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Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.

Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King - Andreas Suchanek


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Mrs. Snyder hatte sich wieder einigermaßen in den Griff bekommen. Er blickte sich kurz um und sah das Telefon. Es war einer dieser auf nostalgisch gemachten Apparate mit Wählscheibe und Kabel. Lustig. Mason nahm den Hörer in die Hand. Wie war noch gleich die Adresse dieses Schuppens? Er hätte besser aufpassen sollen, statt zu überlegen, wie die Leute hier auf ihn reagieren würden. Während er nachdachte, fiel sein Blick auf die Glasvitrine, vor der er vorhin mit Danielle gestanden hatte. Er betrachtete noch einmal voller Sehnsucht die Sportpokale und wählte die Vermittlung.

      »Vermittlung, was kann ich für Sie tun?«

      »Äh, Hi. Ich bin …« Und dann sah er etwas anderes, das ihm vorhin gar nicht aufgefallen war. »Hat sich erledigt, danke.« Er legte den Hörer zurück auf die Gabel und lief zur Vitrine. In der hinteren Reihe, leicht verdeckt von einem Foto und einem goldenen Pokal über einen gewonnenen Cup, lag eine Filmdose. War die schon vorhin da gewesen?

      Mason blickte sich kurz um, ob ihn jemand beobachtete. Die Türsteher scherten sich nicht um ihn und starrten nach draußen, und von den anderen Gästen war ebenfalls nichts zu sehen. Er öffnete die Vitrine und zog die Filmdose heraus. »September bis Oktober 1984.« Fast hätte er sie wieder fallen lassen. »Das gibt’s ja nicht.« Rasch schob er die Dose unter sein Hemd, schloss die Vitrine und rannte hinaus in den Regen.

      *

      »Autsch«, sagte Randy und drückte den Eisbeutel auf die Nase. Zum Glück war nichts gebrochen und die Blutung hatte rasch aufgehört. Hoffentlich gab es keine Schwellung, sonst hätte er einiges an Erklärungsbedarf, wenn seine Tante am Wochenende von ihrer Schulung zurückkam.

      Die beiden Jungen, die sich mit Luka und Dorian vorgestellt hatten, hatten Olivia und Randy durch ein kleines Wäldchen geführt. Es war ziemlich gruselig gewesen, zwei Fremden durch die Dunkelheit zu folgen, doch warum sollten sie sie erst retten, um ihnen dann etwas anzutun? Randy hatte die ganze Zeit über Olivia nicht aus den Augen gelassen. Sie folgte ihm, die Kameratasche fest an ihren Oberkörper gepresst. Er hatte das Klirren vorhin gehört. Vermutlich war einiges zu Bruch gegangen. Objektive waren empfindlich.

      Schließlich gelangten sie mit ihren beiden Rettern an eine kleine Wohnwagensiedlung. Diese war mit Maschendraht eingezäunt. Es gab einen Eingang, an dem ein junger Mann, vermutlich um die zwanzig, Wache hielt. Dorian sprach mit dem Wachposten und deutete dabei immer auf Olivia und Randy. Schließlich ließ er sie passieren. Randy und Olivia folgten den beiden Jungs durch die Wohnwagen. In einigen brannte noch Licht, aus einem der Fenster linste eine ältere Frau, und irgendwo in der Dunkelheit bellte ein Hund.

      Dorian und Luka führten sie zu einem dunkelblauen Wohnwagen, bei dem bereits die Farbe abblätterte. Dorian öffnete, schaltete das Licht an und ging zum Eisschrank, während der jüngere der beiden, Luka, sich sofort daran machte, Tee zu kochen.

      Jetzt saß Randy da, das Eis auf die pochende Nase gedrückt und hoffte, dass der Schmerz bald nachlassen würde.

      Luka reichte Olivia eine dampfende Tasse Tee. Sie nahm sie dankend an und setzte sich auf einen Holzstuhl an der gegenüberliegenden Wand. Die Kameratasche stellte sie daneben ab.

      »Hast du mal reingeschaut?«, erkundigte Randy sich.

      Sie nickte. »Die Kamera ist hin, genau wie das Objektiv.«

      »Das tut mir leid, Olivia. Ehrlich.«

      »Tja, und mir erst. Die ganze Aktion umsonst.« Sie fuhr sich durchs Gesicht und sagte noch etwas wie: »Miete zurückzahlen … wir landen alle auf der Straße …«, aber so genau konnte Randy es nicht verstehen.

      »Ich könnte mir die Kamera mal ansehen. Vielleicht kann ich sie reparieren.«

      Olivia blickte zu ihm hinüber. Ihre Schultern waren eingefallen, ihre Augen, die normalerweise wach und aufmerksam wirkten, waren glanzlos und trübe. »Selbst wenn du das schaffst, die Speicherkarte ist total nass geworden. Die Bilder von heute Abend sind sicherlich futsch, genau wie das Objektiv, das ich …« Olivia biss auf ihre Lippen und drehte den Kopf weg. Sie wischte sich rasch über die Augen, als wollte sie unter allen Umständen vermeiden, vor Randy zu heulen. »Das ist eine Katastrophe«, flüsterte sie.

      »Hier«, sagte Luka und trat zwischen Randy und Olivia. Er lächelte Randy an und hielt ein Fläschchen in der Hand. »Das sind Bachblüten. Damit wirst du keine Schwellung bekommen.«

      Randy zog die Augenbrauen hoch. Bachblüten. Na klar. »Du weißt aber schon, dass der Wirkstoff darin so stark verdünnt wird, dass er gar nicht helfen kann? Das ist ungefähr genauso, wie wenn ich Hustensaft in einen See kippe und dann einige Schlucke daraus trinke.«

      Luka grinste. Ein Eckzahn hing auf Halbmast und würde sich bestimmt demnächst verabschieden, die beiden vorderen fehlten bereits und die neuen schoben nach. »Wenn sie angeblich nicht wirken, können sie nicht schaden. Nimm.«

      Randy rollte die Augen. Er hielt nichts von dem ganzen homöopathischen Krimskrams, aber er wollte auch nicht unhöflich sein. Er nahm das Fläschchen von Luka und drehte es auf. Im Deckel war eine Pipette angebracht.

      »Einfach auf die Zunge träufeln«, sagte Luka zufrieden. »Fünf Tropfen.«

      »In Ordnung.«

      Olivia trank einen weiteren Schluck Tee. »Der ist sehr lecker, was ist da drin?«

      »Melisse, Baldrianwurzeln, Lavendelblüten, Kamille, Hopfen, Ringelblumenblüten, Schafgarbenkraut, Anis, Kümmel, Rosmarinblätter«, sagte Dorian und lächelte. »Und noch einige Spezialkräuter meiner Tante Albertha. Es beruhigt die Nerven.«

      Olivia sah in die Tasse und nickte. »Danke.«

      »Ja, danke«, sagte auch Randy. »Für die Rettung und so.«

      »Gern geschehen«, sagte Dorian und setzte sich auf den Holztisch. Es knarzte und Randy rechnete schon damit, dass der altersschwache Tisch zusammenbrechen würde, doch er hielt. »Die Jungs kommen schon den dritten Abend her, um sich auf dem Parkplatz zu treffen. Es war Zeit, ihnen zu zeigen, dass sie sich ein anderes Territorium suchen müssen. Der Rummel ist unser Gebiet.«

      »Der ältere von denen ist ganz rot angelaufen, haste das gesehen?«, fragte Luka. »Hab ihn voll auf die Zwölf getroffen.« Er nahm seine Steinschleuder aus der Hosentasche, spannte sie und schoss einen imaginären Stein. »Zack! Der saß.«

      Die Steinschleuder war offenbar eine Eigenkonstruktion, denn so etwas hatte Randy noch nie gesehen. Sie hatte einen mechanischen Auslöser wie bei einer Armbrust und war größer als das, was sie als Kinder aus Ästen und Einmachgummis zusammengebastelt hatten. Vermutlich hatten die Geschosse deshalb so eine Durchschlagskraft gehabt.

      Dorian lachte und wuschelte dem Kleinen durch die Haare. »Ja, hast du gut gemacht. Vielleicht reicht es, um sie fernzuhalten.«

      »Wenn nicht, beschießen wir sie morgen wieder. Wir könnten Kuhdung von Rosaline in Kugeln formen und damit schießen.« Luka spannte wieder seine Steinschleuder und ballerte weiter imaginäre Kugeln durch die Luft.

      »Ich wusste gar nicht, dass hier überhaupt jemand wohnt«, sagte Randy.

      »Und es wäre schön, wenn ihr das für euch behaltet«, sagte Dorian und sah Randy fest in die Augen. »Wir wollen hier keine Fremden. Ich werde schon erklären müssen, warum wir euch hierher mitbrachten.«

      »Das hättet ihr nicht gemusst, aber danke«, sagte Randy. »Von uns erfährt niemand etwas.«

      »Was macht denn die Nase?«, fragte Dorian.

      Randy betastete die Stelle, auf die er den Schlag erhalten hatte. »Erstaunlich gut. Tut gar nicht mehr weh.«

      »Siehste«, sagte Luka und grinste breit. »Hab doch gesagt, dass die Bachblüten helfen.«

      »Wenn ihr euch soweit wieder fit fühlt, werden wir euch zurück zu eurem Auto begleiten«, sagte Dorian und sah zum Fenster. »Es sieht nach Regen aus, bald wird


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