Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.
bei Lilo Benedikt und von ihrem Wunschtraum, als Malerin Erfolg zu haben.
»Mein Patenonkel hat eine Galerie. Wenn dir das etwas hilft, dann rede ich mal mit ihm«, schlug Markus vor.
»O nein, bitte nicht. Ich klappere sowieso die Galerien ab. Ich will keine Protektion. Ich will es von selber schaffen, weißt du.«
Markus nickte verständnisvoll. »Onkel Theo würde deine Bilder allerdings nur ausstellen, wenn er auch davon überzeugt wäre, das kannst du mir glauben«, warf er ein, aber Verena schüttelte vehement den Kopf.
»Ich schaffe es auch so. Ich hoffe nur, ich bleibe nicht mein Leben lang Gesellschafterin. Lilo ist zwar wunderbar, aber ich will endlich selbst etwas auf die Beine stellen«, sagte sie schließlich. »Wenn ich etwas nicht leiden kann, dann sind das diese verwöhnten jungen Leute, die nur vom Namen ihrer Eltern leben. Ich glaube«, sagte sie schließlich ungewöhnlich heftig, »solche Menschen sind mir die verhasstesten von allen.«
Markus schwieg betreten. Erschrocken sagte Verena deshalb: »Oh, ich hoffe, dass ich dich jetzt nicht beleidigt habe. Bist du etwa auch so ein reicher Angeber?«
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte Markus heiser.
»Nun, als ihr so dahergaloppiert seid, habt ihr ausgesehen, wie ein arrogantes Jetset-Grüppchen.«
»Keine Angst.« Markus lachte ein wenig zu laut. »Ich bin nur ein gewöhnlicher Tischler.«
»Ein Tischler? Das ist doch phantastisch!«, rief Verena begeistert. Dann sah sie auf seine Hand, die, mit ihren Fingern verschlungen, auf dem warmen, von der Sonne gewärmten Holz der Parkbank ruhte. »Schwielen hast du aber keine«, sagte sie keck, und dann wurde sie rot. Normalerweise war sie viel zurückhaltender.
Markus hob seine Hand und schaute Verena durch das Gitter der gespreizten Finger in die Augen. »Ich bin wohl ein Glückspilz! Was hast du morgen vor?«, fragte er plötzlich. »Soll ich dir ein typisches Wiener Kaffeehaus zeigen?«
»Das wäre nett!« Sie kramten beide ihre Handys hervor, um die Nummern auszutauschen und die Einzelheiten zu fixieren. In diesem Augenblick ließ sie lautes Motorengedröhn zusammenfahren. Auch Herr Franz, der zu ihren Füßen vor sich hin gedöst hatte, hüpfte in die Höhe und kläffte erschrocken. Mit quietschenden Reifen kam genau neben ihnen ein schwarzer Porsche zum Halten. Lautlos glitt das Fenster auf der Fahrerseite hinunter, und das lachende Gesicht der dunkelhaarigen Reiterin tauchte auf. Ohne Helm war sie noch viel schöner, stellte Verena verärgert fest.
»He, Markus, steigst du ein, oder willst du hier Wurzeln schlagen? Wir haben noch ein Business-Meeting!«, rief die Frau ohne Verena eines Blickes zu würdigen.
»Ich – ich«, stammelte er, dann wandte er sich an Verena. »Tatsache ist«, sagte er bedauernd, »dass ich jetzt leider wirklich los muss.« Rasch tippte er Verenas Telefonnummer in sein Handy, dann beugte er sich zu Herrn Franz hinunter und streichelte ihm kurz übers Fell. »Dass das nicht wieder vorkommt, Sie Ausreißer!«, sagte er und sprang in den Wagen, der mit quietschenden Reifen davonfuhr.
*
Cool zu sein, würde bedeuten, nicht alle zehn Minuten auf das Handy zu sehen. Aber leider, leider … Verena war alles andere als cool. Im Gegenteil. Sie hatte das Handy extra aufgeladen und nahm es sogar mit aufs Klo. Lilo schaute eine Weile lang zu, dann fragte sie rundheraus, was denn eigentlich los war. Also erzählte Verena ihre Geschichte. Natürlich in leicht abgewandelter Version, die Flucht von Herrn Franz und die anschließende Suche sparte sie sicherheitshalber aus. Sie erzählte nur, dass sie einen netten jungen Mann kennen gelernt und ihm ihre Telefonnummer gegeben hätte.
»Und jetzt benehme ich mich wie eine Zwölfjährige«, klagte sie der alten Freundin ihr Leid. »Es ist einfach alles schon viel zu lange her …«
»Papperlapapp«, gab Lilo zurück. »Was sollte denn da ich sagen, falls es bei mir noch einmal klappt?«
Ja, darauf hatte Verena auch keine Antwort. Schweigend legte sie eine Schicht Extrawurst auf ihr Schwarzbrot – eine Kombination, nach der sie in den letzten Tagen beinahe süchtig geworden war.
Heute war der erste richtig laue Vorsommer-Abend, und die beiden Frauen nahmen ihr schlichtes Abendessen auf der Terrasse hinter dem Haus ein. Hier war es ruhig und beschaulich, und als Vorboten des nahen Sommers waren bereits die ersten Grillen zu hören. Morgen werde ich mich ein wenig um den Garten kümmern, beschloss Verena im Stillen. Sonst habe ich ja nichts zu tun. Tatsächlich hatte sie in den letzten Tagen ihre Staffelei vernachlässigt. Lilo hatte sie darauf angesprochen und dann zu Geduld geraten. »Die meiste Geduld muss man immer sich selbst gegenüber aufbringen«, war ihr weiser Kommentar zu Verenas ›Schaffenskrise‹. So hatte sich Verena viel Zeit für Lilos ›Schatzkammer‹ genommen, sie hatte auch viel Zeit in der Küche verbracht und sich von Anna in die Geheimnisse der Wiener Kochkunst einweihen lassen.
Inzwischen war ein feiner Abendwind aufgekommen, und Verena fröstelte.
»Hast du Lust auf einen Fernsehabend?«, fragte Lilo nun. »Es kommt ein alter Agatha Christie-Film.«
Verena schüttelte den Kopf. »Ein andermal. Ich bin total müde.« Sie stand auf und nahm ihre Strickweste, die sie in der warmen Abendluft abgelegt hatte. »Ich geh dann mal!«
Kurz nur zeigte Lilo, dass sie enttäuscht war, dann lächelte sie auch schon wieder. »Ist gut, Schatzerl, schlaf dich aus.«
Während sie die Treppe in ihr Mansardenzimmer hinaufkletterte, überkam Verena das schlechte Gewissen. Ob sie nicht doch lieber umkehren und der alten Dame Gesellschaft leisten sollte? Sie war doch so allein! Aber die Müdigkeit war mehr gewesen als eine Ausrede. Tatsächlich hatte sie dieser Tage die Suche nach Herrn Franz und alle damit verbundenen Aufregungen wirklich ziemlich erschöpft, das merkte Verena jetzt. Sogar die paar Stufen strengten sie an. Verena gähnte und holte ihren Kosmetikmantel. Nur noch Zähneputzen, schlafen und diesen unsäglichen Tag vergessen!
Im Traum jagte Verena dann einer Pferdeversion von Herrn Franz hinterdrein. Immer wenn sie ihn schon beinahe gepackt hatte, wandte der Mops seinen Kopf und lachte. Es klang wie ein nerviges Handy, das nicht aufhören wollte zu läuten.
Es dauerte eine ganze Weile, bis sich Verenas Bewusstsein so weit aus dem Traum herausgearbeitet hatte, dass sie merkte, dass es tatsächlich ihr Handy war, was da nervtötend und ununterbrochen läutete. Sie tastete auf den Nachttisch herum und drückte den Knopf.
»Hallo?«, murmelte sie schlaftrunken.
»Hier ist Markus. Störe ich dich beim Malen?«
»Nein – äh – passt schon. Wie war deine Besprechung?«
»Ganz okay. Ich wäre aber lieber im Prater geblieben. Es war so nett.«
»Ja, der Frühling macht sich heuer gut!«
»Ich spreche vor allem von dir. Ich wäre gern bei dir geblieben«, sagte er leise.
»Oh. Ja. unser kleines Picknick war schön …«
»Was machst du gerade?«
»Nichts Besonderes.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, hakte er nach.»Ach. Ich weiß nicht«, wich Verena aus.
»Doch! Sag. Bitte.«
»Echt? Okay: ich habe geschlafen«, gestand sie.
»Was? Um neun Uhr abends? Zwingt dich die alte Schachtel, mit ihr den Tag zu beschließen?«
»Nein. Und Lilo ist keine alte Schachtel«, wies Verena ihn zurecht.
»Tschuldigung. Ich dachte nur, ich kann dich vielleicht noch zu einem Spaziergang überreden.«
»Oh, ich fürchte, das pack’ ich heute nicht mehr. Ich bin wirklich hundemüde. Sonst wäre ich ja nicht im Bett.«
»Was hast du denn an?«, fragte Markus mit einem Schnurren in der Stimme.
»Was willst du hören?« Verena hielt kurz den Atem an, dann kicherte sie.
»Nichts«,