Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
habe versucht, mir auszumalen, wie es wäre, wenn es die Apotheke nicht geben würde.«
»Mm! Interessant! Was wäre dann?«
»Nun, ich würde nicht Pharmazie studieren. Ich würde etwas anderes wählen. Vielleicht… vielleicht…« Karoline überlegte. »Vielleicht Tiermedizin! Vielleicht würde ich auch die Forstwirtschaftschule besuchen. Oder… oder…« Karoline überlegte. »Gärtnerin! Das würde mir auch Freude machen. Landschaftsgärtnerin oder Gartenbauarchitektin!«
Karoline schaute Pascal in die Augen. Er lächelte sie an.
»Daß du das eine machst, bedeutet nicht, daß du das andere aufgeben mußt. Du bist jetzt knapp zwanzig. Rechnen wir! In spätestens fünf Jahren kannst du fertig sein. Du mußt nicht unbedingt deinen Doktor machen. Wir heiraten! Ich bin dann schon fertig und habe meinen Titel. Ich steige in die Apotheke deines Vaters ein. Wenn du dann noch etwas anderes machen willst, dann werde ich alles tun, um dich zu unterstützen. Wenn du dann das immer noch willst, dann werden wir sehen, wie wir Familie, Kinder, Beruf und deine Wünsche unter einen Hut bekommen. Ich will, daß du glücklich wirst. Vielleicht bist du ja in fünf Jahren schon glücklich, weil wir glücklich sind. Dein Vater hat in seiner Rede von Etappen gesprochen. Die nächste Etappe ist jetzt das Studium und unser Zusammensein. Ich bin mir sicher, es wird wunderbar werden. Ich kenne dich! Du kennst mich! Jeder weiß, was der andere erwartet und wie es werden wird. Das Risiko, daß wir das nächste Etappenziel nicht erreichen werden, ist gleich Null. Mache dir nicht so viele Gedanken, Karoline!«
Das sagt sich so leicht, dachte Karoline.
Ihr Vater kam über den Rasen.
»Hier seid ihr! Man vermißt euch! Nun ja, ich kann ja verstehen, daß ihr auch ein wenig allein sein wollt. Hast du Karoline schon von der gemeinsamen Wohnung erzählt, Pascal?«
Pascal und Karoline standen auf.
»Ja, Vater, das hat er! Eine sehr praktische Lösung. Ideal! Ich bin noch total überrascht.«
»Du wirst jetzt erst einmal mit der Einrichtung beschäftigt sein. Wir werden natürlich auch unseren Beitrag dazu leisten. Deine Mutter und ich haben schon alles beredet, Karoline. Sie hat bereits einige Termine mit Inneneinrichtern vereinbart. Genaueres weiß ich nicht. Das wird sie dir noch selbst sagen.«
»Ja, das wird sie!« flüsterte Karoline leise.
Typisch Mutter, dachte sie.
Ihr Vater räusperte sich.
»Deine Mutter und ich – und auch Pascals Eltern, wir dachten uns, daß ihr zum offiziellen Einzug eure Verlobung bekanntgebt. Es muß ja alles seine Ordnung haben, oder?«
Karoline schluckte.
»Ja, es muß alles seine Ordnung haben!«
Sie atmete tief durch. Pascal, der seinen Arm um Karolines Schultern gelegt hatte, fühlte, wie sie leicht zu zittern begann.
»Das mit der Verlobung, das entscheiden wir dann in einigen Wochen. Immer schön einen Schritt nach dem anderen! Hauptsache die Richtung stimmt!«
»Das hast du gut erkannt, Pascal! Du bist genauso, wie ich mir meinen Nachfolger und den Mann unserer Karoline wünsche. Bleib so, Pascal!«
»Karoline!« rief ihre Mutter laut. »Wo seid ihr?«
»Wir werden gewünscht! Die ersten Gäste wollen gehen«, ergänzte Karolines Vater.
Karoline schüttelte Pascals Arm ab. Sie gab ihm seine Jacke zurück. Gemeinsam gingen sie zurück zum Partyzelt.
Dort herrschte allgemeine Aufbruchsstimmung. Die Gastgeber verabschiedeten die Gäste. Wie selbstverständlich stand Pascal dabei neben Karoline.
»Ja, das war es dann! Ein gelungenes Fest!«
Doktor Berthold Bergmann rieb sich die Hände.
»Trinken wir Bergmanns und Hubschmidts zum Schluß – im kleinen Familienkreis sozusagen – noch einen kleinen Abschiedstrunk?«
Karoline schüttelte den Kopf.
»Für mich nicht, Vater! Ich bin redlich müde!«
»Was ist, Karoline? Ich nehme an, Pascal hat dir von der Wohnung erzählt. Wann willst du sie dir ansehen?« mischte sich Pascals Vater in das Gespräch ein und ignorierte Karolines Wunsch nach Ruhe.
»Oh, bald, Herr Hubschmidt! Ich bin ganz überwältigt. Pascal hat mir schon einen Schlüssel gegeben! Alles ganz wunderbar! Überwältigend!«
Karoline wandte sich an Pascal.
»Wir telefonieren morgen! Ich bin wirklich müde!«
Pascal brachte Karoline ins Haus. Sie sagten sich mit einem Kuß gute Nacht, dann verschwand Karoline alleine in ihrem Zimmer.
Pascal ging auch nach Hause. Seine Eltern und Karolines Eltern tranken noch ein letztes Glas Wein zusammen. Dabei gab es nur ein Gesprächsthema, Karoline und Pascal und deren gemeinsame Zukunft als Apothekerfamilie.
Währenddessen lag Karoline in ihrem Bett und hörte über Kopfhörer leise Heimatlieder. Langsam wurde ihr Herz ruhiger. Sie träumte von den Bergen und schlief bald ein.
*
Ein metallisch schepperndes Ge-räusch schrecke Karoline aus ihrem Traum. Vor dem Haus warfen die Mitarbeiter der Catering-Firma die Eisenträger des Partyzeltes auf einen Lastwagen. Karoline beobachtete die Szene durch die Gardinen. Ihre Mutter stand dabei und redete mit dem Vorarbeiter. Dann ging Agathe Bergmann zu ihrem Auto und fuhr davon. Karoline seufzte erleichtert. Ihre Mutter hatte das Haus verlassen. Das gab ihr Zeit.
Karoline huschte barfuß die Treppe hinunter. Die langjährige Haushaltshilfe war in der Küche.
»Guten Morgen, Karoline! Gut geschlafen?«
»Ja, herrlich! Ich habe von den Bergen geträumt.«
»Du solltest mal wieder hinfahren.«
Karoline machte große Augen. Sie fuhr sich mit beiden Händen durch ihr blondes offenes Haar.
»Das ist es! Ich verschwinde in die Berge! Dort habe ich Ruhe vor Mutter, Vater, Pascal und der ganzen Familie Hubschmidt.«
Die alte Haushälterin schmunzelte. Sie kannte Karoline, seit sie ein kleines Mädchen war, und war ihr herzlich zugetan.
»Dann solltest du vielleicht noch fahren, bevor deine Mutter zurückkommt!« Sie blinzelte Karoline verschwörerisch zu.
»Wo ist sie hin?«
»Stoffmuster holen für die Wohnung!«
»Du machst mir Brote und packst mir etwas Obst ein. Ich will keine Zeit verlieren. Etwas essen kann ich unterwegs. Ich gehe packen!«
Karoline rannte die geschwungene Treppe in das obere Stockwerk hinauf. Sie nahm mehrere Stufen auf einmal.
In ihrem Zimmer stopfte sie ihre Wandersachen in den Rucksack. Sie zog sich an. Als sie in ihre roten Wildlederhosen schlüpfte, fühle sie sich gleich besser.
»Hallo, Berge! Ich komme!« jubelte Karoline laut vor sich hin.
Es dauerte keine Viertelstunde, dann war Karoline reisefertig. Sie verstaute den Rucksack im Kofferraum ihres neuen Sportwagens. Die Haushälterin stellte ihr einen Korb mit belegten Broten, Kaffee in einer Thermoskanne und Obst auf den Beifahrersitz.
Karoline umarmte sie.
»Bist ein Schatz! Was würde ich ohne dich tun?«
»Hast du schon Bescheid gesagt, Karoline?«
»In meinem Zimmer liegt ein Zettel! Darauf steht: ›Mache Urlaub! Bin in den Bergen! Grüße an Pascal! Karoline‹.«
Die beiden Frauen lächelten sich an.
»Mein Name ist Hase und ich weiß von nichts. Wo fährst du hin?«
»Waldkogel natürlich! Wohin sonst? Du weißt doch, daß