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Elfenzeit 8: Lyonesse. Uschi ZietschЧитать онлайн книгу.

Elfenzeit 8: Lyonesse - Uschi Zietsch


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Und es war leidlich warm im Gegensatz zu oben. Wenn er dann rausgeworfen wurde, hatte er schon ein wenig geschlafen und konnte sich im Frittenburger noch was zu essen holen, bevor er sich der Kälte stellen musste.

      Alles leer. Die Gelegenheit war günstig. Schnell, schnell, bevor wieder jemand kam.

      Albert glitt von der Bank, näherte sich dem Schacht und schlüpfte am Sperrschild vorbei auf den Montagesteg. Keine Gefahr durch den Zug, der Abstand war groß genug. Da hatte ausnahmsweise ein Architekt mal mitgedacht.

      Eins, zwei, drei … die Schritte genau gezählt, um die richtige Stelle nicht zu verpassen. Der Tunnel war hier nur dürftig beleuchtet, und weiter hinten gab es gar kein Licht mehr. Irgendwo dazwischen war Alberts Safe.

      Er erkannte die Stelle, tastete die Rillen und Unebenheiten ab und fand den richtigen Stein. Behutsam löste er ihn heraus und ließ die Hand in die Tasche gleiten.

      »Hunger …«

      Schlagartig standen Albert sämtliche Haare zu Berge, als er die heisere, seltsam kratzige Stimme aus der Dunkelheit hörte. Jemand hatte ihn beobachtet und kannte jetzt sein Versteck!

      Hastig stopfte er das Geld, allem voran den großen Schein, in den Safe. »Ich kann dir was leihen, damit du dir was kaufen kannst«, sagte er, ohne sich umzudrehen. Fieberhaft präparierte er das Versteck und verwischte alle Spuren.

      »Hunger …«

      »Ja, das habe ich verstanden, Kumpel.«

      Fertig. Albert stand auf und drehte sich um. »Wie wär’s, wenn du erst mal aus der Dunkelheit kommst, damit wir in Ruhe über alles reden können?«

      Stille. Dann hörte Albert ein schlurfendes Geräusch und ein Röcheln, als ob jemand Schwierigkeiten mit dem Atmen hätte. Das auch noch, ein Kranker. Hoffentlich war er nicht ansteckend!

      »Na, was ist? Nur nicht schüchtern, du siehst doch, ich bin einer von deiner Sorte.«

      »Hunger …«, krächzte die Stimme, die so gar nichts Menschliches an sich hatte. Aber die Straße nahm einem jegliche Menschlichkeit, das war noch nicht beunruhigend.

      Doch dann trat eine Gestalt ins schummrige Licht, kam quer übers Gleis auf Albert zu, und er begann zu schreien.

      *

      Kurz nach 23 Uhr trafen Robert und Anne wieder ein. Sie waren zu Fuß gegangen, um zu sehen, ob nur der Stachus von der Gefahr betroffen war. Sie waren nicht die einzigen Fußgänger, das eine oder andere Paar unternahm ebenfalls einen Schaufensterbummel, und natürlich war die Polizei unterwegs.

      Magische Strömungen waren keine zu spüren. Was auch immer die Bürger in Angst und Schrecken versetzte, es hatte nur einen sehr begrenzten Wirkungskreis.

      »Dann werden wir des Rätsels Lösung bald haben, und Commissioner Gordon wird zufrieden sein«, resümierte Robert.

      »Der in dem Fall gar nicht ermittelt, und außerdem seid ihr beide zu erwachsen dafür, oder nicht?«, bemerkte Anne sarkastisch.

      »Aber nein, aber nein, dafür kann man nie erwachsen genug werden«, meinte er grinsend. »Wobei, aus der Rolle des Olsen bin ich tatsächlich herausgewachsen, jetzt bin ich mehr ein Superheld, so wie Blade oder so.«

      »Du hast mehr von einem Elfen an dir, als du ahnst.« Sie lachte, was selten genug vorkam. »Anscheinend bist du gerade heimgekehrt.«

      »So fühle ich mich, mein Herz.«

      Der gesamte Stachus lag in romantischem Licht. Der einzige Schandfleck war der hässlich verdeckte Brunnen, der sonst im Sommer zusätzliche Stimmung verbreitete.

      Ein steter Strom an Autos flanierte vorbei; kaum zu glauben, dass hier mitten im Leben derart grausige Morde geschehen konnten, ohne dass die Ursache dafür gefunden wurde.

      »Und denkst du immer noch schlecht über deine Stadt?«, fuhr Anne fort, während sie Arm in Arm zum verabredeten Punkt schlenderten.

      »Grummel«, machte er. »Nein. Ich meine, ja. Ich meine … diese Stadt ist schön. Man wird sogar mit Hund freundlich aufgenommen, ohne gleich als niederträchtiger Sünder und Umweltverschmutzer verschrien zu sein. Aber was mich stört … ist das, was verloren gegangen ist. Die Stadt hat versucht, sich an die Moderne anzupassen, und dabei ihre eigene Identität aufgegeben. Das ist, was ich ihr vorwerfe. Sie hat all das verworfen, was sie liebenswürdig und lebenswert gemacht hat. Wien ist die Anpassung besser gelungen, und von London brauchen wir erst gar nicht zu reden. Diese Stadt aber ist ein Dorf geblieben, das nicht weiß, wohin es gehört. Doch sie hat auch ihren studentischen Flair an gewissen Orten.«

      Anne sah sich um. Leute spazierten ohne Ziel und Wollen, einfach nur so. Es war der friedlichste Ort der Welt. Eine Illusion? »Wo ist jetzt Tom?«

      »Na, hier«, erklang eine muntere Stimme, und plötzlich stand der blonde Journalist vor ihnen. »Ich folge euch schon eine Weile.«

      Robert war verblüfft. »Wie …«

      Tom grinste vergnügt. »Erste Reporterregel: Falle niemals auf.«

      »Das weiß ich, aber …«

      »Na ja, das ist so eine Sache. Ihr seid ja beide magische Geschöpfe.« Tom hob die Schultern. »Wisst ihr, als das auf Island geschah … als alle nach Nadja gesucht haben …«

      Robert erinnerte sich. »Ich habe mit Fabio telefoniert, als du auch da warst …«

      »Genau. Ihr seid alle nach Island geflogen. Und dann kam der Getreue und quetschte mich aus. Ich habe Nadja an ihn verraten.« Toms blaue Augen trübten sich. »Sie hat mir verziehen, ich mir nicht. Wie auch immer. Anstatt mich umzubringen, hat der Getreue mir etwas gegeben. Ich stellte es in Tokio fest, als ich Cagliostro begegnete. Zuerst haben wir ja darüber gerätselt, wie das möglich sein sollte. Auf dem Rückflug hatte ich allerdings genug Gelegenheit, darüber nachzudenken und meine Schlüsse zu ziehen. Und meiner Ansicht nach gibt es nur eine einzige Lösung.« Auffordernd sah er Anne an. »Mach was.«

      »Und was?«, fragte sie irritiert.

      »Wirke einen Elfenzauber gegen mich.«

      »Was ist das für ein dummes Spiel?«

      »Probier’s, Anne, bitte«, forderte Robert sie auf, der ahnte, worauf Tom hinauswollte.

      Ihre Augen funkelten, aber dann gab sie nach. Sie richtete ihren Blick auf Tom. Robert hörte durch seinen Vampirsinn, dass sie etwas zu ihm sagte, konnte es aber nicht verstehen.

      Tom rührte sich nicht.

      Anne machte ein verblüfftes Gesicht.

      »Du wolltest, dass ich auf einem Bein herumhüpfe und dabei mit den Armen wedle, wie ein Gockel um eine Henne«, sagte Tom völlig ernsthaft.

      »Ja«, gab sie zu. »Meine leichteste Übung. Ich habe noch nie versagt.«

      »Das hast du auch nicht. Dein Zauber kam bei mir an. Aber ich habe ihn neutralisiert.«

      »Was?«, rief Robert. »Du hebst jeden Zauber auf?«

      »Ich weiß nicht, ob jeden«, gestand Tom. »Aber Cagliostro, der ein sehr mächtiger Zauberer geworden ist, erzeugte keine Wirkung, solange ich in der Nähe war.«

      Anne schluckte. »Und das … soll der Getreue dir gegeben haben?«

      Tom nickte. »Ich kann dir versichern, vorher hatte ich diese Fähigkeit, oder wie immer man es nennen will, nicht. Und …« Er schloss die Augen, und Grauen verzerrte seine Miene. Dann brach es wie eine Sturmflut aus ihm hervor.

      »Er … hat mich vergewaltigt«, flüsterte er. »Nicht körperlich, sondern geistig, was viel schlimmer ist. Was er mir angetan hat … ich sage euch ehrlich, ich war zuerst nicht sicher, ob ich das überleben würde. Überleben wollte. Ich hatte mich noch nicht entschieden, als Nadja sich aus Tokio meldete. Das war sozusagen meine Lebensrettung. Und letztendlich die Erkenntnis, dass der Getreue mir etwas als Ausgleich gegeben hatte, dass er mich derart beschmutzte.«

      Robert


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