Sophienlust Paket 4 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
stellt sich geschickt an und hat keine Angst«, lobte Nick ihn.
»Das Reiten wird ihm vielleicht in Südafrika zugutekommen«, raunte Alexander seiner Frau leise zu, sodass nur sie ihn verstand.
»Er will immer noch nichts von seinem Vater wissen«, seufzte Denise. »Allerdings ist Herr Magnus nicht mehr hier gewesen, seit er den Koffer brachte. Er ruft jeden Morgen an und fragt, wie es seinem Jungen geht. Fertig. Klaus interessiert sich insgeheim doch für seinen Vater, wenn er das auch nie zugeben würde. Er fragt auf Umwegen nach ihm. Gestern erzählte mir Nick, dass er sich nach dem Klima in Südafrika erkundigt habe. Jetzt sollte der Vater ihm entgegenkommen.
»Vielleicht ergibt sich eine Gelegenheit, ihn darauf hinzuweisen, Isi. Ich muss sagen, dass mir der Junge gut gefällt. Er hat sich erholt und fügt sich großartig in die Gemeinschaft der Kinder ein.«
»Ich bin froh, dass er den Schock überwunden hat. Für Klaus war es eine schwierige Zeit.«
»Bravo, Klaus!« Die lauten Beifallsrufe der Kinder übertönten die im Flüsterton geführte Unterhaltung. Klaus hatte seinen ersten Sprung über eine niedrig gelegene Stange gewagt.
Pünktchen war besonders begeistert. »Klaus ist prima, Nick«, rief sie aus. »Wir geben ihn nicht wieder her, sondern trainieren mit ihm für das Turnier der Ponyreiter.«
»Langsam, langsam«, meinte Nick überlegen. »So schnell lernt sich das nicht. Aber hierbleiben musst du sowieso, Klaus.«
Klaus stieg ab. Er hatte heiße Wangen und sah sehr stolz aus. »Klar bleibe ich«, versicherte er. »Südafrika ist mir ganz egal.« Doch das hörte sich nicht mehr so überzeugt an wie vor zwei Wochen.
Denise nahm ihren lang aufgeschossenen Sohn ein wenig beiseite. »Vergiss nicht, dass Klaus mit seinem Vater nach Südafrika gehen soll«, erinnerte sie ihn. »Du darfst ihn nicht dagegen beeinflussen. Ich kann mich doch sonst immer auf dich verlassen.«
Nick holte tief Luft. »In Ordnung, Mutti. Es ist mir nur herausgerutscht.«
Klaus hatte sein Pony inzwischen vorschriftsmäßig abgesattelt und versorgt. Nun kam er – Heinrich, die Katze, im Arm – auf die Gruppe zu.
»Wenn ich Heinrich nicht mitnehmen darf, will ich sowieso nicht nach Südafrika, Tante Isi«, verkündete er. »Können dort eigentlich Katzen leben, Onkel Alexander?«
Der Gutsherr vom benachbarten Schoeneich, dem Wohnsitz der Familie von Schoenecker, hob die Schultern. »Ganz genau weiß ich es nicht, Klaus. Aber Katzen gibt es fast überall auf der Welt.«
»Es wäre doch gemein von mir, wenn ich fortginge und Heinrich hierlassen würde«, erklärte Klaus aufatmend.
»Schon recht«, sagte Denise freundlich und strich ihm über das wirre Haar. »Vielleicht ließe sich für Heinrich ein Reisekörbchen beschaffen, damit er dich begleiten kann.«
Klaus machte eine abwehrende Bewegung. »Erst einmal bin ich hier, Tante Isi. Es hat noch viel Zeit.«
Vom Haus ertönte der Gong. »Es gibt Abendessen«, riefen die Kinder und liefen davon.
»Für Klaus wäre es wohl wirklich besser, wenn er bei uns bleiben könnte«, meinte Denise sorgenvoll. »Ich kann zwar verstehen, dass Herr Magnus seinen Sohn mitnehmen möchte, aber ich befürchte, dass er es nur aus Pflichtgefühl tun will. Er bemüht sich gar zu wenig um den Jungen.«
»Er kennt ihn ja kaum und ist von ihm sofort zurückgestoßen worden«, gab Alexander zu bedenken.
»Das ist wahr«, bestätigte Denise. »Man kann kaum erwarten, dass er das ihm bisher völlig fremde Kind bereits lieb gewonnen hat. Aber immerhin ist er in Bachenau geblieben. Ich müsste mich einmal in Ruhe mit ihm unterhalten. Bei den kurzen Telefongesprächen kommt nicht viel heraus.«
Alexander von Schoenecker legte die Arme um seine geliebte Frau. »Du wirst auch dieses Problem zu lösen wissen, Isi. Sei nicht ungeduldig mit dir selbst.«
»Ohne dich und die Gewissheit unserer Liebe wäre mir meine Aufgabe in Sophienlust manchmal zu schwer geworden«, flüsterte sie.
»Ach, Isi, wir wollen nicht nachrechnen. Ich habe dir gewiss sehr viel mehr zu verdanken als du mir.«
Denise legte den Kopf an die Schultern ihres Mannes und dachte an die Zeit, als sie in bitterster Not gelebt hatten und Nicks unverhoffte große Erbschaft ihr wie ein Wunder erschienen war. Doch das größte Wunder war die Begegnung mit Alexander von Schoenecker gewesen. An seiner Seite hatte sie nach dem viel zu frühen Tod ihres ersten Mannes ein neues Glück gefunden. Dieses Glück war für sie zum nie versiegenden Quell geworden, aus dem sie täglich neue Kraft schöpfte.
*
Lilo Werner befreite sich aus der Umarmung des Freundes. Lauschend hob sie den Kopf.
»Was ist das?«, fragte Klaus Magnus und strich ihr sanft über ihre Hand.
»Ich habe draußen etwas gehört, glaube ich.«
»Soll ich nachsehen?«
Lilo zögerte eine Sekunde. Dann stand sie entschlossen auf und ging in die Diele, um die Haustür zu öffnen. Klaus Magnus folgte ihr.
»Siegfried ist zurück«, flüsterte Lilo mit enger Kehle. Ein Blick auf ihre Armbanduhr belehrte sie, dass es bereits zwei Uhr nachts war.
Siegfried Werner verschloss die Garagentür und nun kam er auf sie zu. »Du bist noch auf?«, wunderte er sich.
»Ja, Siegfried. Jetzt lernst du Klaus Magnus wenigstens gleich kennen«, antwortete sie rasch. »Wir haben uns über Klaus unterhalten und dabei die Zeit vergessen. Ich habe dir ja am Telefon gesagt, dass der Junge jetzt in einem Kinderheim ist und sich weigert, Klaus Magnus als Vater zu akzeptieren. Es ist ein ernstes Problem. Zwar reden wir jeden Tag darüber, doch fällt uns kein Ausweg ein. Komm, wir haben eine Flasche Wein offen. Trinkst du noch ein Glas mit uns?«
Die beiden Männer reichten sich die Hände. Siegfried Werner sah müde aus. Er war spät aufgebrochen und sehr schnell gefahren.
»Nun ja, ein Glas«, meinte er. »Dann will ich ins Bett. Es waren anstrengende Tage. Aber die Sache hat sich rundherum für mich gelohnt. Es ist ein großer Vertragsabschluss.«
Lilo lächelte ihm zu. »Ich bin stolz auf dich.«
Sie holte ein drittes Glas und ordnete im Vorübergehen vor dem Spiegel in der Diele ihr Haar. Ihr Mann schien nichts Besonderes dabei zu finden, dass Klaus Magnus um diese späte Stunde noch bei ihr war. Ihre anfängliche Nervosität verging.
Im Wohnzimmer fand sie Siegfried und Klaus in anregender Unterhaltung. Die beiden sprachen jedoch nicht von dem Jungen, wie Lilo angenommen hatte, sondern von ihren Geschäften. Der eine von Schafen, der andere von der Werbung für seine Kosmetikfirma.
Schließlich verabschiedete sich Klaus Magnus. Siegfried Werner begleitete ihn bis zur Tür und betonte, dass er sich freuen würde, ihn wiederzusehen.
»Nun hat unser Klaus also einen Vater«, sagte Lilo, als Siegfried wieder bei ihr war. »Ich glaube, es ist eine glückliche Lösung. Meinst du nicht auch?«
»Vielleicht, Lilo. Vorläufig scheint es ja nicht zu klappen mit den beiden.«
»Du kennst doch Klaus. Er muss immer erst eine große Schau abziehen. Auf die Dauer wird es ihm schon recht sein, dass er einen Vater hat, der von so weit her kommt. Übrigens hat sich Klaus Magnus bereits mit den Behörden in Verbindung gesetzt. Da Gabi ihn als Vater angegeben hatte, wird er keine Schwierigkeiten haben, seinen Sohn zu bekommen. Unsere Auslagen will er auch ersetzen. Er hat das schon berechnet. Es ist viel, beinahe ein kleines Vermögen. Das käme für deinen Betrieb zustatten.«
Siegfried lachte. »Eine Geldspritze habe ich jetzt nicht mehr nötig, Lilo. Die Zeiten sind vorbei. Ich mache die gesamte Werbung für Rita Hellmann. Das bringt mir einen Haufen ein. In meinem Büro in Maibach liegen außerdem noch drei tolle Aufträge, die ich gleich morgen in Angriff nehmen muss. Zur Zeit gelingt mir einfach alles, was ich anfasse.«