G.F. Barner Staffel 6 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
Türgriff, dann reißt Doan, sich mit aller Macht nach hinten werfend, auch schon die Tür zu sich.
Durch diesen Ruck, dem Kellogg durch das Abstoßen seines Körpers nachhilft, wird Lowman die Tür aus der Hand gerissen. Lowman läßt die Tür fahren, er wirbelt unheimlich schnell herum und reißt seinen Revolver heraus.
»Doan, Vorsicht!«
Kellogg erkennt die Bewegung, die Lowman mit ungeheurer Schnelligkeit ausführt, bereits im Ansatz. In diesem Augenblick weiß Kellogg, daß er nie wieder so schnell sein muß wie jetzt. Als Lowman zieht, dabei zurückspringt und mit einem Satz nach hinten zwei Schritte Abstand gewinnt, übersieht er nur eins. Es ist sein Fehler, der Fehler eines Mannes, der an nichts anderes denkt als daran, seinen Gegner zu töten.
Lowman hat nicht an den Waschständer gedacht, den ihm Kellogg nun samt Schüssel in die Seite stößt. Die Schüssel prallt auf seine Hand, sie reißt seinen Arm nach hinten.
Und dann ist Kellogg bereits da. Er ist ungeheur schnell und weiß, daß Lowman selbst aus der schlechtesten Situation feuern wird. Auf die Entfernung von einem Schritt hebt Lowman noch den Revolver erneut hoch, will schießen.
Kellogg tritt aus wilder Verzweiflung mit dem linken Fuß zu. Dieser Tritt schleudert Lowmans Revolverhand hoch. Und als Lowman nach hinten ausweicht und gegen den Tisch prallt, schlägt Kellogg seinen Re-
volver auf den Unterarm des Banditen.
Lowman stößt einen schrillen, heiseren Laut aus. Er verliert den Revolver, aber er gibt nicht auf. Sein blitzschneller Sprung kommt. Er stößt sich am Tisch ab, dreht sich seitlich und prallt ehe Kellogg den Arm wegziehen kann, auf Kelloggs rechte Seite. Dabei umklammert er mit der linken Hand, fauchend wie eine Wildkatze, Kelloggs Handgelenk und drückt den Revolver nach unten.
Im nächsten Moment kommt Doan herein und rennt mitten in den Tritt hinein, den der keuchende Lowman an Kelloggs Seite vorbeiführt.
Doan knickt ein. Einen Moment bekommt er keine Luft mehr. Er hört das laute, rasselnde Keuchen von
Lowman, stürzt zu Boden und sieht Lowman den linken Ellbogen herumreißen.
Der Stoß zielt auf Kelloggs Seite, doch Kellogg muß es geahnt haben. Er läßt seinen Revolver fallen. Der Colt poltert zu Boden, Kellogg duckt sich, reißt den rechten Arm hoch und stößt ihn unter die Achsel Lowmans. Dieser Treffer drückt den angreifenden Lowman zurück, er schiebt ihn fort und gibt Kellogg Platz für seine Linke. Mit einem einzigen Hieb trifft Kelloggs Faust den Banditen. Verbissen krümmt sich Lowman zusammen, springt an und läuft genau in den zweiten Hieb des Marshals hinein.
Er sagt irgend etwas, es hört sich an, als wenn er flucht, aber es klingt halb erstickt. Kellogg sieht Lowmans gesenkten Kopf, weicht schnell zur Seite aus und schlägt zum dritten Mal zu. Dann packt er Lowman an der Weste. Er keucht scharf, dreht sich, reißt Lowman herum und schleu-
dert ihn dann aus der Drehung über das Bett. Schreiend weicht das Tanzhallengirl bis an das Fenster zu-
rück.
Kellogg springt auf den vom Bett herabrollenden Lowman zu. Und vielleicht weiß er nur, warum er selbst jetzt noch schnell sein muß. Obwohl Lowman mehrmals getroffen worden ist, obwohl keiner der beiden Männer, die hereingestürmt sind, schießen kann, ohne das Mädchen zu gefährden und obwohl Lowman angeschlagen ist, rollt er vom Bett. Es zeigt sich, daß er tatsächlich die Zähigkeit einer Wildkatze besitzt. Lowman versucht immer noch an eine Waffe zu kommen.
Kellogg springt zu, wirft sich mit seinem ganzen Gewicht auf Lowman und preßt ihn auf den Boden. Verzweifelt versucht Lowman sich hochzustemmen.
Das Mädchen schreit noch immer.
Kellogg kniet auf ihm und keucht laut. Sein Atem geht heftig, als Doan stöhnend und mit schmerzverzerrtem Gesicht die Handschellen aus dem Hosenbund zieht.
In der nächsten Sekunde schnappen die Schellen um die Arme Lowmans, die ihm Kellogg auf den Rücken gezogen hat.
Keuchend richtet sich Kellogg auf, packt nach der Vorhangschnur und reißt sie mit einem Ruck ab.
»Die Beine«, sagt er und das ist der erste Satz, den er außer der Warnung an Doan nach dem Eindringen in das Zimmer spricht. »Die Beine binden, fessel ihm die Beine, Jim, er wird sonst laufen. Binden, schnell! Halten Sie den Mund, Miss Merrill!«
»Ihr Strolche, ihr Menschenjäger...«
Sie legt los in jener Art, die nur Mädchen ihres Milieus beherrschen. Leute kommen angestürzt, blicken auf Kellogg, der die Beinfesseln Lowmans noch einmal nachsieht und bringen durch ihr Erscheinen die Merrill dazu, endlich den Mund zu halten.
Es ist unheimlich, aber kaum sind die Leute vor dem Zimmer, als sich Lowman zu regen beginnt. Er stöhnt nur einmal, dann zucken seine Arme, seine Beine fahren herum. Nun merkt er, daß er gebunden ist und Handschellen trägt.
Lowman liegt jäh still. Dann hebt er den Kopf und sieht Kellogg an. Sein Blick ist voller Haß und düsterer Drohungen, von so unheimlicher Wildheit, daß die Leute an der Tür zurückweichen.
Und dann sagt er – der Mann, der ein Leben zuviel und den sechsten Sinn haben soll, während in seinen schwarzen Augen ein gleißendes Licht auftaucht:
»Ich hätte dich damals doch niederschießen sollen, du Schurke! Hast du mich? Denkst du, daß du mich hast? Eines Tages werde ich frei sein. Eines Tages werde ich dich suchen und finden. Und dann wirst du sterben, Marshal!«
Er hat, obwohl damals nur Mondschein war, Kellogg nach Jahren wiedererkannt. Es ist nicht zu fassen, daß sein Verstand so scharf sein soll, aber er sagt es. Und dann schweigt er, er verfällt in dumpfes, gespenstisches Grübeln.
Eines Tages will er frei sein.
Er will Kellogg umbringen, das hat er gesagt.
Er will frei sein, aber das Jail in Salem ist zu sicher.
Der, denkt Jim Doan, der kommt nicht heraus, dort nie, das ist unmöglich. Sie werden ihn bewachen wie ein wildes Tier. Jetzt entwischt er nie mehr.
Etwas vergißt auch Jim Doan, der Deputy.
Lowman hat etwas – bis zuletzt – das ihm niemand nehmen kann.
Ein Leben zuviel!
*
Er friert wieder wie jeden Morgen, wenn sie zum Zählen draußen im inneren Zuchthaushof antreten müssen. Er friert in der Nacht, dann wacht er auf und glaubt keine Luft mehr zu bekommen. Das Frieren wechselt mit Schweißausbrüchen, bis er endlich nach Stunden der Beklemmung einschläft, nur nie lange genug schlafen kann, denn sie wecken ihn kurz nach fünf Uhr in der Frühe. Mauern, denkt Lowman, Ziegelmauern, eine innen, eine außen. Und vier Türme mit Posten. Ich habe es probiert, ich kann nicht ausbrechen, zu dicke Wände, zu stabile Stäbe und Wachen im Gang. Sie schießen.
»He, schläfst du, Lowman?«
Er trottet und weiß, daß er sterben wird, wenn er noch länger im Jail stecken muß. Es wird keine Krankheit sein, aber auch kein Unfall.
Eines Tages werden sie ihn finden, die Decke in Streifen gerissen und am Fenstergitter einen Knoten. Dort wird er sterben, weil er es nicht mehr ertragen kann. Keine Bäume zu sehen, kaum ein Vogel zu hören, die Sonne scheint nie in seine Nordzelle. Nur am Rand der Mauer, an der Fenstereinfassung, dort liegt im Sommer ein schmaler Streifen Sonne.
Sie gehen vorn. Farrell, ein untersetzter Wärter, den sie »Kneifauge« nennen, hat immer die Spitze und immer die Augen halb geschlossen, als wenn er blinzelt. Hinten ist Girard, ein manchmal Späße duldender Mann, nicht ohne Humor aber ein Wächter, wie die anderen auch. Die wenigen Schritte bis zur nächsten Zelle – sie halten an, die Tür wird aufgeschlossen. Und Towers kommt heraus. Sein Bauch ist nicht mehr da, seine Figur hat alles überflüssige Fett verloren. Sie blicken sich an wie jeden Morgen. Dann tritt Towers vor ihn. Und von hinten kommt das Kommando:
»Weitergehen – bewegt euch schon!«
Er trottet, er ist nicht mehr gefesselt, wie