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Die Fieberkurve. Friedrich GlauserЧитать онлайн книгу.

Die Fieberkurve - Friedrich  Glauser


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zündete sie umständlich an und gab auch Madelin Feuer, der eine Pfeife gestopft hatte. Mit dieser gab der Kommissär seinem Schweizer Kollegen einen Wink, eine kleine Aufforderung, mit dem fälligen Verhör zu beginnen.

      Studer rückte nun ebenfalls vom Tisch ab, legte die Ellbogen auf die Schenkel, faltete die Hände und begann zu fragen, langsam und bedächtig, während seine Augen gesenkt blieben.

      »Zwei Frauen? Ihr Bruder hat sich wohl nicht der Bigamie schuldig gemacht?«

      »Nein«, sagte Pater Matthias. »Er ließ sich scheiden von der ersten Frau und heiratete dann ihre Schwester Josepha.«

      »So so. Scheiden?« wiederholte Studer. »Ich dachte, das gäbe es nicht in der katholischen Religion.« Er hob die Augen und sah, daß Pater Matthias rot geworden war. Von der sehr hohen Stirne rollte eine Blutwelle über das braungebrannte Gesicht – nachher blieb die Haut merkwürdig grau gefleckt.

      »Ich bin mit achtzehn Jahren zur katholischen Religion übergetreten«, sagte Pater Matthias leise. »Daraufhin wurde ich von meiner Familie verstoßen.«

      »Was war Ihr Bruder?« fragte Studer weiter.

      »Geologe. Er schürfte im Süden von Marokko nach Erzen: Blei, Silber, Kupfer. Für die französische Regierung. Und dann ist er in Fez gestorben.«

      »Sie haben den Totenschein gesehen?«

      »Er ist der zweiten Frau nach Basel geschickt worden. Meine Nichte hat ihn gesehen.«

      »Sie kennen Ihre Nichte?«

      »Ja; sie wohnt in Paris. Sie war hier bei dem Sekretär meines verstorbenen Bruders angestellt.«

      »Nun«, meinte Studer und zog sein Notizbüchlein aus der Tasche – es war ein neues Ringbuch, das stark nach Juchten roch, ein Weihnachtsgeschenk seiner Frau, die sich immer über seine billigen Wachstuchbüchli geärgert hatte. Studer schlug es auf.

      »Geben Sie mir die Adressen Ihrer beiden Schwägerinnen«, bat er höflich.

      »Josepha Cleman-Hornuss, Spalenberg 12, Basel. – Sophie Hornuss, Gerechtigkeitsgasse 44, Bern.« Der Pater sprach ein wenig atemlos.

      »Und Sie meinen wirklich, mein Vater, daß den alten Frauen Gefahr droht?«

      »Ja… wirklich… ich glaube es… bei meiner Seele Seligkeit!« Wieder hätte Studer dem Männlein mit dem Schneiderbart am liebsten gesagt: »Reden Sie weniger geschwollen!« Aber das ging nicht an. Er sagte nur:

      »Ich werde hier in Paris noch Silvester feiern, dann den Nachtzug nehmen und am Neujahrsmorgen in Basel ankommen. Wann fahren Sie in die Schweiz?«

      »Heut'… Heut' nacht!«

      »Dann«, sagte Godofreys Papageienstimme, »dann haben Sie gerade noch Zeit, ein Taxi zu nehmen.«

      »Mein Gott, ja, Sie haben recht… Aber wo… ?«

      Kommissär Madelin tauchte ein Stück Zucker in seinen Rum und während er an diesem »Canard« lutschte, rief er dem schnarchenden Beizer ein Wort zu.

      Dieser sprang auf, stürzte zur Tür, steckte zwei Finger zwischen die Zähne. So gellend war der Pfiff, daß sich Pater Matthias die Ohren zuhielt.

      Und dann war der Geschichtenerzähler verschwunden.

      Kommissär Madelin brummte: »Ich möcht' nur eines wissen. Hält uns der Mann für kleine Kinder? – Stüdère, es tut mir leid. Ich dachte, er hätte Wichtigeres zu erzählen. Und dann war er mir empfohlen worden. Er hat Protektionen, hohe Protektionen!… Aber nicht einmal eine Runde hat er bezahlt! Wirklich, er ist ein Kind!«

      »Verzeihung, Chef«, entgegnete Godofrey. »Das stimmt nicht. Kinder stehen mit den Engeln auf du und du. Aber unser Pater duzt die Engel nicht… «

      »Hä?« Madelin riß die Augen auf und auch Studer betrachtete erstaunt das überelegante Zwerglein.

      Godofrey ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

      »Die Engel duzt man nur«, sagte er, »wenn man ein lauteres Gemüt hat. Unser Pater ist voller Ränke. Sie werden noch von ihm hören! Aber jetzt«, er winkte dem Wirt, »jetzt trinken wir Champagner auf das Wohl des Enkelkindes unseres Inspektors.« Und er wiederholte die deutschen Worte des Telegramms: »Das junge Schakobli läßt den alten Schakob grissen… « Studer lachte, daß ihm die Tränen in die Augen traten und dann tat er seinen Begleitern Bescheid.

      Übrigens war es gut, daß Kommissär Madelin seinen Polizeiauswels bei sich trug. Denn sonst wären die drei Männer um zwei Uhr morgens sicher wegen Nachtlärm arretiert worden. Studer hatte es sich in den Kopf gesetzt, seinen beiden Begleitern das Lied vom »Brienzer Buurli« beizubringen, und ein uniformierter Polizist fand einen Pariser Boulevard ungeeignet für eine Gesangsstunde. Er beruhigte sich jedoch, als er den Beruf der drei Männer festgestellt hatte. Und so konnte Wachtmeister Studer fortfahren, seinen Kollegen von der Pariser Sicherheitspolizei bernisches Kulturgut zu vermitteln. Er lehrte sie: »Niene geit's so schön und luschtig… «, worauf ihm das Wort »Emmental« Gelegenheit gab, den Unterschied zwischen Greyerzer- und Emmentalerkäse zu erläutern. Denn in Frankreich herrscht die ketzerische Ansicht, jeder Schweizerkäse stamme aus dem Greyerzerlande…

      Gas

      Nachdem Wachtmeister Studer seinen ramponierten Schweinslederkoffer in einem Abteil des Nachtschnellzuges Paris-Basel verstaut hatte, ließ er im Gang das Fenster herab und nahm Abschied von seinen Freunden. Kommissär Madelin zog mit Ächzen und Stöhnen eine in Zeitungspapier verpackte Flasche aus der Manteltasche, Godofrey reichte ein Päcklein zum Waggonfenster hinauf, das ohne Zweifel eine Terrine Gansleberpastete enthielt, und lispelte: »Pour madame!« Dann fuhr der Zug aus der Halle des Ostbahnhofes und Studer kehrte in sein Drittklaß-Abteil zurück.

      Seinem Eckplatz gegenüber hatte ein Fräulein Platz genommen. Pelzjackett, graue Wildlederschuhe, grauseidene Strümpfe. Das Fräulein zündete eine Zigarette an – ausgesprochen männliche Raucherware, französische Régie-Zigaretten: Gauloises. Sie streckte Studer das blaue Päcklein hin und der Wachtmeister bediente sich. Das Fräulein erzählte, es sei Baslerin und wolle seine Mutter besuchen. Über Neujahr. – Wo wohne die Mutter? – Auf dem Spalenberg. – So so? Auf dem Spalenberg? – Ja…

      Studer begnügte sich mit dieser Auskunft. Das junge Meitschi war zwei-, höchstens dreiundzwanzigjährig und es gefiel dem Wachtmeister ausnehmend. Es gefiel ihm – in allen Ehren. Schließlich hatte man nicht das Recht als Großvater, als solider Mann… Äbe!… Und es war angenehm, mit dem Meitschi z'brichte…

      Dann wurde Studer müde, entschuldigte sein Gähnen, er sei sehr beschäftigt gewesen in Paris – das Meitschi lächelte, unverschämt ein wenig, – was tat das? Der Wachtmeister lehnte den schweren Kopf in die Ecke auf seinen grauen Regenmantel und schlummerte ein. Als er erwachte, saß ihm gegenüber immer noch das Meitschi, es schien sich kaum bewegt zu haben. Nur das blaue Päckli mit den Zigaretten, das in Paris noch voll gewesen war, lag als leeres Papier, zusammengeknäuelt, in einer Ecke. Und Studer hatte Kopfweh, weil das Kupée blau von Rauch war…

      Er trug seinen Koffer und den seiner Mitreisenden bis an den Zoll, verabschiedete sich dann und stieß mit einem Manne zusammen, der auf dem Kopfe eine Kappe trug, die aussah wie ein von einem Töpfer verpfuschter Blumentopf; eine weiße Mönchskutte hüllte seinen mageren Körper ein und die Füße, die blutten, steckten in offenen Sandalen…

      Wachtmeister Studer erwartete eine herzliche Begrüßung. Sie erfolgte nicht. Das Gesicht, mit dem Schneiderbärtlein am Kinn, sah ängstlich aus und traurig, der Mund –wie bleich waren die Lippen! – murmelte: »Ah, Inspektor! Wie geht's?« Und ohne eine Antwort abzuwarten, wandte sich Pater Matthias dem jungen Mädchen zu, das mit Studer gereist war, und nahm ihm den Koffer ab. Vor dem Bahnhof stiegen die beiden in ein Taxi und fuhren davon.

      Der Wachtmeister hob die mächtigen Achseln. Die Prophezeiungen des Hellseherkorporals, die ein Weißer Vater drei Kriminalisten in einer Beize bei den Pariser Markthallen aufgetischt hatte,


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