Heliosphere 2265 - Der komplette Fraktal-Zyklus. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.
hier nicht über Funk besprechen. Es geht um eine Angelegenheit, die eine Menge Staub aufwirbeln könnte.«
»Ich höre.« Jayden regelte die Schwerkraft auf Normalniveau herab und stoppte das Band.
Während McCall von dem Sensorecho berichtete, das auf der HYPERION anders als auf NOVA interpretiert worden war, griff Jayden nach einem Handtuch und wischte sich den Schweiß vom Gesicht.
»… und bat mich, Sie zu informieren«, schloss McCall.
»Sie wollen mir also sagen, dass Lieutenant Kensington die direkte Order von Commodore Harris ignoriert und obendrein die Sensoraufzeichnung aus einem gesicherten Speicher der Station zu uns überspielt hat?«
»Genau genommen tat sie das mit der Billigung von Commander Buckshaw«, sagte McCall. »Der Transfer ging über seinen Account.«
Nun war Jayden doch mehr als verblüfft. Ausgerechnet der I.O. von NOVA half Tess Kensington? Mit allem hätte er gerechnet, aber nicht damit.
»Also schön.« Er schlang sich das Handtuch um den Hals und griff nach dem Pad. »Zeigen Sie her.«
McCall reichte ihm den Bericht und sah ihm schweigend beim Lesen zu.
Sie hatte aus dem Speicher der HYPERION die Sensoraufzeichnung abgerufen, an der Jayden jedoch nichts Auffälliges ausmachen konnte. Es war nur logisch, dass der Algorithmus die Aufnahme als irrelevant eingestuft hatte. Erst als er die Aufzeichnung von NOVA ansah, bemerkte er den Unterschied.
»Duspanit«, sagte er überrascht.
»Exakt, Sir.« Lieutenant McCall nickte eifrig. »Duspanit ist ein Mineral, das nur auf wenigen Welten der Solaren Union zu finden ist – daher sein immens hoher finanzieller Wert. Die Wahrscheinlichkeit, es in einem Meteoriten zu entdecken, liegt fast bei null Prozent.«
»Das ist mir bekannt, Lieutenant. Aber warum wurde das nicht von unserem Algorithmus entdeckt? Und weshalb hat Harris darauf nicht reagiert?«
»Als die Sensoren der HYPERION die Zusammensetzung analysierten, wurde das Ergebnis irgendwie … verfälscht. Während in der ersten Analyse das Duspanit noch zu finden ist, wurde es kurz darauf aus den Sensor-Logs entfernt, und in der Folge hat der Algorithmus das Ergebnis neu bewertet. Ich habe keine Ahnung, wie das geschehen konnte oder warum. Auf der Station hat das System ganz korrekt die Zusammensetzung erfasst und ausgewertet. Daher auch die Information an den Sensoroffizier. Leider hatte Lieutenant Kensington nicht die Zeit, sich die Auswertung genauer anzusehen und wurde direkt von der Kommandobrücke komplimentiert.«
»Also gut.« Jayden atmete langsam ein und aus, sein Puls raste noch immer aufgrund der körperlichen Anstrengung. »Übergeben Sie die Daten an Lieutenant Nurakow. Er soll mit den Sensoren der ÜL-Plattformen das gesamte System absuchen! Da wir momentan so unterbesetzt sind, helfen Sie ihm dabei. Finden sie mir diese Signatur. Ich ziehe mich um und komme auf die Kommandobrücke.« Er wandte sich zum Gehen. »Und holen Sie mir Commander Ishida.«
*
Jayden ließ sich in seinen Konturensessel sinken, nippte an seinem ViKo und sagte: »Geben Sie mir einen Bericht, Lieutenant Nurakow.«
»Ich lasse die Signatur von den ÜL-Plattformen suchen, Sir. Bisher ohne Ergebnis.«
Das Schott öffnete sich und seine I.O. trat ein. Mit schwungvollen Schritten kam sie zum Kommandopodest und ließ sich in ihrem Sessel nieder. »Sir, Sie wollten mich sprechen?«
»Bereiten Sie alles für einen Gefechtsalarm vor«, sagte er leise in ihre Richtung. Dabei hielt er ihr das Pad mit der Sensorauswertung entgegen. »Alle Landgänge sind gestrichen. Ich will jedes Crewmitglied zurück an Bord.«
Seine I.O. vertiefte sich in die Anzeige, als Lieutenant Nurakow meldete: »Sir, ich habe etwas.« Sein Gesicht wurde kreidebleich. »Es handelt sich eindeutig um ein Raumschiff.«
»Legen Sie es auf den Tank.«
In einem Wabern manifestierte sich die Aufnahme einer der Außenkameras des Schiffes im Holotank. Lieutenant McCall keuchte erschrocken auf, und sogar Commander Ishida entfuhr ein völlig untypisches: »Scheiße.«
»Mein Gott«, sagte Jayden leise.
Was er sah, hätte wohl niemand auf der Kommandobrücke für möglich gehalten. Nur wenige tausend Kilometer unter der NOVA-Station schwebte ein unbekanntes Raumschiff.
»Das Ding befindet sich innerhalb des Verteidigungsperimeters«, sagte Noriko. »Die können jederzeit die gesamte Station sprengen.«
Jayden nickte fahrig und versuchte seinen erneut rasenden Puls unter Kontrolle zu bringen. »Lieutenant Nurakow, wie ist das möglich? Und warum bemerkt NOVA den Raumer nicht?«
»Sir, ich verstehe es selbst nicht genau. Das Schiff scheint über ein ausgezeichnetes Stealth-System zur verfügen, wodurch die veralteten Sensoren von NOVA es nicht entdecken konnten. Da die unteren Sektionen aufgrund diverser neuralgischer Systeme speziell ummantelt sind, gibt es dort keinen transparenten Stahl. Es konnte damit auch nicht von einem Beobachter entdeckt werden. Die Aufnahmefelder der Kameras sind gefächert nach außen gerichtet, erwartet man doch von dort den Anflug feindlicher Schiffe. Dadurch befindet sich der Raumer im toten Winkel. Die müssen in Schleichfahrt herangekommen sein – das hat vermutlich Monate gedauert – und haben sich dort unten positioniert. Da sie noch von keinem anderen Schiff entdeckt wurden, können sie vermutlich noch nicht sehr lange dort sein. Wenn wir nicht die neuen Sensoren hätten, könnten wir sie, solange sie im Ruhezustand verbleiben, ebenfalls nicht orten.«
Aber was wollen sie hier, worauf warten sie?, fragte sich Jayden. Und warum hat unser Algorithmus das Ding trotz des Duspanits nicht erkannt? Und warum, zum Teufel, schaut sich niemand auf NOVA … Er verscheuchte die Fragen, jetzt galt es zu handeln.
»Lieutenant McCall«, wandte er sich an seine Kommunikationsoffizierin. »Wenn die innerhalb des Verteidigungsnetzes sind, können die auch den Phasenfunk abhören?«
»Da die Flottenfrequenz permanent wechselt, wäre das unwahrscheinlich, Sir«, sagte sie. »Doch wenn die Unbekannten sich Zugang zum Hauptcomputer von NOVA verschafft haben, können sie eingehende Nachrichten quasi aus dem Phasenfunk-Pool direkt abzapfen. Aber das ist alles Spekulation. Wir wissen nicht, um wen es sich handelt.«
Jayden massierte sich die Schläfen und überdachte sein weiteres Vorgehen. Die Fremden durften auf keinen Fall bemerken, dass sie entdeckt worden waren. Schon die Meldung von Tess Kensington, die die Ortung des Duspanits betraf, konnte als Entdeckung gedeutet werden, wenn Jayden jetzt falsch handelte. Sie durften nicht den Anschein erwecken, als hätten sie das Schiff bemerkt.
»Sir«, sagte Lieutenant Commander Akoskin, während seine Finger über die Taktikkonsole glitten. »Das unbekannte Raumschiff ähnelt in seiner materiellen Zusammensetzung den Parlidenschiffen, die wir kennen. Allerdings passt weder die Tonnage noch die Form. Außerdem haben die Parliden – und ich hoffe sehr, dass sich der Geheimdienst an dieser Stelle nicht irrt – kein derartiges Tarnsystem.«
»Lieutenant McCall, veranlassen Sie, dass ein Shuttle zur Station übersetzt. Harris muss erfahren, was hier vorgeht. Die Nachricht wird nicht per Phasenfunk übermittelt! Danach setzen sie einen Funkspruch an Lieutenant Kensington ab. Sagen Sie ihr, dass ich die Duspanit-Sache für ein Hirngespinst halte – falls die den Funk abhören sollten, dürfte sie das beruhigen.
Lieutenant Nurakow, Sie scannen weiterhin im Generellen das System. Kein Abweichen von der Norm.«
»Sir, wir sollten uns von der Station lösen. Hier bieten wir ein zu leichtes Ziel und können aus diesem Winkel auch keine Waffen einsetzen«, schlug seine I.O. vor. »Falls die sich entscheiden loszuschlagen, könnten wir mit unseren Torpedos NOVA unterstützen.«
Jayden lachte bitter auf. »Wenn Raketen mit Atomsprengköpfen oder Laserclustern in dieser Nähe detonieren, überlebt auf der Station kein Mensch. Außerdem wissen wir noch nicht einmal, was für Waffen die besitzen. Und wenn sie unsere plötzliche Aktivität bemerken, treten wir möglicherweise