Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
Was machst du denn schon wieder hier?« Leonie starrte den Mann ihres Herzens an wie einen Außerirdischen.
»Leonie!« Auch Moritz war wie vom Donner gerührt. »Caspar … Er hat mich angerufen und um einen Besuch gebeten.« Sie standen sich vor der Tür des Krankenzimmers gegenüber. Es fehlte nicht viel, und sie wären übereinander hergefallen. Diese Peinlichkeit verhinderte Caspar in letzter Sekunde.
»Ihr müsst nicht draußen stehenbleiben. Keine Angst. Ich finde es zwar ein bisschen eklig, aber ich ertrage den Anblick alter, verliebter Menschen zur Not schon.«
Sprachlos vor Überraschung starrten sich Leonie und Moritz an, ehe sie gleichzeitig in albernes Lachen ausbrachen. Ohne lange darüber nachzudenken, nahmen sie sich an den Händen und folgten Caspars Aufforderung.
Als Leonie ihren Sohn lächelnd im Bett liegen sah, gab es kein Halten mehr für sie.
»Mein Junge!« Sie eilte an seine Seite, umarmte und küsste ihn, bis er sich gegen die mütterlichen Zärtlichkeiten wehrte.
»Du hast doch jetzt einen Mann. Den kannst du abknutschen, solange du willst.« Caspar wischte sich mit der Hand übers Gesicht. »Zumindest hoffe ich das«, fügte er hinzu und zwinkerte Moritz zu zum Zeichen, dass er ihm verziehen hatte.
Diese Gelegenheit nutzte Leonie, um sich heimlich eine Träne aus dem Augenwinkel zu wischen. Trotz ihrer Freude waren ein paar klärende Worte vonnöten.
»Es tut mir wahnsinnig leid, was gestern passiert ist«, sagte sie. »Ich … «, ihr Blick eilte hinüber zu Moritz, der sie aufmunternd anlächelte, » … wir wollten dich weder verletzen noch schockieren.«
»Wir dachten einfach, dass du dich genauso freust wie wir uns«, erklärte Moritz.
Caspars Blick wanderte von einem zum anderen. Auch seine Miene war ernst geworden.
»Ich weiß nicht, was gestern mit mir los war«, räumte er schuldbewusst ein. »Ich würde ja gern alles auf die Krankheit schieben. Aber ich weiß nicht, ob sich Chinkungunya auch im Kopf einnistet. Deshalb muss ich die Schuld wohl auf mich nehmen.« Er machte eine Pause. »Es tut mir leid. Ich habe mich wie ein Kleinkind benommen.«
»Eher wie ein eifersüchtiger Ehemann«, witzelte Moritz.
»Das stimmt. Außerdem ging es um mein schlechtes Gewissen.« Er nahm allen Mut zusammen und sah seiner Mutter in die Augen. »Ich weiß gar nicht, warum ich nicht mit dir über meine Pläne wegen Kambodscha gesprochen habe.«
»Ich schon«, erwiderte Leonie ernst. »Ich fürchte, ich habe dich gehörig unter Druck gesetzt.«
»Wenn ihr alle schuld seid, will ich gefälligst auch meinen Teil abhaben«, funkte Moritz dazwischen. Er war so glücklich, dass er die Welt hätte umarmen können. Unmöglich, in dieser Stimmung ernst zu bleiben.
Über diesen Wunsch musste Caspar gar nicht erst nachdenken.
»Du hast mir die Flausen überhaupt erst in den Kopf gesetzt. Die Erzählungen von deinen Reisen damals, als du noch jung warst …«
»Moment mal! Nie war ich so jung wie heute!«, unterbrach Moritz seinen ehemaligen Schützling belustigt. »Wenn ich mich nicht irre, stehe ich gerade am Anfang meines zweiten Frühlings, während du noch nicht mal deinen ersten erlebt hast.«
»Woher willst du denn das wissen?«, fragte Caspar keck.
Moritz grinste.
»Stimmt ja, das Mädchen in Kambodscha … «.
»Dann gehst du also wirklich?« Schlagartig wurde Leonies Herz wieder schwer.
»Nur für ein Jahr, Mama«, versuchte Caspar, sie zu beruhigen. »Ich muss die Chance nutzen, jetzt, da ich einen würdigen Vertreter gefunden habe, der sich noch nicht einmal an einem Kaffeefleck auf deiner Bluse stört. Das muss wahre Liebe sein!«
Das Lachen der drei hallte bis hinaus auf den Flur. Fee und Daniel, die gerade in der Nähe vorbeigingen, horchten auf.
»Klingt so, als ob uns da jemand Konkurrenz machen wollte«, bemerkte Felicitas zufrieden.
»Ausgeschlossen.« Unvermittelt blieb Daniel stehen und nahm sie in die Arme. »Du bist konkurrenzlos«, erklärte er und küsste sie, bevor sie auch nur daran denken konnte zu widersprechen.
»Das neue Gerät kann fortlaufend präzise Bilder eines Tumors während der Bestrahlung zeigen. Und das ohne zusätzliche Strahlenbelastung«, erklärte Dr. Matthias Weigand begeistert. Er hatte in einer amerikanischen Klinik an der Vorstellung dieses Geräts teilgenommen und war voller Enthusiasmus zurückgekehrt.
Nun saß er im Büro des Klinikleiters in der Besucherecke und reichte Dr. Daniel Norden den Flyer über den Tisch. Die Assistentin Andrea Sander ging durch das Zimmer, um die Unterschriftenmappe abzuholen, die sie vor ein paar Stunden gebracht hatte.
»Danke.« Daniel blätterte durch den bunt bebilderten Prospekt. »Das klingt wirklich sehr verlockend.«
»Untertreibung, dein Name ist Norden«, scherzte Dr. Weigand. »Der Apparat vereint die hervorragende Bildqualität eines Magnetresonanz-Tomographen mit einem Linearbeschleuniger.« Er warf seine ganze Überzeugungskraft in den Ring, um seinen Chef von der Notwendigkeit dieser Anschaffung zu überzeugen. »Dank dieser glücklichen Vereinigung kann ein Tumor unter Beobachtung zielgenau und hochdosiert bestrahlt werden, ohne dass umliegendes Gewebe geschädigt wird. Die Kollegen aus der Onkologie sind meine Zeugen.«
»Das Gerät eignet sich besonders für Tumoren in der Speiseröhre, des Enddarms und im Kopf-Hals-Bereich«, las Daniel laut das vor, was unter einem Foto im Flyer gedruckt stand.
Andrea Sander, die die Unterschriftenmappe auf Vollständigkeit geprüft hatte, klappte sie geräuschvoll zu.
»Aber das klingt doch ausgezeichnet. Warum legen wir uns dieses Ding nicht zu?«
»Sie sind ein Schatz, Frau Sander«, lobte Matthias. »Setzen Sie doch bitte schon einmal die Bedarfsmeldung auf.« Er zwinkerte ihr lustig zu, ehe er den Blick wieder auf Daniel richtete. »Wir wären die einzige Klinik in Deutschland, die diese Technologie anbieten kann.«
»Das ist ja alles schön und gut.« Seufzend legte Dr. Norden den Flyer zurück auf den Tisch. »Leider geht es um viel Geld. Und immer, wenn es ums Geld geht, fangen die Probleme an. Das ist in einer Klinik nicht anders als in einer Familie.« Doch das war nicht der einzige Grund, warum er sich nicht mit Feuereifer auf dieses Projekt stürzte. »Wie inzwischen durchgedrungen sein dürfte, sind die Pläne, die Klinik in ein Gesundheitszentrum zu integrieren, immer noch nicht vom Tisch. Solange Fuchs an diesem Wahnsinn festhält, gibt es auch kein Geld für Neuanschaffungen.«
Matthias Weigand schnaubte unwillig.
»Wir wollen die Menschen heilen, während andere davon träumen, möglichst viel Kapital aus den Krankheiten zu schlagen«, erklärte er bitter.
»Ich bin ganz deiner Meinung«, erwiderte Daniel Norden. Mit einem Blick auf die Uhr erhob er sich. Seine Frau Felicitas und er hatten sich gegenseitig versprochen, an diesem Abend pünktlich zu Hause zu sein. »Trotzdem muss ich dich um vornhme Zurückhaltung bitten. Noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass unser geschätzter Verwaltungsdirektor doch noch zur Vernunft kommt und sich gegen die Pläne des Stadtrats stellt. Bis eine endgültige Entscheidung getroffen ist, will ich ihn nicht unnötig reizen.«
»Ich bewundere dein diplomatisches Geschick«, erklärte Dr. Weigand und stand ebenfalls auf. »Aber irgendeinen Grund muss es ja geben, warum Jenny Behnisch ausgerechnet dich zum neuen Herrscher über ihr Reich auserkoren hat.« Er zwinkerte seinem Freund zu.
»Tja, es gehört eben mehr dazu, als Charme, gutes Aussehen und hervorragende medizinische Kenntnisse.«
Matthias Weigand schnitt eine Grimasse.
»Haben