G.F. Barner Staffel 6 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
wir warten, bis er herauskommt und ihn dann stellen.«
»Niemals dort anrufen, wo er sich in Deckung bringen kann, Jim«, erwidert Kellogg grimmig. »Er wird sich selbst mit einer Kugel im Leib nicht geschlagen geben. Der ist wie ein Tier, zäh und flink, ein Tier, das flüchtet, selbst wenn es weidwund geschossen ist. Wir müssen in den Saloon und dann nach oben in das Zimmer. Gibt es eine Chance für ihn zu flüchten, dann erlebst du es, daß er mit einem Satz weg ist.
Ob er etwas riecht? Ich weiß es nicht, aber als ich ihm damals begegnete, da hatte ich wie alle anderen das Gefühl, einem Mann gegenüberzustehen, der mehr als nur fünf Sinne hatte. Denke nicht, daß unser Mann schnell ist, er ist es nicht.«
Sie halten an, sie sind nun kurz vor dem Saloon. Während Kellogg vorn geht und die rechte Hand am Revolver hat, hält Doan sich einen halben Schritt hinter dem Marshal. Doan ist Linkshänder, ein Mann, der sehr schnell ist und den Trick beherrscht, aus dem Herumwirbeln zu feuern und mit Sicherheit zu treffen.
»Warum sagt du mir heute erst, daß er nicht schnell ist?« erkundigt sich Doan mißtrauisch. »Meinst du, ich könnte Angst vor ihm haben?«
»Du verstehst mich falsch«, antwortet der Marshal düster. »Jeder anständige Mensch zaudert in der Tat einen Moment, ehe er auf einen anderen feuert. Das fällt kaum einem auf, es ist aber so. Du ziehst, du schießt, zauderst aber etwas, ob es nun die Zeitspanne einer Viertelsekunde oder eine ganze Sekunde ausmacht – du schießt niemals sofort. Das ist bei
Lowman anders. Er zieht und schießt, er kennt dieses Zaudern nicht. Das ist wie bei einem Tier, das ständig auf der Lauer liegt und angreifen will. In Lowman steckt, sobald er gestellt wird, Angriffslust. Die ist ihm wahrscheinlich nicht angeboren, sie ist ihm durch sein Leben anerzogen worden. Also komm, bemühe dich, wenn du schießen mußt, es sofort zu tun. Du bist schneller als er, aber zauderst du, dann erwischt er dich mit tödlicher Sicherheit.«
Er geht weiter. Sie nähern sich nun dem Hof des Saloons, dem Stall, aus dem Lichtschein fällt. Irgend jemand hantiert dort mit Heu. Etwa ein halbes Dutzend Schritte vor der Tür hält Kellogg an und sagt leise: »Das ist vielleicht eine Möglichkeit, an die ich noch nicht gedacht habe. Teufel, so könnte es gehen.«
Er verstummt nachdenklich, und Jim Doan fragt: »Was meinst du, welche Möglichkeit?«
»Nur eine Idee«, gibt Kellogg leise zurück. »Du kennst Lowman nicht, er liebt Tiere mehr als Menschen, und besonders liebt er Pferde. Du wirst es nicht erleben, daß er jemals ein Pferd brutal behandelt. Aber Menschen, mein lieber Mann, mit denen geht er um – nun, rechne es dir aus. Komm mit, schnell!«
Er geht weiter, ohne Jim Doan noch eine Erklärung zu geben, und betritt den Stall.
Der Mann, der in der hinteren Ecke gerade dabei ist, die Pferde mit Heu zu versorgen, dreht sich um. Er ist ein älterer, untersetzter Mann.
»Hallo, mein Freund!« sagt Kellogg freundlich. »Hast du einen Augenblick Zeit?«
Er tritt in den Lichtschein der im Stalleingang hängenden Laterne. Der Mann mustert ihn, zuckt dann leicht zusammen und blickt länger als einige Sekunden auf den Marshalstern an Kelloggs Weste.
»Hallo, Marshal!«
»Ich möchte mir nur die Pferde ansehen«, murmelt Kellogg. »Augenblick, mein Freund, dies hier, wem gehört es?«
Der Stall hat ungefähr ein Dutzend belegter Boxen, vor einer bleibt Kellogg stehen und betrachtet einen hochgebauten kräftigen Braunen.
»Das?«
Der Stallmann kommt näher.
»Das Pferd gehört Mr. Lowman, Marshal!«
»Ich dachte es«, murmelt Kellogg und blickt Jim Doan an. »Betrachte die anderen Pferde, dann wirst du wissen, was ich meinte, als ich vor Tagen über seine Pferdeleidenschaft sprach. Es gibt kein besseres Pferd im Stall. Ich wette, es hat seine fünfhundert Dollar gekostet!«
»Genau geschätzt, Marshal«, meldet sich der Stallhelp hinter ihm. »Mr. Lowman nannte den Preis. Ich soll den Braunen jeden Tag striegeln und ihm immer frisches Wasser geben. Marshal, stimmt etwas nicht mit Mr. Lowman?«
»Kann sein, Freund. Dein Name?«
»Blair – Charles Blair, Marshal.«
»Und du sollst den Braunen besonders pflegen? Nun gut, Blair, hat Lowman sich gestern abend noch das Pferd angesehen oder kümmert er sich nicht darum, ob es richtig versorgt wird?«
»Er kam am späten Abend herunter, Marshal, um es sich anzuse-
hen.«
»Und heute, war er schon hier?«
»Nein, Marshal.«
»Nun gut, Blair, dann hat der Gaul sich am Halfterknoten das Fell aufgescheuert.«
Blair blickt ihn verwirrt an und schüttelt den Kopf.
»Aber er hat sich doch nicht...«
»Er hat sich!« Gibt Kellogg knapp zurück. »Das ist nur eine kleine Stelle, du hast diese Stelle gerade entdeckt und weißt nicht, ob du ein Pflaster auflegen oder die Stelle salben sollst, verstanden?
Du wirst nach oben gehen und
Lowman Bescheid sagen. Ich bin sicher, er kommt in fünf Minuten nach unten.«
Der Mann blickt ihn starr an, leckt sich über die Lippen und sagt dann stockend:
»Marshal, wollen Sie Lowman haben? Und wenn er mich nun in das Zimmer bittet? Ist er oben oder im Saloon?«
»Oben in Zimmer elf! Bei der Merrill, dem Girl. Zu der ist er. Ich denke wenigstens, daß er dort ist. Er hat dir doch gesagt, daß du auf das Pferd besonders achten mußt, wie? Es ist nicht nötig, daß du in das Zimmer der Merrill gehst. Du suchst ihn oben, wohnt er auf dem gleichen Gang?«
Blair nickt, sieht aber unsicher zu Boden.
»Well, dann gehst du zuerst zu seinem Zimmer, du klopfst dort, und wenn keine Antwort kommt, rufst du nach ihm im Flur, in der Nähe des Zimmers, das die Merrill hat. Er wird sich melden. Dann sagst du ihm, daß das Pferd sich am Halfterknoten das Fell aufgescheuert hat und fragst ihn, ob er es sich selbst ansehen will oder ob du es verpflastern sollst. Sage ihm, du wärest nicht ganz sicher, ob es ihm recht sei, wenn du es selber tätest. Du sagst, du hast eine Salbe unten, die sehr gut ist, er möchte sich nicht stören lassen, du schaffst es schon zu seiner Zufriedenheit. Er wird danach keine Ruhe mehr haben. Das Pferd macht ihn unruhiger, als wenn er drei Menschen erschossen hat.«
»Drei Menschen erschossen?« fragt Blair stockheiser. »Marshal, soll das heißen, daß Lowman...«
»Genau das heißt es«, erwidert Kellogg finster. »Keine Angst, Blair, du wirst oben im Flur nicht allein sein, wir sind auch noch da. Öffnet er dir, dann macht er uns die Tür auf.«
Blair schluckt, sieht ihn bestürzt an und sagt leise:
»Mr. Lowman soll getötet haben? Aber er ist freundlich zu mir gewesen und hat mir drei Dollar gegeben, wenn ich auf sein Pferd achte. Drei Menschen soll er...«
»Neun bis heute«, antwortet Kellogg kühl. »Und du brauchst keine Sorge zu haben, daß du der zehnte bist, Blair. Wie kommt man ungesehen und ungehört nach oben?«
Blair runzelt die Stirn, denkt einen Moment nach und sagt dann gepreßt:
»Hinten rechts ist eine Außentreppe, du siehst sie, wenn du um den Küchenbau bist. Für die Gäste wird manchmal das Essen die Treppe hochgebracht. Man kommt am Ende des Ganges in das Geschoß.«
»Und wo ist sein Zimmer?«
»Links von dort aus, am Ende des Ganges zum Hof hin, dort oben, man kann von hier aus das Fenster sehen.«
»Und das der Merrill?«
»Das elfte Zimmer, es liegt rechts der Treppe, etwa zehn Schritte vor dem Aufgang vom Hof her. Marshal, ich habe Familie, das ist...«
»Für