Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12). Madeleine PuljicЧитать онлайн книгу.
Rhodan unter Anklage – welche Ziele verfolgt der Ritterorden?
Madeleine Puljic
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
SOL – dieser Name hat einen ruhmvollen Klang in der 3000-jährigen Geschichte der terranischen Raumfahrt. Das hantelförmige Kombinationsschiff spielt immer wieder eine entscheidende Rolle im schicksalhaften Konflikt zwischen den kosmischen Mächten der Ordnung und des Chaos.
Im Jahr 1552 Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist Perry Rhodan, der die Menschheit von Beginn an ins All begleitet hat, in eine ferne Galaxis versetzt worden. Dort hat er die seit Langem verschollene SOL und ihre Besatzung aus einer Chaoszone gerettet.
Bevor die Menschen an Bord in die heimatliche Milchstraße zurückkehren können, müssen sie aber einen Auftrag der Kosmokraten erfüllen. Sie sollen herausfinden, welche Absichten die Superintelligenz BARIL mit ihrem Ritterorden und ihren jüngsten Aktivitäten verfolgt.
Kaum ist die SOL am Ziel angekommen, wird die Besatzung in einen Konflikt mit BARILS Helfern verwickelt. Die SOL wird besetzt, und Perry Rhodan muss sich vor einem Rittertribunal verantworten. Seine Richter verkünden unter anderem BARILS BOTSCHAFT ...
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan – Der Terraner wird zum Schlachtenlenker.
A-Kuatond – Die Ritterin fordert ein hartes Urteil für Rhodan.
Semmaru – Der Diplomat hat ungewohnte Speisevorlieben.
Ha'Tuuk, Kii'Daan und Pei'Tun – Die Letzten der Kussu wollen Rache.
1.
8. November 1552
Neue Galaktische Zeitrechnung
SOL, auf dem Weg nach Kessaila
Mit ausgreifenden Schritten eilte die neue Kommandantin der SOL durch ihr Schiff.
Ihr Schiff.
Seit über siebzig Jahren bereiste Tess Qumisha mit dem terranischen Expeditionsraumer das All – oder auch weit mehr als zweihundert, wenn man die Jahre miteinberechnete, die sie in einer Proto-Chaotischen Zelle verloren hatte. Aber noch nie war ihr die SOL derart fremd vorgekommen. Was nicht an dem neuen Titel lag, den Perry Rhodan ihr verliehen hatte.
Es lag an ihnen.
Tess Qumisha beschleunigte ihre Schritte nochmals, als der Antigravschacht vor ihr auftauchte, mitsamt dem mannshohen, zentrifaalähnlichen Roboter, der daneben postiert war. Aasgeier. Hirnlose Blechhaufen, nur dazu da, um sie und die anderen Solaner zu schikanieren!
Als hätte er ihre Gedanken gehört, ruckte der Kopf des Roboters herum. Das schwarze Band, das quer über das weiße, teigig wirkende Gesicht verlief und seinen mechanischen Schädel nahezu halbierte, glänzte. Fast meinte Qumisha, das eisige Starren dahinter spüren zu können.
Sie überwand die letzten zwei Meter und sprang schwungvoll in den vertikalen Schacht. Sie musste sich an der gegenüberliegenden Wand abfangen, um nicht dagegenzuprallen, aber das war es ihr wert. Mit einem kräftigen Ruck zog sie sich nach oben. Ein Deck, zwei, drei ... Und auf jedem davon blickte ihr einer dieser verdammten Roboter entgegen.
Von der Form her ähnelten sie ihrer Befehlshaberin aus Fleisch und Blut: humanoid, mit einem prominenten Wulst auf der Stirn, zwei Schlitzen anstelle einer Nase – wofür auch immer dieser Bereich bei einer Maschine notwendig sein sollte – und einem eckigen, kleinen Kinn, an dessen Unterseite der Mund lag. Auch der weißliche Kunststoff, aus dem große Teile der künstlichen Haut bestanden, erinnerte an die Zentrifaal. Die silbernen Platten, die dazwischen schimmerten, ließen jedoch keinen Zweifel an der technischen Natur dieser Wachleute aufkommen.
Qumisha versuchte, sich in die Psyche einer Frau hineinzuversetzen, die ihr gesamtes Raumschiff mit nur einem lebenden Helfer und sonst ausschließlich mit Robotern bevölkerte. Wollte niemand mit ihr fliegen – oder war es die Ritterin selbst, die keine weiteren Lebewesen ertrug?
Die Zentrifaal waren ein aggressives Volk. Vielleicht hatte A-Kuatond ihren Clan bewusst durch Roboter ersetzt, weil sie einfach alle Leute hasste. Immerhin hatte sie erst vor wenigen Stunden ein ganzes Volk ausgelöscht, ohne zu zögern. Wer sich als Ritter aufspielte, musste offenbar größenwahnsinnig sein. Qumisha fragte sich nur, was das für die SOL bedeutete, die dem Ritterbund der Superintelligenz BARIL derzeit ausgeliefert war.
Wieder erhaschte sie einen Blick auf einen der Roboter. Missmutig verfolgte sie das kalte Glänzen seines optischen Sensorbands. A-Kuatond hätte ihren Kunstgeschöpfen jede Gestalt geben können. Sie hätte sie drei Meter hoch und mit einer Panzerfaust anstelle eines Kopfs konstruieren können, um sie einschüchternd bedrohlich wirken zu lassen.
Warum sahen sie stattdessen aus wie Servoroboter in einer billigen Wellnesseinrichtung für Zentrifaal? Ebenso gut hätte A-Kuatond sie lebensecht produzieren lassen können, sogar mit individuellen Gesichtszügen. Weshalb ließ sie sich eine Horde Automaten bauen, die ihrem Volk so sehr ähnelten, nur um sie dann doch wieder von sich abzugrenzen?
Resolut schob Qumisha diese Überlegungen von sich. Es spielte im Grunde keine Rolle, welchen Weltansichten A-Kuatond nachhing. Die Ritterin hatte die SOL besetzen lassen – das war es, was Qumisha gegen den Strich ging! Umso mehr, da neuerdings sie die Verantwortung für das Expeditionsraumschiff trug.
Sie zog sich zum Ausgang des Antigravschachts und landete auf der Hauptebene des Mittelteils der SOL. Erleichtert atmete sie auf, als sie den Gang leer vorfand. Das änderte sich, sobald sie durch das Schott in die Zentrale trat und von dem glänzenden Argusaugenband des nächsten Roboters empfangen wurde.
War ja klar. Die Ritterin würde nicht ausgerechnet die Zentrale verschonen, den Dreh- und Angelpunkt so ziemlich jeder wichtigen Entscheidung an Bord.
Mit einem leisen Seufzen sah sich Qumisha in dem weiten Raum um. Das Hauptholo zeigte eine Ansicht von A-Kuatonds Schlachtspitze – ein gleichseitiger Tetraeder von knapp zwei Kilometern Kantenlänge, der sich infolge von Rhodans entschlossenem Eingreifen in erbärmlichem Zustand befand. Gut ein Viertel von A-Kuatonds Schiffssegmenten war zerstört, der in Tausende Untereinheiten teilbare Raumer durchlöchert wie ein Schweizer Käse.
Dafür wirkten die beiden anderen Raumschiffe ihrer Eskorte umso imposanter: ein ozeangroßer Wassertropfen und ein zwei Kilometer langes, violettes Walzenschiff. Beide fraglos mit den technischen Möglichkeiten einer Superintelligenz hochgerüstet. Keine Gegner, mit denen Qumisha ins Gefecht gehen wollte. Da half es auch nicht, dass das vierte und größte der Ritterschiffe das System bereits wieder verlassen hatte.
Qumisha ballte die Hand zur Faust, ließ den Blick über die Steuerpulte in der Zentrale schweifen. An der Station des Expeditionsleiters saß Rhodan und betrachtete gedankenversunken ein Hologramm, hatte die Ellbogen auf die Positronikkonsole gestützt und das Kinn auf seine Hände gelegt. Als Qumisha auf ihn zutrat, wischte er das Holo beiseite und sah auf.
»Tess.« Ein schiefes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, doch es erreichte seine Augen nicht. »Kommandantin.«
»Ich muss mit dir sprechen.« Mit einem Kopfnicken deutete sie in Richtung des mechanischen Zentrifaal. »Unter vier Augen.«
Rhodan folgte ihrem Blick. »Ich fürchte, Gespräche unter vier Augen sind derzeit Mangelware.« Er berührte einen Sensor an seinem Pult, und mit einem leichten Flimmern legte sich ein akustisches Dämmfeld um sie. »Vielleicht haben wir Glück, und sie tolerieren das hier.«
»Sicher nicht für lange.« Sie musste sich beeilen. Also kam sie ohne Umschweife zum Punkt. »Wir müssen aus dem Konvoi ausbrechen, bevor wir Kessaila erreichen.«
Rhodan wirkte nicht überrascht. Er stieß ein leises Seufzen aus. Das war alles.
Irritiert zog Qumisha die Augenbrauen zusammen. Untätigkeit war eigentlich keine Eigenschaft, die sie mit Perry Rhodan assoziierte.