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Elfenzeit 5: Trugwandel. Uschi ZietschЧитать онлайн книгу.

Elfenzeit 5: Trugwandel - Uschi Zietsch


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Sicherheit, dass sie irgendwo hier war, es war nicht anders möglich. Doch da war nichts zu finden, rein gar nichts. Das kann nicht sein, kann einfach nicht sein, ist völlig ausgeschlossen

      »Monsieur?«

      Auch das noch, er wurde gestört. Ein Mann in Uniform stand vor ihm, eineinhalb Köpfe kleiner als er, die Hand schwebte nervös über der Dienstpistole. »Was ist?«, antwortete er ungehalten auf Französisch, mit grollender Stimme.

      »Können Sie sich bitte ausweisen, Monsieur?«

      »Ich … mich … ausweisen?« Da musste er lachen. Der Humor der Menschen war ihm stets unergründlich, aber er bereitete ihm durchaus Vergnügen. »Aber sicher, gern!«

      Und fort war er.

      Nächste Station: Schottland, Inverness. Erschrocken rannte ein Filmteam durcheinander, als mitten in der Szene neben dem Achteckturm des Burgschlosses eine unwirkliche, grenzenlos schwarze, hünenhafte Gestalt materialisierte.

      »Aus!«, schrie der Regisseur hysterisch und sprang wie ein Kastenteufelchen von seinem Sitz auf. »Aus, aus, ihr Wahnsinnigen, wollt ihr mich ruinieren? Wie oft müssen wir das noch drehen? Sieht der Kerl da etwa aus wie Macbeth?«

      Der Getreue sah sich um. Er war richtig angekommen, wieder genau auf dem Punkt, und ließ seine Sinne sich diesmal verzweigen, um so dem Spinnennetz der Linien zu folgen. Gleichzeitig wandte er sich dem Regisseur zu, der wie eine Dampfwalze wutschnaubend auf ihn zukam und ihn anbrüllte, er werde ihm kein Geld bezahlen, ihn im Gegenteil verklagen, und dergleichen wirres Zeug mehr.

      »Was willst du denn, Narr«, sagte er gelassen. »Dies hier ist nicht mehr Macbeths Burg, sie liegt schon lange unter dem neuen Schloss begraben. Und er war kein blutrünstiger, grausamer Herrscher, jedenfalls nicht mehr als alle anderen, angepasst seiner Zeit. Ich muss es wissen, denn ich kannte ihn schließlich und habe ihn lange beraten. Ich weiß nicht, was Shakespeare dazu trieb, ihn zum Monster zu machen – gerade er

      Das brachte den Regisseur erst mal zum Stillstand, und ihm fehlten die Worte. Alle anderen am Set taten so, als wären sie gar nicht da.

       Sie muss da sein, sie muss da sein! Warum kann ich sie nicht spüren? Nicht einmal einen fernen Hauch? Nur hier kann sie sein …

      Sinnlos, sinnlos, es gab keine Spur. Er fühlte, wie es in ihm zu brennen begann, und seine Kälte schwand. Nein, nicht jetzt, es ist zu früh …

      Er musste fort.

      Die Luft flimmerte wie in großer Hitze, und in den Wallungen verschwand der Getreue. Grimmig dachte er an Morgana, doch dann war er schon am nächsten Ort angekommen: Riga, die Hauptstadt Lettlands. Direkt neben der Rolandstatue vor dem Rathaus, Sinnbild der Freiheit; ein Ley-Knoten, der einst den Menschen gehörte, und nun ebenfalls besetzt war. Hier war überhaupt niemand anwesend, der Platz leer und verlassen, denn es regnete in Strömen. Der Getreue konnte sich ungestört konzentrieren, und er zwang sich energisch zur Ruhe, auch wenn das Feuer in ihm schmerzte. Bald würde es seine manifestierte Gasthülle angreifen. Er hatte nicht mehr viel Zeit.

      Nichts. Also weiter.

      Nur noch ein Punkt blieb – Bratislava. Der Brunnen mit der Weltkugel vor dem Palais Grassalkovich, besser bekannt als der Präsidentenpalast. Der Verhüllte musste obenauf balancieren, während ringsum die Fontänen ihr Wasser über ihn ergossen. Aber das störte ihn kaum, da er ohnehin von Riga noch nass war. Außerdem verdampfte die brennende Aura das Wasser, sodass er bald von wallendem Nebel umgeben war.

      Der Autolärm von drei Hauptverkehrsadern rauschte an ihm vorbei, unter denen auch die Ley-Linien verliefen, die exakt unter dem Brunnen den Knotenpunkt bildeten. Der Getreue sah ein paar verirrte Touristen ihre Kameras zücken (die würden sich wundern, wenn sie die Aufnahmen später anschauten), sah Polizisten aufgeregt zusammenlaufen, empörte Palastwächter in militärischer Uniform, die mit heftig rudernden Armen versuchten, ihn wegzuscheuchen. Und das war noch nicht alles. Misstönend gurrend flatterten fette Tauben um ihn. Er überlegte kurz, sie gebraten zu seinen beiden Gehilfen zu schicken, das war seiner Ansicht nach ihre beste Existenz- und Darreichungsform. Dann entschied er, die lästigen Vögel zu ignorieren, auch wenn es schwerfiel.

      Der Getreue streckte die Fühler aus, stutzte, machte dann jedoch weiter. Er spürte die Anwesenheit einer altmagischen Wesenheit, die er hier nicht erwartet hätte, und die verantwortlich für eine beginnende Veränderung war, doch er hatte auch hierfür keine Zeit, sich darum zu kümmern.

      Das Feuer loderte in ihm, während er die letzten Linien entlang suchte, und das herabfallende Wasser verdampfte inzwischen, noch bevor es seine Hülle erreichte.

      Der Mann ohne Schatten begriff, dass es hier bei den Sterblichen keine Linderung geben würde. Die Königin musste das Portal zur Menschenwelt durchschritten haben, aber sie war nie dort angekommen.

      Aber wo war sie dann?

      Annuyn, dachte er.

      Angewidert betrachtete er die zunehmende Menschenansammlung, die anfing, mit Gewalt zu drohen. Er begriff überhaupt nicht, weshalb sie ihm ihr Interesse zuwandten, da er ja nichts weiter tat, verglich sie im Geiste mit den Tauben, und ging.

      *

      Der Graue Mann brütete über seinem Schachbrett, auf dem er gegen sich selbst spielte. Hinter ihm gingen die Schatten im Schloss ein und aus. Nichts hatte sich verändert, nichts würde sich je verändern. Dieses Reich der Toten stand außerhalb der Welten. Das war wenigstens eine Beruhigung, sonst wäre der Getreue allmählich in arge Nöte geraten und hätte zweifeln müssen, ob er mit dem Stab am Ätna nicht doch einen Fehler gemacht hatte.

      Samhain blickte nicht auf, als der Mann ohne Schatten an seinen Tisch trat. »Du brennst«, stellte er fest. »Soll ich dir Wasser holen?«

      »Kein Wasser kann dies löschen«, antwortete der uneingeladene Gast düster. »Linderung kann ich nur auf eine Weise finden.«

      »Doch nicht hier.«

      Der Mann ohne Schatten sank auf den freien Stuhl. »Ich hatte es so sehr gehofft …«

      Der Graue Mann zog den Läufer der anderen Seite, fluchte, und schlug sich dann selbst. »Es tut mir leid, ich würde dir gern helfen.«

      »Hast du wenigstens irgendeine Spur … einen Hinweis …«

      »Nicht in diesem Reich, und nach außerhalb kann ich nicht blicken. Hast du es schon in der Geisterwelt versucht?«

      »Nein.« Frustriert richtete er den Blick auf das Schachbrett. Dann zog er den schwarzen Springer. »Schachmatt, du Narr. Du wirst es nie lernen, nicht mal gegen dich selbst.«

      »Ich kann dir zwei Dinge raten.« Samhain schnippte seinen König um und lehnte sich nach hinten. »Erstens: Wehe, du pfuschst mir noch einmal in meine ausgefeilte Strategie. Zweitens: Kehre an den Ursprung zurück, nur dort kannst du die Spur aufnehmen.«

      »Sagtest du nicht, ich soll in der Geisterwelt …«

      »Ich sage nichts weiter, als dass Bandorchu nicht hier ist, und wenn sie es wäre, würde ich sie sofort wieder hinausschicken, ganz ohne Fragenspiel. Für sie ist kein Platz hier. Was sie im Schattenland getan hat, mag sie vielleicht hier wiederholen, und das wäre wirklich das Ende, meinst du nicht?«

      Der Getreue stand auf. »Ich tu, was getan werden muss, das ist nach wie vor meine einzige Antwort, die ich habe.« Es hatte keinen Sinn, hier würde er keine Wegweisung finden, und Unterstützung auch nicht.

      Blieb also nur noch die Geisterwelt, die beide Welten miteinander vereinte.

      Er ging auf das Portal des Schlosses zu, schritt hindurch und war verschwunden.

      *

      Die Geisterwelt beanspruchte ihn für lange Zeit. Hier galten keine bekannten Regeln und Gesetze, und selbst der Getreue konnte nicht einfach hindurchmarschieren und seine Kräfte einsetzen, wie es ihm beliebte. Er durchstreifte diese Sphäre mit der Geschwindigkeit, die ihm möglich war, und öffnete all seine Sinne. Nach einer ergebnislosen


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