Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.
lachte. »Ja, so sind die jungen Leute. Immer überschwänglich. Egal, ob sie glücklich verliebt sind oder unglücklich. Nicht wahr, Verena?«
Statt einer Antwort bekam Verena einen knallroten Kopf. Der alte Mann verstand aber auch so. Unwirsch schüttelte er den Kopf. »So, so. Sie haben also Liebeskummer? Welcher Dolm hat denn das verbrochen?«
Verena musste über den seltsamen Ausdruck beinahe lachen. Trotzig deutete sie mit dem Kopf zu dem alten Schreibtisch der zwischen den Fensterflügeln stand. »Der Hoflieferant«, sagte sie und fuhr mit dem Finger über das versilberte B.
Theo Swoboda sagte gar nichts. Es fiel ihm schwer, sein Gespräch mit Lilo abzubrechen.
Aber schließlich war er gekommen, um Verenas Bilder anzusehen. Mühsam erhob er sich und hinkte hinter der jungen Frau die Treppe zur Mansarde hinauf. Dort sah er sich in dem kleinen Zimmer um und blätterte in den Aquarellen, dann stellte er die Bilder, eines nach dem anderen, auf die Staffelei ins Licht und stand dann regungslos davor.
»Nicht schlecht«, sagte er schließlich, und Verena hielt vor Aufregung den Atem an. Nicht schlecht – so viel wusste Verena nun schon von den Wienern, dass diese Verneinung des Negativen das höchste Lob war, das höchste Lob war, das man erwarten konnte. Entsprechend erfreut lächelte sie den Herrn offen an.
»Das Ölbild ist mit Abstand das beste Ihrer Bilder. Wenn Sie es schaffen, bis Juli noch ein paar von der Sorte zu malen, dann sind wir im Geschäft. Vernissage am 7. Juli?« Er streckte Verena seine offene Hand entgegen, und sie schlug überwältigt ein. Ihr Schnaufer der Erleichterung war unüberhörbar.
Der Galerist lachte. »Ist schon komisch, dass ich noch eine so bezaubernde junge Frau nervös machen kann.«
Da musste auch Verena lachen. »Darf ich Sie jetzt auf einen Kaffee in den Salon bitten? Frau Benedikt wartet sicherlich schon auf uns.«
»Sehen Sie, Kindchen, und jetzt bin ich es, der vor Aufregung ins Schwitzen kommt! Sie wissen aber schon, Mädchen, dass Sie sehr begabt sind?«
Verena lächelte scheu. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, das weiß ich nicht. Aber ich will nichts anderes, als malen. Es ist mir das Wichtigste auf der Welt. Oder fast das Wichtigste.«
»Ja, ja. Die Liebe. Sie sollte immer an erster Stelle stehen, glauben Sie mir, mein Fräulein!«, sagte der alte Mann leise und sah auf einmal gar nicht mehr griesgrämig drein.
Eigentlich hatte er nur kurz vorbeischauen wollen. Doch bald saß Theo Swoboda wieder im Salon von Lilo Benedikt, trank Kaffee und strich dem dicken Mops über das Fell. Verena hockte auf der Ottomane und kam sich so überflüssig vor wie eine dieser ältlichen Gesellschaftsdamen, die vor hundert Jahren die jungen Leute überwachten, damit diese nicht übereinander herfielen.
»Kommen Sie, Herr Franz. Gassi!«, sagte sie schließlich, stand auf und klopfte mit der flachen Hand auffordernd gegen ihren Oberschenkel. Sowohl Lilo als auch der alte Galerist warfen ihr einen verzweifelt-hilfesuchenden Blick zu, als sie mit dem Mops nach draußen rauschte, aber sie hatte kein Mitleid.
*
»Wenn es noch stärker regnet, müssen wir die Pferde in den Stall bringen.« Komtess Gabriela warf einen prüfenden Blick zum Himmel hinauf, der heute mit schweren grauen Wolken bedeckt war.
»Ach, ein bisschen Wasser schadet nicht!« Sonja streckte entspannt ihre langen Beine in den teuren Reitstiefeln aus.
Die beiden jungen Frauen hatten auf einer hölzernen Bank neben der Koppel Platz genommen und beobachteten ihre Pferde, die fröhlich herumtollten.
»Sieh dir die beiden an!« Gabriela deutete zur Koppel hin. »Die können gar nicht genug kriegen!«
»Ja, Penelope ist sehr glücklich hier. Und ich wäre am liebsten jeden Tag mit ihr unterwegs.«
»Was hindert dich daran?«, fragte Gabriela.
»Ich weiß nicht. Vielleicht das Erwachsenwerden?« Gedankenverloren löste Sonja einen ihrer blonden Zöpfe, strich mit den Fingern durch die Wellen und flocht die Haare neu.
»Ach komm, Sonja! Jetzt tu doch nicht so! Vieles wird doch auch leichter, wenn man älter wird. Du kannst endlich machen, was du willst. Wenn du erst einmal mit Markus verheiratet bist, liegt dir die Welt zu Füßen.«
»Ach, ich weiß nicht recht. Eigentlich will ich noch gar nicht ans Heiraten denken. Ich fühle mich noch viel zu jung. Ich habe noch keinen Beruf!«
Die Komtess schüttelte unwirsch den Kopf. »Wenn du einen Beruf wolltest, dann hättest du dafür längst Gelegenheit gehabt. Du hast dich für die Schauspielschule entschieden, das ist nun mal kein Beruf. Aber du hast es auch nicht nötig! Du hast reiche Eltern und wirst ein wunderbares Leben führen. Wenn du Lust hast, kannst du in der Firma jeden Posten übernehmen. Du kannst machen, was du willst. Aber wie ich dich kenne, wirst du bald Kinder haben und eine wunderbare Mutter sein. Du wirst dich um die Schulen kümmern, Kinderfeste ausrichten, dich sozial engagieren. Um dieses Leben wird dich jede andere Frau beneiden.«
Sonja senkte den Kopf. »Ich weiß nicht, Gabriela! Früher einmal hab ich mir das so vorgestellt und mir nichts Anderes gewünscht. Aber heute bin ich mir nicht mehr sicher. Das kann doch nicht alles sein!«
»Kriegst du etwa kalte Füße?« Gabriela lachte kurz und schrill auf. Dann legte sie ihrer Freundin die Hand auf die Schulter. »Mach dir keine Sorgen, Sonja. Das ist doch ganz normal. Ich glaube, jede Frau kriegt es mit der Angst, wenn sie kurz vor der Hochzeit steht.«
»Was sagst du da?«, rief Sonja. »Du redest von der Hochzeit, als wäre es eine abgemachte Sache. Dabei hat Markus mich noch nicht einmal gefragt.«
»Das ist doch nur eine Formalität. Ihr seid doch schon so gut wie verlobt. Und gerade weil es so sicher ist, denkt er nicht daran. So sind die Männer eben.«
»Aber vielleicht genügt mir das nicht?«, fragte Sonja leise. »Vielleicht wünsche ich mir einen Mann, der wirklich in mich verliebt ist!«
»Ach geh! Verliebtheit! Das ist doch nur eine Sache der Chemie und der Hormone! Wirkliche Liebe ist etwas ganz Anderes. Ihr seid euch seit Kindheit vertraut. Du kennst seine Macken und er kennt die deinen. Das ist das Wichtigste in einer guten Ehe.«
Sonja zeichnete mit dem Absatz ihres Stiefels ein kleines Muster in die Erde. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß nicht, Gabriela. Ich fühle mich gedrängt.«
»Gedrängt? Gerade eben hast du dich noch beklagt, dass er dir noch keinen Antrag gemacht hat!« Gabrielas Stimme vibrierte vor Ungeduld.
»Es geht nicht um den Antrag. Es geht darum, dass ich mich zu jung fühle. Ich bin doch erst Zweiundzwanzig! Du sagtest, die Schauspielschule sei kein Beruf. Gerade jetzt aber hätte ich die Möglichkeit, daraus wirklich einen Beruf zu machen. Und das wäre für mich das Größte überhaupt.«
»Das Größte überhaupt war für dich zweiundzwanzig Jahre lang, dass du irgendwann einmal Markus heiratest und mit ihm eine Familie gründest. Und jetzt hat sich das geändert?«
Sonja zögerte. »Weißt du, Gabriela, ich habe ein Angebot bekommen. Ich glaube ich bin als Schauspielerin wirklich ganz gut. Das Kellertheater hat mir einen Vertrag angeboten. Das ist für mich ein erster Schritt. Markus zu heiraten, würde bedeuten, das alles aufzugeben. Und ich bin nicht sicher, ob ich das will.«
»Ach geh! Das ist doch nur so eine Spinnerei! Du weißt doch, wie unsicher diese Angebote sind. Das ist kein Beruf, das ist ein Hobby, dem du immer noch nachgehen kannst. Dafür schmeißt man doch nicht seine Zukunft weg! Vergiss nicht, dass du immer schon in Markus verliebt warst. Und du solltest auch an deine Mutter denken, die schon lange von einer Märchenhochzeit träumt.«
»Ach, die Mutti, die würde mich am liebsten mit einem Traumprinzen aus regierendem Haus verheiraten!«
»Na, daraus wird im Moment wohl nichts!«, lachte Gabriela. »Aber Markus ist immerhin Graf, vergiss das nicht!«
»Wenn ich nur wüsste, was ich will!«, rief Sonja verzweifelt.
»Das