollen. Sie verfolgen doch einen Trick, oder?«
»Ich möchte betonen, daß mich die tiefe Sorge um Myladys Wohlergehen zu diesem Schritt bewogen hat.«
»Ich glaube Ihnen kein Wort.« Charles Hampton sah den Butler mißtrauisch an. »Wollen Sie mich in die Suche nach den tatsächlichen Kidnappern einspannen?«
»Auf diesen Gedanken, Mister Hampton, wäre ich nie gekommen, wenngleich er einige Reize aufweist.«
»Ich werde den Teufel tun und mich einschalten«, stellte Hampton energisch fest und schüttelte dazu nachdrücklich den Kopf. »Sehen Sie zu, wie Sie Ihre Lady finden, Parker! Ich halte mich da raus.«
»Sie werden verstehen, Mister Hampton, daß ich meinen bescheidenen Weg gehen muß«, antwortete Jo-suah Parker höflich. »Mit anderen Worten, ich werde mich notgedrungen mit Ihnen und Ihren Leuten befas-sen müssen. Für mich sind Sie der Mann, der hinter dieser Entführung steht. Gewisse Komplikationen schei-nen mir daher unausweichlich zu sein.«
»Sie wollen sich mit mir anlegen?« Hampton lachte erstaunlicherweise nicht auf.
»Der Not gehorchend, wie es so treffend heißt.«
»Dann sollen Sie Ihre erste Komplikation haben. Nämlich sofort, Parker! Wenn man mir mit Drohungen kommt, reagiere ich verdammt allergisch. In einer halben Stunde werden Sie hoffentlich begriffen haben, wer Charles Hampton ist.«
Während er noch redete, drückte er auf einen auf dem Arbeitstisch angebrachten Klingelknopf, worauf die beiden jungen Männer auf der Bildfläche erschienen und sich im übertragenen Sinn bereits die Ärmel aufkrempelten. Sie freuten sich augenscheinlich darauf, den Butler ein wenig durch die sprichwörtliche Mangel zu drehen.
*
»Los, raus, alter Drachen!«
Der Albino stand ein paar Schritte vor dem Wagen und nahm drohend seine Schußwaffe hoch. Er meinte Lady Agatha Simpson und war sehr gereizt.
Neben ihm baute sich der ehemalige Boxer auf, dessen Augen nach den beiden Bodenkontakten des Hin-terkopfes immer noch einen verschleierten Eindruck machten.
»Sie Monster«, entrüstete sich die Detektivin und deutete auf Kathy Porter.
»Ist sie …?« Der Albino sprach zwar nicht weiter, doch die Art der Betonung deutete zart an, daß er mit dem Tod der jungen Kathy Porter rechnete.
»Sie ist ohnmächtig«, sagte Lady Agatha, »und Sie sollten schleunigst etwas tun, bevor ich ärgerlich wer-de.«
Der ehemalige Boxer fühlte sich sofort angesprochen. Die feldwebelhafte dunkle Stimme Myladys war ei-ne Tonart, die ihn unmittelbar ansprach. Er hob Kathy Porter auf, die von der Detektivin bereits aus dem Wagen geschafft worden war.
»Reichen Sie mir mal diesen komischen Handbeutel rüber«, verlangte der Albino und deutete auf Myladys Handgelenk. Agatha Simpson sah ein, daß Widerstand oder Sträuben sinnlos war. Es ging ihr darum, daß Kathy Porter geholfen wurde.
Sie nestelte also den Pompadour los und warf ihn dem Albino zu. Der perlenbestickte, kleine Handbeutel sah äußerlich harmlos aus, aber er enthielt immerhin ein veritables Hufeisen.
Und da Lady Simpson ihren Pompadour mit sehr viel Schwung und Nachdruck durch die Luft wandern ließ, wurde der Albino erneut beeindruckt. Er wollte den Pompadour mit der linken Hand auffangen und wurde Bruchteile von Sekunden später leicht groggy geschlagen. Der »Glücksbringer« knallte ihm nicht nur die Hand weg, sondern legte sich auch auf seine Herzspitze.
Keuchend wich der Albino zurück und kämpfte gegen leichte Benommenheit. Dann starrte er mißtrauisch auf den Pompadour, der zu seinen Füßen lag.
»Machen Sie das bloß nicht noch mal«, fuhr er Agatha Simpson gereizt an.
»Wie sollte ich?« gab die Sechzigjährige grollend zurück. »Leider besitze ich nur diesen Pompadour.«
»Was machen wir jetzt, Eddy?« wollte der ehemalige Boxer von dem Albino wissen.
»Trag sie rüber zum Bunker«, befahl Eddy, der Albino, seinem Partner und dirigierte Mylady mit der Schußwaffe in die gewünschte Richtung. Dem Boxer folgend, der Kathy Porter trug, marschierte Agatha Simpson auf stämmigen Beinen los. Sie ärgerte sich,