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Ängste von Kindern und Jugendlichen. Wilhelm RotthausЧитать онлайн книгу.

Ängste von Kindern und Jugendlichen - Wilhelm Rotthaus


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zusammen mit Störungen des Sozialverhaltens, Störungen mit oppositionellem Trotzverhalten, mit ADHS, Alkoholmissbrauch und somatoformen Störungen auf.

       2.2.1.4 Verlauf

      Längsschnittstudien zeigen, dass Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen keineswegs immer leicht, kurzzeitig oder vorübergehend sind, wie lange Zeit angenommen wurde. Insbesondere das gemeinsame Auftreten von Depression und Angst (hier vor allem der generalisierten Angststörung) ist mit einem erheblich erhöhten Suizidrisiko behaftet. Angststörungen haben zum Teil deutlich negative Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen im Hinblick auf ihr soziales Umfeld (Kontakt mit anderen Familienmitgliedern, Freunden und Peers), ihr allgemeines subjektives Wohlbefinden und ihre Selbstverwirklichung. Nicht nur das Kind oder der Jugendliche selbst, sondern auch sein unmittelbares soziales Umfeld und damit die Gesellschaft profitieren von einer frühen, effektiven Behandlung.

      Häufig beginnen Angststörungen relativ früh und können einen chronischen Verlauf bis ins Erwachsenenalter hinein nehmen, wenn sie unbehandelt bleiben. Es besteht das Risiko, im Erwachsenenalter wiederholt oder anhaltend an Angststörungen zu leiden, was zu Beeinträchtigungen in zahlreichen Lebensbereichen wie bei der Arbeit und bei zwischenmenschlichen Beziehungen führt. Das Risiko, andere Störungen zu entwickeln, ist erhöht (nach Essau 2014, S. 154 f.).

      Ein früher Beginn der Angststörungen, eine Beeinträchtigung durch die Störung sowie das Vorliegen weiterer Störungen wie somatoformer Störungen, Substanzmissbrauch und zusätzlich negativer Lebensereignisse gelten als Prädiktoren eines chronischen Verlaufs. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen einem häufigen Konsum von Cannabis und einer Angststörung vor dem Alter von 15 Jahren, allerdings keine direkte Kausalität. Insgesamt resümiert Essau (ebd., S. 161) die aktuelle Studienlage dahin gehend, dass Kinder und Jugendliche mit Angststörungen, die pharmakologisch sowie kognitivbehavioral behandelt wurden, mit der Zeit eine Besserung, aber keine vollständige Remission der Symptome zeigten. Auch Alpers (2012, S. 234) verweist darauf, dass trotz vieler Erfolge

      »Psychotherapie dennoch, wie die Behandlung mit Psychopharmaka, häufig nur zur Teilremission führt und mit einem hohen Rezidivrisiko verbunden ist.«

       2.2.1.5 Angststörungen und Suizid

      Angststörungen stellen offensichtlich einen Risikofaktor für Suizidgedanken und Suizidversuche dar. Eine große Zahl von Studien konnte nachweisen, dass Angststörungen bei Jugendlichen das Risiko des Auftretens von Suizidgedanken und -versuchen erhöhen (In-Albon 2011, S. 26 f.). Möglicherweise wirken Angststörungen jedoch nur indirekt als Mediator, indem sie depressives Erleben und Hoffnungslosigkeit auslösen, die dann wiederum den Hintergrund für die Suizidalität darstellen. In jedem Fall sollte bei anhaltenden Angststörungen das Thema »Suizidgedanken und Suizidpläne« angesprochen werden.

       2.2.1.6 Geschwister von Kindern mit Angststörungen

      Angststörungen haben nicht nur weitreichende Konsequenzen für das Leben der betroffenen Kinder und Jugendlichen, sondern auch für ihre Eltern und Geschwister. Allerdings sind Studien zu den Geschwisterbeziehungen von Kindern mit Angststörungen relativ selten. Jedoch können Forschungsbefunde zu Geschwistern von Kindern oder Jugendlichen mit chronischen körperlichen Erkrankungen oder Behinderungen teilweise analog eingesetzt werden, die aufzeigen, dass eine chronische körperliche Erkrankung eines Kindes positive und negative Effekte für seine Geschwister haben kann. Negative Effekte beinhalten eine erhöhte Vulnerabilität bezüglich Depression, Angst, somatischer Beschwerden, Verstimmungen, Schuldgefühlen und Aggression. Zu den positiven Effekten zählen erhöhtes Selbstvertrauen, Durchsetzungsvermögen, Empathie, Resilienz und guter Familienzusammenhalt.

      Geschwister von Kindern und Jugendlichen mit Angststörungen schätzen einer Studie zufolge (Fox et al. 2002, zit. nach In-Albon 2011, S. 58) ihre Geschwisterbeziehung als konfliktreicher ein denn Geschwister psychisch unauffälliger Kinder. Des Weiteren gaben die Geschwister an, dass ihr Geschwister mit einer Angststörung weniger emotionale Wärme zeige. Sowohl die Geschwister als auch die Kinder mit Angststörungen übten gegenseitig mehr Kontrolle aus als die Kinder und Geschwister der Kontrollgruppe. Nach Lindhout et al. (2009, zit. nach In-Albon 2011, S. 58) berichten Kinder mit Angststörungen über mehr Kritik und negative Affektivität der Eltern ihnen gegenüber als gegenüber ihren Geschwistern. Die Autoren sprechen von einem »Sündenbockphänomen« und nehmen an, dass das Kind, welches harscher behandelt wird als seine Geschwister, ein höheres Risiko habe, eine Angststörung zu entwickeln. Allerdings müssten dann Kritik und negativer Affekt der Eltern der Angststörung vorausgehen. Wahrscheinlicher scheint zu sein, dass das Verhalten des Kindes, das eine Angststörung zeigt und dies durch Anklammern und Aufsuchen von Nähe und Aufmerksamkeit ausdrückt, die Kritik und den negativen Effekt der Eltern erst auslöst. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass das beschriebene Verhalten der Eltern einen aufrechterhaltenden Faktor für die Angststörung darstellt. Tina In-Albon (2011) leitet aus diesen Befunden die Anregung ab, Geschwister entweder in die Therapie mit einzubeziehen oder zumindest präventiv für ihre Unterstützung Sorge zu tragen.

       2.2.1.7 Differenzialdiagnose

      Differenzialdiagnostisch müssen Angstsymptome im Rahmen einer Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), einer Hyperparathyreose (Überfunktion der Nebenschilddrüse), eines Phäochromozytoms (eines Tumors v. a. im Nebennierenmark), eines vestibulären Syndroms (Schwindelerkrankung), eines zerebralen Anfallsleidens oder einer Herzerkrankung ausgeschlossen werden.

       2.2.2 Spezielle Angststörungen

       2.2.2.1 Angststörung mit Trennungsangst

      Der achtjährige Jannik wird von seinen Eltern wegen seiner Trennungsängste vorgestellt. Schon als Baby habe er sich ungern von seiner Mutter getrennt. Heute klage er morgens vor dem Schulbesuch über Bauchschmerzen und Übelkeit. In der Mittagsbetreuung verweigere er das Essen. Jannik schlafe nie allein in seinem Zimmer. Manchmal übernachte die Mutter in seinem Bett, oder er suche nachts das elterliche Schlafzimmer auf. Inzwischen weigere er sich auch tagsüber, alleine im Zimmer zu bleiben. Die Trennungsängste seien besonders massiv in neuen, unbekannten Situationen oder wenn die Mutter Termine wahrnehmen müsse. In einer solchen Trennungssituation habe Jannik gegenüber seiner Mutter geäußert, dass er nicht wolle, dass sie sterbe.

      Beginnend mit einem Alter von sieben Monaten bis weit in die Vorschulzeit, sind die meisten Kinder nicht gern von ihren Eltern und Geschwistern getrennt. Erst wenn sie in höherem Alter wiederholt in übertriebener Form und mit schwer nachvollziehbarer Verzweiflung auf Trennungen von ihren nahen Familienangehörigen reagieren und wenn es dadurch zur Beeinträchtigung sozialer Aktivitäten kommt, kann man von einer Störung mit Trennungsangst sprechen. Kinder mit Trennungsangst äußern eine überwältigende Angst davor, eine wichtige Bezugsperson zu verlieren. Sie äußern die Befürchtung, einer wichtigen Bezugsperson könne etwas Schlimmes zustoßen, ein Elternteil könne auf der Fahrt zur Arbeit verunglücken oder es könne sonst etwas Schreckliches geschehen, sodass sie ihre Bezugsperson nie wieder sehen würden. Manche Kinder äußern die Befürchtung, sie könnten selbst gekidnappt werden oder verloren gehen. Sie weigern sich dann nicht selten, in den Kindergarten oder in die Schule zu gehen. Andere Kinder weigern sich, tagsüber allein ohne Bezugsperson zu Hause zu sein, abends ohne die Bezugspersonen einzuschlafen oder sind überhaupt nur bereit, mit der Bezugsperson im selben Bett zu schlafen. Eltern berichten über langwierige Zubettgehsituationen, ein altersunangemessenes Einschlafen im elterlichen Bett und das Fehlen altersentsprechender Erfahrungen mit Übernachtungen bei Freunden. Zuweilen treten Albträume auf, die eine Trennung zum Inhalt haben. Andere Kinder klagen über körperliche Symptome wie Herzklopfen, Schwindelgefühle, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und Übelkeit, wenn eine Trennung


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