Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
geht um Lenni«, erwiderte sie mit Grabesstimme.
Daniel verstand kein Wort.
»Ja und? Was ist mit ihr?«
»O Dan, bitte! Ich halte diese Geheimnistuerei nicht länger aus. Du musst mich nicht schonen. Wirklich nicht«, versicherte Fee mit Nachdruck und rutschte von seinem Schoß. »Wir haben schon so viel gemeinsam geschafft, dann bekommen wir das auch noch hin.«
»Davon bin ich felsenfest überzeugt. Trotzdem weiß ich nicht, wovon du sprichst.«
Felicitas war kurz davor, aus der Haut zu fahren. Sie baute sich vor Daniel auf und stemmte die Hände in die Hüften.
»Was fehlt Lenni? Wie krank ist sie? Du hast doch diesen Gesundheitscheck gemacht.«
Verwundert sah Daniel seine Frau an.
»Das stimmt. Aber bis auf ein paar altersbedingte Abnutzungserscheinungen ist Lenni kerngesund.«
Fees Gesicht war ein einziges Fragezeichen.
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Warum hat sie sich denn dann untersuchen lassen?«
»Sie will mit Oskar in Zukunft öfter das Tanzbein schwingen und war sich nicht sicher, ob ihr Knie das mitmacht. Aber pssst, das soll eine Überraschung für Oskar sein.« Fees fassungslose Miene machte Daniel stutzig. »Ich habe doch hoffentlich nichts übersehen.«
»Moment, Moment, Moment!«, bat Fee und hob die Hände. »Nur noch einmal zum Verständnis: Lenni ist wirklich nicht krank?«
»Wirklich nicht. Und jetzt möchte ich bitte erfahren, was hier los ist. Wie kommst du denn auf diesen Unsinn?«
Fee ging um den Schreibtisch herum und sank kraftlos auf den Stuhl. Sie brauchte ein paar Sekunden, um ihre Gedanken zu sortieren.
»Durch einen dummen Zufall hat Oskar von Lennis Besuch bei dir erfahren. Als sie ihm dann auch noch in einem Anfall von Freundlichkeit die Karten für den ›Tanz in den Mai‹ schenkte, hat er Panik bekommen.«
»Und in der ganzen Klinik herumerzählt, dass sie sterbenskrank ist?«, fragte Daniel ungläubig.
Betreten senkte Felicitas die Augen. Sie fühlte sich nicht ganz unschuldig an dem Dilemma.
»Du weißt doch, wie das mit der Flüsterpost an dieser Klinik ist. Einer fängt mit ›Kirschtorte‹ an und am Ende kommt ›Schweinebraten‹ heraus.« Sie sah ihn so unschuldig an, dass Daniel nicht länger an sich halten konnte. Er warf den Kopf in den Nacken und lachte, bis ihm die Tränen kamen. Er schmunzelte noch immer, als er seine Frau ein paar Minuten später zur Tür brachte.
»Ich hoffe, dass sich dieses Missverständnis so schnell aufklärt, wie es entstanden ist.«
»Und dass so etwas nicht öfter passiert«, ergänzte Fee über die Maßen erleichtert. »Das halten meine Nerven nämlich nicht aus.« Sie zwinkerte ihrem Mann zu und ging dann zu Andrea Sander, die die frohe Botschaft wenig später bei Oskar und in der Klinik verbreitete.
*
Die Schwester stellte den Rollstuhl ab und öffnete die Tür zum Krankenzimmer.
Melanie Grün öffnete die Augen. Zum Glück war sie vorgewarnt. Sonst wäre sie beim Anblick ihres Mannes vor Freude aus dem Bett gesprungen.
Die Schwester bugsierte Laurenz’ Rollstuhl ans Bett.
»Ich hole Sie in einer Viertelstunde wieder ab«, sagte sie. »Und bitte denken Sie daran, dass sich ihre Frau nicht aufregen darf.«
Sie nickte dem Ehepaar zu und verließ das Zimmer auf leisen Sohlen.
Auf diesen Augenblick hatte Laurenz hingefiebert, seit er in der Klinik lag.
»Melli!« Seine Stimme war heiser.
»Laurenz.« Ein Leuchten huschte über ihr sorgenvolles Gesicht. »Wie geht es dir?«
Er streckte den Arm aus und griff nach ihrer Hand.
»Stell dir vor: Ich kann meine Beine wieder spüren. Und ich werde wieder laufen können.«
»Das ist großartig.« Sie drückte seine Hand. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht.« Noch ahnte sie nicht, dass ihr Glück tatsächlich am seidenen Faden gehangen hatte. Aber das machte nichts. Später, wenn das Baby erst gesund auf der Welt war, würde noch Zeit genug sein, sämtliche Geheimnisse zu lüften.
»Wie ich mir um euch beide. Richtig gut geht es mir erst, wenn du auch wieder auf den Beinen bist. Du und unser Baby …« Laurenz’ Stimme versagte, und es kostete ihn alle Beherrschung, nicht zu weinen.
»Wir sind auf dem Weg der Besserung. Genau wie du.« Melanie lächelte. »Seit Frau Dr. Neubeck mir gesagt hat, dass du die Operation gut überstanden hast, hatte ich keine einzige Wehe mehr. Dr. Gröding, der Chef hier, ist sicher, dass wir die kritische Phase überwunden haben.« Sie verschwieg, dass Sandra ihr noch mehr gestanden hatte.
Jetzt rannen die Tränen doch über Laurenz’ Gesicht.
»Das … Das ist mehr, als ich zu hoffen gewagt habe«, schniefte er und wollte sich mit dem Ärmel über die Augen fahren.
Melanie kam ihm zuvor und zupfte ein Papiertuch aus dem Spender. Dankend nahm Laurenz es an und bedeckte die Augen damit. Es dauerte eine Weile, bis er weitersprechen konnte.
»Hättest du mich wirklich verlassen?«, stellte er die Frage, die ihm schon auf der Seele brannte, seit Sandra ihm diese Nachricht überbracht hatte.
Nur mit Mühe konnte sich Melanie ein verräterisches Lächeln verkneifen.
»Warum sollte ich dich verlassen?«, fragte sie scheinheilig.
»Ich wollte dich vor der zweiten Operation unbedingt noch einmal sehen. Gegen Daniels Rat.« Im Nachhinein schüttelte Laurenz den Kopf über seinen blinden Egoismus. »Auch auf die Gefahr hin, dass du dich so sehr aufregst, dass …« Der Rest des Satzes schwebte unausgesprochen in der Luft. Laurenz wollte noch nicht einmal mehr daran denken, was er seinen Liebsten angetan hätte.
»Und wer hat dich davon überzeugt, es nicht zu tun?«
»Frau Dr. Neubeck«, gestand er schuldbewusst. »Sie hat mir gedroht, dass du mich verlässt, wenn ich unser Kind mit meinem Egoismus in Gefahr bringe.«
»Eine kluge Frau.« Melanies Tonfall verriet sie.
Laurenz bemerkte es. Es war nicht schwierig, eins und eins zusammenzuzählen.
»Moment mal! Sie hat sich das alles nur ausgedacht?«
Lächelnd griff Melanie nach der Hand ihres Mannes und betrachtete sie sinnend.
»Du darfst ihr nicht böse sein. Sie hat genau das Richtige getan.«
Laurenz nickte langsam.
»Du hast recht. Es tut mir leid. Aber der Unfall und diese fatalen Folgen … Ein winziger Augenblick der Unachtsamkeit, und schon ist alles zerstört.« Er konnte es immer noch nicht fassen. »Das hätte ich Felicitas niemals verziehen.«
Melanie runzelte die Stirn.
»Was kann denn Fee bitte dafür?«, fragte sie so schroff, dass Laurenz erschrak. »Wenn wir schon von Schuld sprechen müssen, dann war es deine eigene. Immerhin hast du dein Portemonnaie im Café liegen gelassen.«
»Aber …«:
Doch Melanie war noch nicht fertig.
»Übrigens hat mich die Polizei vorhin angerufen. Der Fahrradfahrer ist vollumfänglich geständig. Er hat alle Schuld auf sich genommen.«
»Ich habe trotzdem ein furchtbar schlechtes Gewissen und hätte es mir nie verziehen, wenn einer von euch einen dauerhaften Schaden erlitten hätte.« Unbemerkt war Fee ins Zimmer gekommen und hatte die letzten Worte aufgeschnappt. Zögernd trat sie neben Laurenz ans Bett. »Ich kann euch gar nicht sagen, wie froh und dankbar ich bin, dass alles noch einmal gut gegangen ist.«
Diesmal