Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
Name ist Jürgen Richter«, sagte er stockend. »Ich möchte gern wissen, was mit Dotty ist.«
Lore hörte eigentlich nur den Namen«? Jürgen, und sie blickte in ein schmales, blasses kluges Gesicht.
Melanie hatte den Namen Jürgen erwähnt. Sie atmete jetzt ganz tief durch.
»Bitte, treten Sie ein, Herr Richter«, sagte sie. »Wir würden auch gern wissen, wo unsere Tochter ist.«
»Hat es meinetwegen Streit gegeben?« fragte er verlegen. »Ich würde das gern richtigstellen.«
»Leider haben wir bis heute von einer Existenz keine Ahnung«, sagte Lore, »aber mein Mann wird auch gern hören wollen, warum das so ist.«
Dann standen sich auch die beiden Männer gegenüber, musterten sich kritisch und reserviert, aber dann sagte Wilfried Emmrich: »Nehmen Sie bitte Platz.«
»Ich möchte lieber stehen«, sagte Jürgen. »Ich möchte Ihnen erklären, daß ich schuld bin. Ich habe Dotty gesagt, daß sie erst von mir sprechen soll, wenn ich das Examen geschafft habe, aber wenn sie weg ist, schaffe ich es nie.«
»Nun mal langsam«, sagte Professor Emmrich. »Um was für ein Examen handelt es sich?«
»Ich studiere an der Technischen Hochschule. Ich will Hochbauingenieur werden. Nebenbei mußte ich mir meinen Lebensunterhalt verdienen.«
»Als Taxichauffeur«, warf Lore ein.
»Dann hat Dotty es also doch erzählt«, sagte Jürgen.
»Nein, das hat mir eine liebe Bekannte erzählt. Eine wirklich liebe Bekannte«, sagte Lore.
»Ich verstehe überhaupt nichts«, sagte ihr Mann. »Warum hat es Dotty uns verschwiegen?«
»Du hast es eben gehört, Lieber. Dieser junge Mann wollte nicht in Erscheinung treten, bevor er nicht sein Staatsexamen gemacht hat«, sagte Lore ruhig. »Aber nun setzen Sie sich, Herr Richter, und trinken Sie mit uns Tee. Dabei läßt es sich besser reden.«
»Ich stamme doch aus sehr bescheidenen Verhältnissen, und ich wollte nicht, daß Dotty über uns spricht, bevor ich nicht etwas zu bieten habe. Wenigstens ein abgeschlossenes Studium.«
»Man soll es nicht glauben«, sagte Wilfried Emmrich seufzend, »diese Jungen heutzutage sind manchmal pingeliger als wir Alten. Habt ihr euch deshalb etwa gar in die Haare gekriegt?«
»Nein, überhaupt nicht«, stammelte Jürgen verlegen.
»Dann verstehe ich nicht, warum Dotty verschwunden ist«, sagte der Professor, »aber Ruhe bewahren, Lore. Wenn sie sich nicht mit ihrem Herzallerliebsten gestritten hat, wird sie auch heimkehren.«
»Ich will Dotty ja heiraten«, sagte Jürgen, »aber erst muß ich eine Stellung haben. Ich wollte nicht, daß Sie denken, daß ich mich in ein gemachtes Nest setzen will.«
»Anstand scheint wieder Mode zu werden«, sagte Lore mit einem versteckten Lächeln. »Der junge Baron bricht aus, um nicht in so schmählichen Verdacht zu geraten, und dieser Jürgen Richter will erst mit einem bestandenen Examen um die Hand unserer Tochter anhalten. Was sagst du dazu, Friedl?«
Er blinzelte ihr zu. »Was soll ich sagen? Wahrscheinlich muß man erst in die reifen Jahre geraten, um mutig eine Frau zu fragen, ob sie das Leben mit einem teilen will. Junger Mann, jetzt reden wir mal ganz offen miteinander. Sie haben also die Absicht, unsere Tochter zu heiraten.«
»Ich liebe Dotty«, erwiderte Jürgen. »Wir haben oft darüber gesprochen, daß wir später mal heiraten wollen. Ich muß nur erst eine gute Stellung finden, damit sie nicht allzuviel entbehren muß.«
»Sie haben also vorausgesetzt, daß wir nicht einverstanden sind und sie von uns nichts mehr bekommt.«
»Ich will nicht, daß sie etwas annimmt, und Dotty will es auch nicht. Leider habe ich nur ein möbliertes Zimmer.«
»Das Dotty aber anscheinend schon genau kennt«, sagte Wilfried Emmrich schmunzelnd. »Wenn man kein Geld hat, muß man sich ja irgendwo unterhalten können.«
Jürgen sah ihn verblüfft an. »Sie scheinen sehr verständnisvoll zu sein, Herr Professor«, sagte er.
»Glauben Sie, zu unserer Zeit war das anders? Liebe Güte, da mußte man sich nur hüten, daß einem die Bude nicht gekündigt wurde. Aber immerhin bin ich Neurologe und weiß, wieviel Komplexe oder Schlimmeres dadurch entstehen, daß Gefühle unterdrückt oder geleugnet werden, daß Heimlichkeiten Schuldgefühle zur Folge haben können und so eine Kette ohne Ende entsteht. Dotty hat wahrhaftig keinen Grund gehabt, uns Ihre Bekanntschaft vorzuenthalten.«
»Dotty trifft keine Schuld«, sagte Jürgen. »Ich habe immer gesagt, daß ich es nicht will, und ich dachte, daß sie es nun doch gesagt hat und genau das eingetroffen sein könnte, was ich befürchtet habe.«
»Und nun sitzen Sie hier, und Dotty ist fern«, sagte der Professor.
»Ich mache mir Sorgen«, murmelte Jürgen. »Sie hat Angst vor dem Alleinsein und hängt doch so sehr an Ihnen, und ich wollte ganz gewiß nicht, daß es zu Differenzen kommt.«
»Dazu ist es auch nicht gekommen. Ich kann über euch nur den Kopf schütteln«, sagte Lore.
»Ich bin sehr streng erzogen worden«, erklärte Jürgen. »Dotty ist überhaupt das erste Mädchen, für das ich mich interessiert habe.«
»Hoffentlich wird es dann dabei bleiben«, brummte der Professor. »Nun, ich denke, daß meine Tochter zumindest meinen Geburtstag nicht vergessen wird, und dann werden wir der erlauchten Gesellschaft eine Verlobung verkünden. Was meinst du, Lore, das wäre doch der Hammer.«
»Wir sollten es den jungen Leuten überlassen, mein Lieber«, sagte sie lächelnd.
»Ich habe doch nicht mal einen dunklen Anzug«, sagte Jürgen ganz kleinlaut. »Nein, das will ich auch nicht. Ich möchte wirklich nur wissen, wo ich Dotty finden kann.«
»Da sind wir augenblicklich überfragt«, sagte Lore. »Aber vielleicht habe ich sie selbst animiert zu diesem Ausflug, da ich ihr erzählte, daß ihre Freundin Susanne sich in die Einsamkeit zurückgezogen hat. Ja, das könnte es sein! Sie ist bestimmt zu Susi gefahren.«
»Und wo ist das?« fragte Jürgen wie elektrisiert.
»Irgendwo in Tirol«, erwiderte Lore, »aber schön sitzen bleiben, Jürgen Richter. Zu gewissen Zeiten ist es gar nicht gut, wenn der Mann der Frau nachläuft. Dotty wird sich sicher bald melden.«
Und kaum hatte sie es ausgesprochen, läutete das Telefon. »Laß mich, Friedl«, sagte Lore und eilte schon zum Apparat. »Du, Susi?« rief sie aus. »Das ist aber eine Überraschung! Ja, ich höre… Natürlich triffst du uns an. Morgen vormittag? Freilich sind wir zu Hause. War Dotty bei dir? Was, sie ist noch da? Na, dann sag ihr mal, daß sie sehnsüchtig gesucht wird von einem gewissen Jürgen Richter, mit dem wir uns schon angefreundet haben. Bis morgen dann.«
»Warum hat Dotty nicht selbst mit dir gesprochen?« fragte Wilfried Emmrich.
»Sie schläft. Im Haus ist kein Telefon. Susanne hat von der Post aus angerufen. Morgen kommt sie.«
»Dotty nicht auch?« fragte Jürgen hastig.
»Vielleicht kommt sie zuerst zu Ihnen«, sagte Lore lächelnd. »Nun, ich bin jedenfalls sehr gespannt, worüber Susanne mit uns sprechen will.«
»Vielleicht haben wir Dotty doch falsch erzogen«, meinte Wilfried Emmrich nachdenklich.
»Nein, bestimmt nicht«, warf Jürgen ein. »Dotty spricht nur liebevoll von ihren Eltern. Sie will Ihnen nur keinen Kummer bereiten.«
»Das hat sie nie getan«, sagte Lore, »und ich denke, daß Sie auch ganz gut mit uns auskommen werden. Aber die Zukunftspläne werden wir erst erörtern, wenn sie da ist.«
»Und als Hochbauingenieur steht Ihnen die Welt doch offen«, gab der Professor seinen Kammentar dazu. »Einen besseren Beruf hätten Sie sich