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Elfenzeit 2: Schattendrache. Verena ThemsenЧитать онлайн книгу.

Elfenzeit 2: Schattendrache - Verena Themsen


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bekamen ebenfalls unauffällig ein paar Früchte zugesteckt mit der geflüsterten Anweisung, sich aufs Zimmer zurückzuziehen. Durch die Fenster des Frühstücksraums konnte man sehen, dass die Regenwolken des Vortags zum Großteil vom Wind davongetrieben worden waren, und als die Elfen später auf die Straße traten, spiegelten sich die Strahlen der Morgensonne in den verbliebenen Pfützen und tauchten das Städtchen in ein angenehmes goldgelbes Licht.

      »Es ist schön hier, wenn es nicht gerade regnet«, sagte Rian, während ihr Blick an einer stuckverzierten Hausfront ein Stück weit die Straße hinunter hängenblieb. Die Verzierungen zeigten ineinander verschlungene Blumenranken und Blüten, die in Rian erneut die Erinnerung an ihr Heimweh vom Vortag weckten.

      »Wie du meinst«, meinte David. »Aber das hilft uns nicht weiter. Wo ist dieser Stadtplan?«

      Rian zog den Plan aus ihrer Tasche und entfaltete ihn. Gemeinsam mit ihrem Bruder enträtselte sie die Einträge darauf, bis sie schließlich einigermaßen einig waren, welchen Weg sie wählen mussten. Rian steckte den Plan wieder weg und eine zweistündige Odyssee durch die Straßen von Worms begann.

      Als sie schließlich zum fünften Mal auf den alles überragenden gotischen Dom zuhielten, um sich von dort aus neu zu orientieren, fanden sie sich unvermittelt an einer Kreuzung wieder, auf deren anderer Seite neben einer zurzeit geschlossenen Eisdiele einige Marktstände und -wagen aufgebaut waren. Erfreut stopfte sich Rian einen von den Nougattrüffeln in den Mund, die sie umgehend erworben hatte, und zeigte auf die Kirche, die sich darüber erhob.

      »Das muss diese Heilig-Geist-Kirche sein«, rief sie. »Dahinter ist es!«

      »Wenn du nicht an jedem Laden mit Süßigkeiten oder Glitzerzeug angehalten hättest, könnten wir schon längst da sein«, bemerkte David lakonisch. »Also gehen wir.«

      Sie warteten nicht bis zur nächsten Grünphase, sondern eilten schnell über die ohnehin leere Straße. Die Aufregung ließ Rian wie ein junges Reh weiterrennen, zwischen den wenigen Marktbesuchern hindurch und zur Ecke der Kirche. Dort erhob sich ein zweistöckiger Brunnen, auf dessen Spitze ein steinerner Krieger sein Schwert in einen schlangenartigen Drachen trieb. Erstaunt blieb sie stehen und starrte hinauf, bis sie Davids Schritte neben sich hörte.

      »Schau mal!«, rief sie aus und wandte sich ihm zu. »Glaubst du, dieser Siegfried hat tatsächlich einen der Drachen getötet?«

      »Ist mir einerlei«, antwortete David gereizt. »Aber da drüben ist das große I für Information, und da gehe ich jetzt hin!«

      »Oh.« Rian warf einen letzten Blick auf die Statue, ehe sie David folgte. Als Grog keuchend zu ihr aufschloss, Pirx hinter sich im Schlepptau herziehend, sah sie zu ihm hinunter und lächelte. »Sag mal, Grog, hast du welche von den alten Drachen gekannt?«

      »Uff«, antwortete der Kobold und versuchte, wieder zu Atem zu kommen, während er neben ihr in einen gleichmäßigen Trott fiel, um ihren langen Schritten zu folgen. »Schon. Ich habe den einen oder anderen von ihnen getroffen. Ist aber eine ganze Weile her. Ich schätze, die sind noch seltener geworden als die Riesen.« Grog blinzelte leicht, und Rian musste schlucken, als sie an ihren Vater dachte.

      In diesem Moment erklang vor ihr die leise Glocke der Eingangstür zur Touristeninformation, und Rian beeilte sich, die Tür für Grog und Pirx aufzuhalten, ehe sie selbst eintrat. Eine Viertelstunde später kamen sie wieder heraus, um einige Karten und Broschüren zu Worms, dem Nibelungenlied und der Siegfriedstraße reicher.

      Rian seufzte. »Das ist zwar nett, und sie waren hilfsbereit, aber zu den Siegfriedsbrunnen wissen wir auch nicht viel mehr als vorher.«

      »Scheint kein so beliebtes Touristenthema zu sein – was für uns nur gut sein kann«, meinte David. »Sie sagten etwas von einem Nibelungenmuseum. Lass uns auf deiner Karte schauen, wo das ist, vielleicht weiß dort jemand mehr.«

      Rian nickte, schob mit bedauerndem Blick die letzte Praline in den Mund und warf die Schachtel in den Abfalleimer. Sie kramte in ihrer Tasche zwischen den Tütchen mit Modeschmuck und Süßigkeiten, die sich unterwegs darin angesammelt hatten, bis sie den Plan gefunden hatte. David war derweil ein Stück weiter zu einer großen Tafel gegangen und winkte sie zu sich. Es stellte sich heraus, dass die Tafel eine Karte von Worms war. Seufzend ließ Rian ihren Stadtplan wieder in der Tasche verschwinden.

      Gründlich studierten sie gemeinsam den Plan.

      »Sieht doch einfach aus«, meinte Rian. »Hier die Straße runter, und dann links, und dann wieder rechts. Also … da lang.« Sie zeigte in Richtung der Fußgängerzone, aus der sie zuvor gekommen waren.

      »Da lang«, brummte Grog und zeigte die Straße hinunter, an der sie standen.

      David kniff die Augen zusammen, musterte ein nahes Straßenschild, schaute hinauf zum Dom, dessen massige Türme auch von diesem Platz aus sichtbar waren, sah wieder auf die Karte und zuckte die Achseln. »Grog hat Recht«, stellte er fest. Er wandte sich um, um der Straße in der vom Dom wegführenden Richtung zu folgen, einen »Hab ich doch gesagt!« brummelnden Grogoch und einen auf dem Kantstein balancierenden Pirx im Schlepptau. Rian warf einen kurzen sehnsüchtigen Blick in Richtung der Fußgängerzone mit all den netten Läden, ehe sie sich ebenfalls der Gruppe anschloss.

      Ein gutes Stück weiter fanden sie ein Schild, das nach links zeigte. Die nächste Abzweigung verpassten sie, da dort kein Schild mehr stand, bogen dafür eine Straße später ab und standen tatsächlich wenig später vor dem Nibelungenmuseum.

      Es wirkte auf Rian, als habe jemand sieben riesige ovale Weinfässer der Länge nach halbiert, die Wände außen mit Blech verkleidet, die Deckel durch Glas ersetzt, und die Rückseiten gegen die an dieser Stelle gut erhaltenen Reste der Wormser Stadtmauer geschoben. Zwischen der vierten und der fünften Fasshälfte stand außerdem ein quadratischer Blechturm mit spitzem Dach. Das mittlere Fass war der Eingang. Was Rian im Vorbeigehen durch die verglasten Außenwände der drei Fässer links daneben gesehen hatte, deutete darauf hin, dass dort eine Ausstellung oder ein Laden war.

      Rian stieg die Stufen zum Eingangsfass hoch und trat ein, gefolgt von den Kobolden und David. Vom Eingangsbereich aus kamen sie an einigen Garderobenständern vorbei in einen breiten Quergang, der innerhalb der Stadtmauer lag. Nun verstand Rian die Form der modernen Anbauten: Die Mauer musste an dieser Stelle einen Bogengang beherbergt haben, und in die Bögen dieses Gangs hatten die Erbauer die Räume eingepasst. Vielleicht war sogar in früheren Zeiten jeder dieser Bögen ein eigener Raum gewesen, und der Quergang war erst nachträglich erschaffen worden.

      Rian blieb unschlüssig stehen und sah in beide Richtungen des Quergangs. Links sah man einen Bereich, der als Verkaufsraum diente. In einer Vitrine lagen nachgearbeitete historische Fundstücke, Bücher und Broschüren aus, und allerlei andere Souvenirs waren dazwischen verteilt. Rechts sowie über eine geradeaus befindliche Wendeltreppe schien es in verschiedene Teile des eigentlichen Museums zu gehen.

      Während Rian noch zögerte, steuerte David direkt auf einen links im nächsten »Fass« aufgestellten Tresen zu, hinter dem eine junge Frau mit schulterlangem schwarzem Haar saß und etwas sortierte. Rian gab den Kobolden Zeichen, im Eingangsbereich zurückzubleiben.

      Als David sich mit verschränkten Armen auf den Tresen lehnte, sah die Frau dahinter auf und schob eine störende Haarsträhne hinter ihr Ohr, ehe sie zu lächeln begann. Ihre leicht mandelförmigen Augen leuchteten dabei in einer Weise auf, die Rian verriet, dass ihr Bruder sie bereits für sich eingenommen hatte, ehe er auch nur ein Wort gesagt hatte.

      Die Elfe empfand etwas zwischen Amüsiertheit und Mitleid für die Menschenfrau. Sie war hübsch und könnte seine nächste Eroberung werden. Unter Elfen war so etwas üblich, doch Menschenfrauen schienen damit oft Probleme zu haben, was ihr Leben in Rians Augen unnötig kompliziert machte.

      Die Elfe seufzte leise und nahm von einem Tischchen einen kleinen bunten Stoffdrachen auf, der mit Sand gefüllt war, um damit herumzuspielen, während sie ihren Bruder und die Frau am Tresen beobachtete.

      »Wir sind auf der Suche nach dem echten Siegfriedsbrunnen«, sagte David. »Können Sie uns sagen, wo wir ihn finden?«

      Die Frau lachte


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