Kleine Frauen, Band 3: Kleine Männer. Louisa May AlcottЧитать онлайн книгу.
nur kurz, lag dann ruhig da und schaute mit einem überraschten "Hallo" zu dem neuen Gesicht auf.
"Hallo!", erwiderte Nat, da er nicht wusste, was er außerdem sagen sollte, und diese Form der Antwort für kurz und angemessen hielt.
"Bist du ein Neuer?", fragte der am Boden liegende Junge, ohne sich zu rühren.
"Das weiß ich noch nicht."
"Wie ist dein Name?"
"Nat Blake."
"Ich heiße Tommy Bangs; komm doch mit hoch und mach bei uns mit!" Mit diesen Worte stand Tommy auf, als würde er sich plötzlich an die Gebote der Gastfreundschaft erinnern.
"Lieber nicht, denn ich weiß ja nicht, ob ich bleiben darf", erwiderte Nat, der deutlich spürte, dass der Wunsch zu bleiben jeden Moment stärker wurde.
"Hey, Demi, hier ist ein Neuer. Komm und stell dich vor", sagte der aufgeweckte Thomas und nahm mit unverminderter Freude seine körperliche Betätigung wieder auf.
Auf seinen Ruf hin schaute der Junge, der auf der Treppe las, mit großen, braunen Augen auf, klemmte nach einer kurzen Pause, in der er ein wenig schüchtern wirkte, das Buch unter seinen Arm und kam langsam herunter, um den Neuankömmling zu begrüßen, der in dem angenehmen Gesicht dieses schlanken Jungen mit den sanften Augen etwas sehr Anziehendes fand.
"Hast du Tante Jo schon getroffen", fragte er, als ob es sich dabei um eine wichtige Zeremonie handeln würde.
"Ich habe noch niemanden außer euch Jungs gesehen; ich warte noch", antwortete Nat.
"Hat Onkel Laurie dich geschickt?", fuhr Demi höflich, aber ernst, fort.
"Nein, Mr. Laurence."
"Das ist Onkel Laurie; und er schickt immer nette Jungs."
Nat wirkte erfreut nach dieser Bemerkung und lächelte auf eine Weise, die seinem dünnen Gesicht sehr gut stand. Da er nicht wusste, was er als nächstes sagen sollte, standen beide in freundschaftlichem Schweigen da und starrten einander an, bis das kleine Mädchen mit ihrer Puppe im Arm auftauchte. Sie sah Demi sehr ähnlich, war aber nicht so groß, und hatte ein runderes, rosigeres Gesicht und blaue Augen.
"Das ist meine Schwester Daisy", verkündete Demi, als ob sie ein sehr seltenes und kostbares Geschöpf wäre.
Die Kinder nickten einander zu, und im Gesicht des kleinen Mädchens entstanden Grübchen, als sie freundlich sagte:
"Ich hoffe, du bleibst. Wir haben so viel Spaß hier; nicht wahr, Demi?"
"Natürlich; deswegen hat Tante Jo ja Plumfield."
"Dies scheint in der Tat ein sehr schöner Ort zu sein", bemerkte Nat, der meinte, diesen liebenswerten Kindern antworten zu müssen.
"Es ist der schönste Ort der Welt, nicht wahr, Demi?", sagte Daisy, die ihren Bruder offensichtlich als Fachmann in allen Fragen betrachtete .
"Nein; ich denke, dass Grönland, wo es Eisberge und Robben gibt, noch interessanter ist. Aber ich bin gerne in Plumfield, und es ist wirklich ein sehr schöner Ort", antwortete Demi, der gerade ein Buch über Grönland gelesen hatte. Er wollte Nat gerade die Bilder zeigen und erklären, als der Diener zurückkam und mit einem Nicken zur Stubentür sagte:
"In Ordnung, es ist so weit."
"Da bin ich froh; komm mit zu Tante Jo." Daisy nahm ihn mit einer behütenden Geste bei der Hand, was Nat sofort ein Gefühl von Zuhause gab.
Demi nahm sich wieder seinem geliebten Buch an, während seine Schwester den Neuankömmling in ein Hinterzimmer führte, wo ein stämmiger Herr mit zwei kleinen Jungs auf dem Sofa herumtollte und eine schlanke Dame gerade den Brief beendete, den sie anscheinend zum zweiten Mal gelesen hatte.
"Hier ist er, Tantchen!", rief Daisy.
"Das ist also mein neuer Junge? Ich freue mich, dich zu sehen, mein Lieber, und hoffe, dass du hier glücklich wirst", sagte die Dame, zog ihn zu sich und strich ihm mit sanfter Hand und mütterlichem Blick die Haare aus der Stirn, was sie bei Nat gleich sehr beliebt machte.
Sie war nicht wirklich gutaussehend, aber sie hatte ein fröhliches Gesicht, das gewisse kindliche Verhaltensweisen und Ausdrücke nicht vergessen zu haben schien, ebenso wenig wie ihre Stimme und ihr Benehmen; und diese Dinge, die schwer zu beschreiben, aber sehr deutlich zu sehen und zu fühlen waren, machten sie zu einem angenehmen, liebenswerten Menschen, mit dem man leicht zurechtkam und der im Allgemeinen "lustig" war, wie Jungs sagen würden. Sie sah das kleine Zittern auf Nats Lippen, als sie sein Haar glättete, und ihre scharfen Augen wurden sanfter; aber sie zog die verwahrlost wirkende Gestalt nur näher zu sich heran und sagte lachend:
"Ich bin Mutter Bär, dieser Herr da ist Vater Bär, und das sind die beiden kleinen Bärchen – Kommt her, Jungs, und begrüßt Nat.
Die drei Ringer gehorchten sofort, und auch der stämmige Mann, auf dessen Schultern jeweils ein pummeliges Kind saß, kam her, um den neuen Jungen zu begrüßen. Rob und Teddy grinsten ihn nur an, aber Mr. Bär schüttelte ihm die Hände, zeigte auf einen niedrigen Stuhl in der Nähe des Feuers und sagte mit herzlicher Stimme:
"Dort ist ein Platz für dich, mein Sohn; setz dich hin und trockne sofort deine nassen Füße."
"Nass? Das stimmt! Mein Lieber, raus mit den Schuhen, und ich besorge dir im Nu ein paar trockene Sachen ", rief Mrs. Bär, die so energisch umherschwirrte, dass Nat mit trockenen Socken und warmen Pantoffeln an den Füßen in dem gemütlichen, kleinen Stühlchen saß, bevor er Zeit gehabt hätte, auf drei zu zählen – selbst, wenn ihm dies in den Sinn gekommen wäre. Stattdessen sagte er "Danke, Ma'am"; und er sagte dies so hingebungsvoll, dass Mrs. Bärs Augen schon wieder sanft wurden, und sie etwas Fröhliches sagen musste, um Ihre Rührung zu verstecken.
"Das sind Tommy Bangs Hausschuhe; aber er zieht sie grundsätzlich nie im Haus an, also braucht er sie auch nicht. Sie sind dir zu groß, aber das ist umso besser; denn so kannst du nicht so schnell vor uns weglaufen, als wenn sie passen würden.
"Ich will nicht weglaufen, Ma'am." Mit einem langen, zufriedenen Seufzer breitete Nat seine schmutzigen, kleinen Hände vor dem gemütlichen Feuer aus.
"Das ist gut! Jetzt werde ich dich einmummeln und versuchen, diesen grässlichen Husten loszuwerden. Wie lange hast du den schon, mein Lieber?", fragte Mrs. Bär, während sie in ihrem großen Korb nach einem Streifen Flanell wühlte.
"Schon den ganzen Winter. Ich bekam eine Erkältung, und die wollte irgendwie einfach nicht besser werden."
"Kein Wunder, wenn man in so einem feuchten Kellerloch lebt und kaum einen Lumpen am Körper hatte", sagte Mrs. Bär leise zu ihrem Mann, dessen Augen den Jungen eingehend betrachteten und denen weder die dünnen Schläfen und fiebrigen Lippen, noch die heisere Stimme und die häufigen Hustenanfälle entgingen, die die gebeugten Schultern unter der zusammengeflickten Jacke erschütterten.
"Robin, mein Bester, zottle mal zum Kindermädchen und sag ihr, sie soll dir den Hustensaft und das Mittel zum Einreiben geben", sagte Mr. Bär, nachdem seine Augen mit denen seiner Frau telegrafiert hatten.
Nat beobachtete die Vorbereitungen mit etwas Sorge, vergaß aber seine Ängste mit einem herzlichen Lachen, als Mrs. Bär ihm mit einem drollig anmutenden Blick zuflüsterte:
"Hör mal, wie mein kleiner Schurke Teddy sich gerade abmüht, einigermaßen zu husten. In dem Sirup, den ich dir gleich gebe, ist nämlich Honig drin; und den will er haben."
Als endlich die Flasche kam, war der kleine Ted schon rot im Gesicht vor lauter Strapazen, und durfte den Löffel ablutschen, nachdem Nat eine große Ladung eingenommen hatte und sich das Stück Flanell um den Hals legen ließ.
Diese ersten Versuche einer schnellen Heilung waren kaum abgeschlossen, als eine große Glocke läutete und ein lautes Herumtrampeln in der Vorhalle das Abendessen ankündigte. Der schüchterne Nat bebte bei dem Gedanken, so viele fremde Jungen zu treffen, aber Mrs. Bär streckte ihm ihre Hand entgegen und Rob sagte väterlich: "Hab keine Angst, ich kümmere mich um dich.
Zwölf