G.F. Barner 1 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
worüber man eine Wette abschließen könnte, Mister Milland!«, erwiderte Elena zornig. »Sie warten geradezu lüstern darauf, dass man ihn quält, wie?«
Milland antwortete nicht, weil Lannon nun neben McCallum trat und einen Löffel schwang.
»Na, Freund McCallum, nun sperr mal schön die Futterklappe auf!«, sagte Lannon grinsend. »Du musst doch furchtbaren Hunger haben, Mann! Von Wasser allein kann der Mensch nicht leben. Ich weiß, ich weiß, du schaffst das zwei Wochen lang, aber ärgere uns jetzt nicht mehr, sonst wird es ziemlich übel für dich ausgehen. Also, machst du nun das Maul auf?«
Corporal Howell hielt das randvolle Kochgeschirr Lannon hin. Der Sergeant tauchte den Löffel in die heiße Bohnensuppe und führte ihn langsam McCallums Mund entgegen. Gleichzeitig schlossen sich Roscoes Finger unter McCallums Kinn, nur die Daumen standen im rechten Winkel gegen die Wangen des ehemaligen Mastersergeanten. Dann drückten die Daumennägel Roscoes langsam zu – McCallums Wangen beulten sich ein, und Elena glaubte zu sehen, wie sie sich förmlich zwischen die Kiefer McCallums bohrten. Elena Pearson war in Santa Cruz, Tubac und Tuscon aufgewachsen. Sie hatte ihre ersten Lebensjahre in einem von dauernden Indianerüberfällen und den Brandzügen von Banditen heimgesuchten Land verbracht, das noch lange nicht friedlich zu nennen war. Sie hatte Tote gesehen, wilde Männer hatten auf sich eingeprügelt, andere sich geschossen, aber diese Szene widerte sie geradezu an.
»Das ist ja unmenschlich!«, sagte sie verstört. »Vater, warum tut denn niemand etwas?«
»Weil das eine Sache der Armee ist und niemand sich einzumischen hat …, auch du nicht!«, antwortete Charles Pearson finster. »Halte dich heraus, Tochter!«
Er hielt sie am Arm zurück, als sie losstürzen wollte, denn McCallums Lippen zitterten, seine Kiefer schien ein Krampf befallen zu haben, und seine Augen wollten ihm aus den Höhlen quellen. Plötzlich schnappte sein Mund weit auf, und Elena sah mit Entsetzen, dass Blut aus seinem linken Mundwinkel lief.
Roscoes Gesicht wirkte auf Elena wie eine Maske. Der First Sergeant hatte alle Kraft gebraucht, um McCallums Mundwinkel auseinanderzupressen. Elena blickte voller Abscheu und Ekel auf den bulligen Sergeanten, und sie wusste, dass sie sein erstarrtes bleiches Gesicht nie vergessen würde.
»Warte!«, sagte Roscoe zischend. »Warte, Lannon!«
Lannon hatte das Schauspiel der gewaltsamen Mundöffnung mit angehaltenem Atem verfolgt und wollte McCallum den Löffel in den Mund stoßen.
»Was ist?«
»Warte, er isst jetzt«, sagte Roscoe tief und heiser. »McCallum, ich breche dir die Kiefer, wenn du dich weigerst, verstanden?«
McCallum schloss den Mund, suckelte und spie dann aus – es war mehr Blut als Speichel, was in die Steine klatschte. Dann nahm McCallum langsam den Kopf herum und sah den First Sergeant aus schmalen Augen an.
»Ich esse«, sagte er leise. Es war so totenstill geworden, dass alle seine Stimme hörten. »Ich esse, aber du wirst irgendwann daran denken, Roscoe, das schwöre ich dir!«
Roscoe schloss die Augen – er hatte den Befehl bekommen gehabt, McCallum zum Essen zu zwingen, und vielleicht hatte er nun einen Moment etwas wie Mitleid mit seinem ehemaligen Mastersergeanten.
»O Gott!«, stöhnte Elena zitternd.
Sie hätte hinlaufen und Roscoe ins Gesicht schlagen können. In diesem Augenblick war sie froh, dass sie nur selten von Santa Cruz und der Hazienda, die ihren Eltern gehörte, über die Grenze und in Berührung mit den Sitten der US-Armee kam.
»Na, wer sagt es denn – unser Freund will essen«, grinste Lannon. »Mund auf!«
McCallum öffnete die Lippen, der Löffel fuhr ihm in den Mund. Und dann …
Elena sah, dass McCallum schluckte, bis er jäh zusammenzuckte, einmal würgte und dann losspie. Die Bohnensuppe schoss aus seinem Mund und klatschte Lannon mitten ins Gesicht.
Was dann geschah, lief so schnell ab, dass Elena kaum die einzelnen Bewegungen des Gefangenen unterscheiden konnte. McCallum warf sich blitzschnell hintenüber – er schrie irgendetwas, und seine gefesselten Beine fuhren blitzartig in die Höhe. Der Tritt traf den Corporal Howell mitten in den Bauch. Howells Grinsen war wie fortgeblasen. Der dicke Mann knickte mit weit aufgerissenem Mund ein. McCallums Beine waren schon wieder zurückgezuckt und schnellten erneut nach oben.
Howell, der bei der Hitze gekocht und sein Hemd ausgezogen hatte – er trug beim Kochen stets eine Lederschürze, deren Lederbänder über dem dicken Bauch zusammengebunden waren – taumelte stöhnend vornüber. Die Oberkante seiner Lederschürze stand weit von seiner nackten Brust ab. In derselben Sekunde trat McCallum unter das Kochgeschirr. Es flog aus Howells Händen, knallte dem Koch unter das Kinn und fiel dann, indem er sich drehte, zurück. Danach verschwand es in dem nach vorn gebeulten Lederschürzenoberteil.
Die brütend heiße Bohnensuppe hatte sich blitzschnell über die nackte Brust und den fetten Bauch Howells verteilt. Sie bildete einen glühend heißen Ring an jener Stelle, die das Lederband um die Schürze gezogen hatte.
Howell krallte die Hände in die schwere Lederschürze, sprang wie ein Irrer in die Höhe, heulte schaurig, brüllte, wobei ihm die Kalbsaugen aus den Höhlen quollen und vollführte einige Sprünge, die ihm niemand zugetraut hätte. Schließlich warf er sich zu Boden und wälzte sich auf dem Rücken hin und her. Doch die brütend heiße Suppe lief nun auch an seinen Hüften entlang.
»Ich verbrenne!«, heulte Howell. »Hilfe, ich verbrenne, ich sterbe, ich sterbe! Feuer an meinem Bauch – Feuer, Hilfe, ich verbrenne!«
Einen Augenblick später stieß er einen fürchterlichen Schrei aus, denn jemand kam im hohen Bogen durch die Luft geflogen – es war der First Sergeant Roscoe.
McCallum hatte sich mit der Geschmeidigkeit einer Wildkatze hinten übergeworfen. Seine Hände waren auf der Brust gefesselt worden, und so konnte er nun die Arme heben. Die Schellen klirrten hässlich, als der ehemalige Mastersergeant Roscoe am Gurt zu packen bekam, den First Sergeanten nach vorn riss und ihn auf seine angezogenen Stiefel beförderte. Von dort schoss Roscoe brüllend durch die Luft und stürzte auf den heulenden Howell herab.
Das alles geschah binnen drei Sekunden – und Lannon war auch noch erwischt worden. Roscoe hatte Lannon gestreift. Der Sergeant taumelte zwei Schritt zur Seite, fiel um und stand fluchend wieder auf.
Im selben Augenblick schnellte McCallum auf die Beine. Einen winzigen Moment sackte McCallum in die Hocke herunter, dann stieß er sich aus der Hocke ab und senkte den Kopf.
»Lannon, pass auf, er kommt!«
Sergeant Marconi, ein schwarz gelockter, mittelgroßer Sanitäter – der Einzige, der das Kommando begleitete – schrie los, konnte Lannon aber nicht mehr warnen. Die Fußschellen erlaubten den Gefangenen nur Trippelschritte, ehe sich die Gehkette spannte. Darum war McCallum gesprungen, und er kam wie ein Puma angeflogen. Sein Kopf fuhr dem herumfahrenden Lannon mitten in den Magen. Der baumlange Sergeant knickte wie ein Federmesser zusammen und fiel röchelnd um. McCallum landete neben ihm auf den Steinen.
Aus irgendeiner Ahnung oder vor Schmerz wälzte sich Lannon herum. McCallums Hände waren nach vorn geschossen, griffen nun jedoch ins Leere, und Marconi erkannte entsetzt, dass McCallum ohne das Herumwälzen des Sergeanten dessen Revolver erwischt hätte.
Marconi sprang vorwärts, aber auch McCallum kam hoch.
»Vorsicht, er will seinen Revolver nehmen!«, brüllte Marconi aus Leibeskräften, während er sich auf McCallum warf. »Packt ihn, schnell, schnell, helft mir ihn zu ha…, aaah!«
McCallum kam nicht mehr an den Revolver, aber er konnte Marconi an dessen schwarz gelockten Haaren packen. Als er den Sanitäter über sich riss, hatte Marconi eine Vorstellung davon, wie es sein musste, wenn einem ein Indianer die Haare abschnitt. Marconi schossen die Tränen in die Augen. Er sah nichts mehr, fühlte nur, dass er hochgerissen wurde und lag im nächsten Moment auf McCallum.
Jetzt waren es sieben Mann, die sich auf den ehemaligen Mastersergeanten warfen. Vier kamen von der einen