G.F. Barner 1 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
nur jemand aus dem Depot der Verräter sein konnte?«
»Yes, Sir, wir redeten alle darüber, auch vorhin im Fort.«
»Nun?«, brummte Macomb. »Cameron, alle redeten – und der Kerl hörte es. Ließ er das Schreiben verschwinden und steckte er es einem der vierzehn anderen hier beschäftigten Leute in die Sachen, mussten wir es finden und jenen Mann verdächtigen.
Dieser Kerl ist unter Ihren Leuten, Sergeant Crumb. Rufen Sie sofort Ihre Leute zusammen, alle ohne Ausnahme.
Dillon, unter dem Fenster hier gibt es jetzt dreißig Spuren, statt vielleicht einer, verstanden? Dafür haben Sie mit Ihrem blödsinnigen Geschrei gesorgt. Der Boden ist zertrampelt, und der einzige Mann, der diese Spur hätte lesen können, hat ein Dutzend zwielichtiger Halunken im Nacken.
Cameron, was wird er tun, um sie abzuschütteln?«
»Mit Sewards Pferd hängt er sie ab«, erwiderte Barry Cameron knapp. »Ich glaube nicht, dass es ein besseres Pferd bei seinen Verfolgern gibt. Er wird sie in die Wüste locken, Sir.«
Macomb nickte. »Cameron, was stehen Sie noch hier? Nehmen Sie sich zehn Mann, halten Sie Margley das Gesindel vom Hals und bringen Sie ihn her, verstanden? In der Zwischenzeit sehe ich mir jeden Mann aus Crumbs Abteilung an. Ich werde den Kerl finden, keine Sorge. Das können Sie auch Margley sagen.«
*
Es war kein Heulen mehr, das Steve Margley umtoste. Ein geiferndes, schrilles Brüllen erfüllte die Luft mit einem Wabbern, das die Trommelfelle platzen lassen wollte.
Kurz nach dem Mittag hatte es begonnen. Jetzt fauchte und röhrte der Llano-Sturm bereits seit vier Stunden, durch den sich Margley mühsam und Schritt für Schritt kämpfte.
Steve verließ sich nur auf den Wind, der von Osten kommen musste. Er ließ sich von ihm schieben und bekam nur mühsam Luft. Das Pferd war tot. Es lag irgendwo hinter Steve im Sturm. Er taumelte manchmal und knickte oft ein. Die Sicht betrug keine fünf Schritt mehr, und das Tageslicht war jetzt einer düsteren gespenstischen Dämmerung gewichen.
Wo seine Verfolger geblieben sein mochten, konnte Steve nur raten, Bei dem Sturm verlor man binnen weniger Minuten die Orientierung. Wahrscheinlich waren sie abgesessen und irgendwo an Kakteen oder den wenigen Büschen, vielleicht auch in einer Mulde, in Deckung vor dem orkanartigen Sturm gegangen.
Der feine Flugsand hatte jenen bitteren, beißenden Geschmack des Alkalis angenommen. Er drang durch das doppelt gelegte Halstuch, das sich Margley vor den Mund gebunden hatte. Die Nasenlöcher waren bereits geschlossen.
Mehrere Minuten kauerte sich Margley hin und zog sich die Decke über den Kopf.
In der stickigen Luft unter der Decke glaubte Steve Margley nicht mehr atmen zu können. Irgendwann in diesem gewaltigen Brüllen des Sturmes, das kein Ende nehmen wollte, übermannte Margley dann doch die Müdigkeit. Er schlief ein, doch es konnten keine zwei Stunden vergangen sein, als ihn das Nachlassen des Sturmbrüllens und die unwirkliche Stille weckten.
Margley kroch im Säuseln des Windes, der lange Sandfahnen vor sich her wirbelte, unter der Decke hervor. Auf den Knien liegend spürte er, wie es in seiner Hüfte hämmerte, als klopfte jemand unablässig mit einem Holzhammer in seine Seite.
Dann nahm er das Gewehr, sah nach seinem Revolver und ging steifbeinig los. Die Sicht betrug etwa hundert Schritt, es war nur wenig heller als zurzeit des wildesten Sturmbrüllens. Von der Sonne war nichts zu sehen.
»Im Osten«, flüsterte Margley abgerissen. »Im Osten müsste die Indianerquelle sein, also los, versuchen wir es. Ich muss Wasser finden.«
*
Steve Margley glaubte einen Feuerring zu sehen, von dem eine Million glitzernder, bunter Strahlen nach allen Seiten davonschwebten. Danach entstanden lauter kleine, runde Blasen wie Seifenschaumkugeln, die sich in- und durcheinanderschoben. Irgendwo in der Luft war ein hohes, pfeifendes Singen, das in seinen Ohren nichts als Schmerz hervorrief.
Jemand kicherte. Vielleicht war es auch eine Ziege, denn es glich mehr einem Meckern, was Steve zu hören glaubte.
»Trink«, meckerte es über ihm. »He, Junge, nun trink schon!«
Margley hatte das Gefühl, auf der glühenden Platte eines gewaltigen Herdes zu liegen und geröstet zu werden. Erst eine lauwarme Brühe, die nach Leder schmeckte und ihn doch etwas erfrischte, ließ ihn die verklebten Lider spaltbreit öffnen.
Er sah jetzt die Sonne – einen ungeheuren Ball roter Glut, und er wendete ächzend den Kopf, um nicht geblendet zu werden. Seine Erinnerung setzte schwach, aber einigermaßen deutlich ein. Margley erinnerte sich an die Nacht, an einen Himmel ohne Sterne und den Wind, der fauchend und winselnd durch Kakteen und Büsche gegangen war. Er wusste auch noch, dass die Sonne wieder am Horizont aufgegangen war, aber es war der falsche Horizont und die völlig entgegengesetzte Richtung gewesen, in der er sich bewegt hatte, weil die Sonne nicht hinter, sondern vor ihm gewesen war.
Sein Begreifen hatte ausgereicht, um ihn zu der Erkenntnis kommen zu lassen, dass er blindlings dem Wind gefolgt und statt nach Südwest nach Nordost gegangen sein musste.
Irgendwann, so erinnerte er sich, hatte er die Richtung geändert. Als die Sonne im Zenit stand, waren einige Kakteen, die vereinsamt in einem Tal standen, sein Schattenspender geworden. Aufgewacht am Nachmittag und beim tieferen Stand der Sonne, hatte er sich mühsam erhoben, um weiterzutorkeln.
Es war wieder Nacht geworden, sternenklarer Himmel mit einer winzigen Sichel, der er nachgegangen war. Wie weit wusste Margley nicht mehr. Von irgendeinem Zeitpunkt an, der Mitternacht oder später gewesen sein konnte, fehlte ihm jede Erinnerung.
Jetzt hörte er das Gemecker wieder, ein Gesicht schob sich in sein Blickfeld, das kaum Gesicht, sondern mehr ein wuchernder Bart war, aus dem zwei kleine Äuglein ihn anfunkelten.
»Hähä – erkennst du mich, Söhnchen?«
Es war dieses Söhnchen, das irgendeine Spur des Erkennens brachte. Dennoch brauchte Margley länger als eine Minute, ehe er wusste, wen er vor sich hatte.
»Na, kennst du mich nicht mehr, Söhnchen?«, fragte der Bart über ihm noch einmal. »Lange, lange her, sehr lange, Söhnchen, wie?«
»Gropie Williams«, ächzte Margley. »Gropie …«
»Ja, ja, ich«, meckerte Gropie Williams. »Ich, der alte Gropie, ja, ja, Söhnchen. Sah Geier, fand ein Pferd. Freute mich schon, weil das Brandzeichen mir was erzählte, ja, ja.«
Margley lag still. Er konnte nicht mehr schnell denken, nicht mal so geschwind wie der Alte sprach. An das Brandzeichen erinnerte er sich. Aber es war ein Seward-Pferd mit dem Seward-Brandzeichen gewesen. Der Alte hatte also das Pferd gefunden. »Verstehst du? Freute mich schon, vielleicht einen Seward zu finden, Söhnchen; ja, ja.«
Er kicherte nun anders, es klang wie das grimmige Gemecker eines wütenden Ziegenbockes. In Margleys Kopf begann sich etwas zu lichten. Er erinnerte sich an Old Gropie und die Sewards.
Es war gar nicht seltsam, dass alle schlechten Dinge in diesem Land irgendwie mit den Sewards zusammenhingen. Auch Gropie war ein Opfer der Sewards geworden, wenn man so wollte.
Seine kleine Ranch am Unterlauf des Rio Bravo hatte den Alten und dessen Frau kaum ernährt. Dann starb Mrs Williams irgendwann vor neun oder zehn Jahren. Gropie hatte zu trinken begonnen, aber Durst war teuer, und gutmütig war Gropie auch immer gewesen, obwohl er ein Rind nach dem anderen verkaufte, um seinen Durst stillen zu können, spendierte er noch manchen Drink für andere. Schließlich hatte er keine Rinder mehr besessen, aber Hände und ein Lasso, um Sewards Mavericks einzufangen.
Eines Tages hatten sie den Alten dabei erwischt, in die Stadt und das Jail gebracht. Danach war die Ranch von Bill Seward, der lebenden Mumie, zu einem Spottpreis aufgekauft worden. Gropie hatte sieben Monate bekommen, und als er wieder herauskam, war er in die Wüste gezogen, fort von den Menschen.
Bei seinem Auszug mit seinem Wagen und ein paar Habseligkeiten hatte ihn der Weg bei den Margleys vorbeigeführt. Er war still geworden,