Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
bei einer Zeitung aus und nicht in einem Geschäft für Trachten, Andenken und Haushaltswaren.«
Der alte Alois lachte.
»Des ist vielleicht ein bissel gewöhnungsbedürftig, aber bös’ meint es niemand.«
»Das weiß ich. Aber ich will mich nicht mit ihnen unterhalten. Ich will nicht wissen, für wen all die schönen Sachen gekauft werden. Das ganze Lager hat sie leergekauft.«
»Wer?«
»Die Roßbacherbäuerin! Dann hat sie es sich alles vom Boller auf den Hof liefern lassen. Es war so viel, daß der Boller gesagt hat, es sei so viel wie sonst ein ganzer Umsatz im Monat.«
»Mei, des war dann wirklich viel! Was will sie mit so vielen Sachen? Was hat die Rosel gekauft?«
Tina zählte alles auf. Sie verschwieg aber, daß die Sachen nicht für Rosel Roßbacher persönlich waren.
»Soso! Nun, die Rosel muß in diesen Tagen Geburtstag haben. Vielleicht will sie sich für den neuen Lebensabschnitt neu einkleiden. Die Rosel hat im Leben schon immer gemacht, was sie wollte. Sie weiß immer, was sie will und setzt es auch durch.«
Tina verstand nicht genau, was der alte Alois damit meinte. Also fing er an zu erzählen. Tina hörte sehr interessiert zu.
Rosel Roßbacher war die einzige Tochter des alten Roßbacherbauern. Dieser war mit Alois in die Schule gegangen. Rosels Mutter starb früh, da war Rosel noch ein Schulkind. Ihr Vater heiratete nicht mehr. Im Laufe der Jahre wuchs Rosel in die Rolle der Hausfrau hinein. Sie war ein hübsches junges Madl. Ihr Vater hoffte, daß sie bald einen Burschen auf den Hof bringen würde. An Verehrern fehlte es ihr nicht. Sie verliebte sich in Hansi Grandler, den Hoferben des Nachbarhofes. Sie verlobten sich, als Rosel neunzehn Jahre alt war und wollten bald darauf heiraten. Es war kurz vor der Hochzeit, als Rosel eines Tages einen Zettel auf ihrer Fensterbank fand. Darauf stand, daß ihr Hansi es heftig mit anderen Madln treibe. Es war niemals herausgekommen, wer Rosel die Nachricht dort hingelegt hatte. Rosel, die gewohnt war zu handeln, handelte. Ohne jemand etwas zu erzählen, stellte sie in der kommenden Nacht Hansi nach. Statt bei ihr zu fensterln, traf er sich mit einigen Sennerinnen im Heustadl der Grandler Alm.
»Der muß sich dort aufgespielt haben wie der Hahn auf dem Hof«, umschrieb es der alte Alois.
Rosel beobachtete das Treiben bis in die frühen Morgenstunden. Sie ging dann nach Hause. Am nächsten Morgen nahm sie ihr Brautdirndl und ihre Brautkrone und trug sie zum Marktplatz. Dort zündete sie beides an.
»Ganz Waldkogel lief zusammen! Sie standen ratlos dabei. Sie betrachteten die junge Roßbacherin, wie sie dabeistand, bis die Flammen alles verzehrt hatten. Rosel vergoß keine Träne. Sie sagte nur, die Hochzeit finde nicht statt. Einen Gockel, der zu fremden Hennen gehe, würde sie net heiraten.«
Die darauffolgenden Tage waren für Hansi bitter. Jeder in Waldkogel schätzte Rosel, die so früh ihre Mutter verloren hatte und danach die Rolle der Bäuerin übernommen hatte. Überall, wo Hansi auftauchte, wurde er verspottet. Die anderen jungen Burschen riefen ihm »Kikeriki« nach.
»Sicher wird nix gesagt, wenn sich die jungen Burschen vor der Hochzeit die Hörner abstoßen. Doch wenn sie mit dem Madl ihres Herzens verlobt sind, des Aufgebot bestellt, der Hochzeitstermin feststeht, dann wird Treue erwartet. Jeder hatte Mitleid mit Rosel!«
»Was geschah dann weiter?« fragte Tina.
Sie lauschte Alois’ Worten.
Hansi war fortgegangen, erzählte Alois. Bis zum heutigen Tag war er nicht zurückgekommen. Den Grandler Hof übernahm sein jüngerer Bruder. Bald darauf konnte Rosel nicht mehr verbergen, daß Hansis Fensterln nicht ohne Folgen geblieben war. Sie war schwanger und bekam Poldi. Rosel schämte sich deswegen nicht. Sie stand immer zu ihrem Buben. Die Erbfolge auf dem Roßbacher Hof war damit gesichert. Das war Rosel wichtig. Der alte Roßbacher hielt zu seiner Tochter und zu seinem Enkel. Leider wurde er nicht sehr alt. Rosel übernahm den Hof. Sie baute an, baute auf, vergrößerte und vergrößerte. Alles, was sie anpackte, gelang ihr. Sie war fleißig und ehrgeizig. Sie wollte es allen zeigen.
»Das hat sie geschafft! Mehrmals wurde der Roßbacher Hof ausgezeichnet.«
Rosel Roßbacher gab ihrem Buben eine gute Erziehung. Sie ließ ihn studieren. Es fehlte Poldi an nichts.
»Es ist schon eine besondere Verbindung, die die beiden haben. Sie kümmern sich wenig um andere, leben ziemlich zurückgezogen auf dem Hof. Sie laden kaum jemand aus dem Dorf ein. Rosel weiß von dem Neid, der ihr oft entgegenschlägt, weil sie es als alleinstehende Mutter geschafft hatte. Poldi ist ein begehrter Bursche unter den Madln. Als Erbe des Roßbacher Hofes hat des Madl ausgesorgt, des er nimmt. Arm ist der Poldi net. Schwer arbeiten muß die Jungbäuerin auch net. Die Rosel arbeitet auch selbst nicht mehr schwer. Sie bezahlt gut. Es arbeiten viele Leute auf dem Hof. Der Roßbacher Hof, des ist ein richtiges mittelständisches Unternehmen.«
»Das glaube ich, daß die Roßbacherbäuerin selbst nicht mehr viel arbeiten muß, Alois. Sie hat sehr gepflegte Hände. Nicht so wie viele andere Bäuerinnen, die in den Laden kommen.«
»Des hast richtig erkannt, Tina. Sie verteilt die Arbeit und tut überwachen, genau wie der Poldi auch. Aber streng ist sie. Mei, des kann sie auch sein. Sie soll ihre Leute wirklich gut bezahlen. Für gute Arbeit soll es eine gute Bezahlung geben. Des ist ihr Motto. Wer aber bummelt und sich drückt, der hat schlechte Karten. So diszipliniert die Rosel selbst ist, so viel verlangt sie von jedem. Was sie sagt, des ist Gesetz auf dem Roßbacher Hof. So war es jedenfalls früher. Wie es heute ist, des weiß ich net genau. Ich denke, daß es immer noch so ist. Wahrscheinlich teilt sie sich die Aufgaben mit dem Poldi.«
Alois schaute Tina an.
»Willst noch etwas wissen?«
Tina dachte einen Augenblick nach.
»Also, wenn ich dich richtig verstanden habe, dann ist mit der Rosel Roßbacher nicht gut Kirschen essen. Sie ist – sie kann ein rechter Dickschädel sein – so sagt man hier doch zu einem willensstarken Menschen, oder?«
»Dickschädel ist unbelehrbar! Bei der Rosel ist das ganz anders. Sie weiß nur, was sie will. Dann geht sie ihren Weg. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder sich unterzuordnen oder sie zu meiden.«
»Gibt es da keine Konflikte mit Poldi?«
»Wie meinst des?«
»Nun, nehmen wir mal an, der Poldi hat ein Madl, des der Mutter net gefällt. Was würde geschehen?«
»Der Poldi, der weiß genau wie seine Mutter, was er will. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Der wird seiner Mutter nie ein Madl vorstellen, des ihr net gefällt. Bis jetzt hat der Poldi noch kein Madl. Er könnte, aber er hat keines. Es wird langsam Zeit. Der Poldi ist jetzt dreißig, höchste Zeit, daß er sich entscheidet.«
»Vielleicht haben die Madln seiner Mutter net gefallen?«
»Des ist gut möglich! So anspruchsvoll wie die Rosel ist.«
Alois schaute Tina an.
»Du hast den Poldi schon mal gesehen?«
»Hat die Anna etwas erzählt?«
Der alte Alois lächelte.
»Sie hat eine Andeutung gemacht. Dir habe der Poldi gefallen. Des kann ich verstehen. Welchem Madl gefällt der Poldi net?«
»Mmm! Er ist sehr beeindrukkend!«
»Hast dich ein bissel in den Poldi verliebt, Tina?«
Tina wich Alois’ Frage aus.
»Er hat mir für einen Augenblick schon den Kopf verdreht, Alois. Aber nur für einen Augenblick!«
Tina sagte es zwar mit Nachdruck. Doch Alois war davon nicht so überzeugt. Er war ein alter Mann, der im Leben viel erlebt und gesehen hatte. Er war auf seine Art weise. So wußte er, wann es sinnvoll war, etwas zu sagen und wann es sinnvoll war, zu schweigen. Jetzt schwieg Alois.
Er stand auf und ließ