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Covent Garden Ladies: Ein Almanach für den Herrn von Welt. Хэлли РубенхолдЧитать онлайн книгу.

Covent Garden Ladies: Ein Almanach für den Herrn von Welt - Хэлли Рубенхолд


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Sam klargeworden sein, dass er keine Tuchhändlerseele im Leib hatte. Gleichzeitig war sein Platz in der Gesellschaft festgelegt; daran gab es für ihn nichts zu rütteln. Was sich Mrs. Creagh von ihm erwartete, hatte sie stets klar und deutlich zum Ausdruck gebracht. Doch mochte er sich seiner vorbestimmten Profession auch noch so eifrig widmen, ein irrlichternder Trieb in seinem Innern stemmte sich dagegen. Sam konnte und wollte seine Ambitionen nicht zusammen mit seinen Büchern im Regal verstauben lassen. Während er doch als Lehrbursche rackern sollte, widmete er sich lieber weiterhin der Lektüre von Rousseau und John Donne, und in den eigentlich dem Schlaf vorbehaltenen Stunden füllten sich im Schein seiner Kerzenstummel stets neue Seiten mit gekritzelten Versen. Auf diese Weise sammelten sich über die Jahre hinweg immer mehr Gedichte an, so dass Derrick mit zwanzig bereits den Grundstock einer anzustrebenden Publikation beisammen hatte. Gut möglich, dass seine Tante nie erfahren hat, wie weit Sams Interesse am Schreiben tatsächlich ging. Doch während die Reimkunst für die Klasse der blaublütigen Grundbesitzer als eine durchaus löbliche Beschäftigung galt, konnte sie das berufliche Fortkommen eines Handelsmanns nur bremsen. Freilich sollte es für Sam auch noch ganz andere Ablenkungen geben, gegenüber denen das Dichten verblasste.

      Zieht man in Betracht, was Spötter, die sogenannten »Wits«, eines Tages über Sams erregbares Temperament zu schreiben wissen sollten, wäre es überraschend, hätte er seiner Tante nicht irgendwann einmal zu ernsthaften Bedenken Anlass gegeben – schließlich hat er sein Leben lang keine der charakteristischen Merkmale eines von souveräner Besonnenheit geleiteten guten Geschäftsmanns erkennen lassen. Er war leichtsinnig, leidenschaftlich und bisweilen zutiefst respektlos. Kann man einen Menschen nach seinem Umgang beurteilen, so ist zu bemerken, dass sich Sam bereits in frühen Jahren zu solchen Leuten hingezogen fühlte, die, wie er selbst, früher oder später ihren anständigen Broterwerb gegen eine vergleichsweise tadelnswerte Lebensart eintauschen sollten. Francis Gentleman, der einige Jahre jünger war als Derrick und sich genauso leidenschaftlich für Literatur und Theater begeisterte, sollte der engste Kamerad seiner Jugend werden. Enoch Markham, ein anderer Freund und zum Kleriker bestimmt, zeigte schon in Jugendjahren eine Neigung zu unbekümmerten Liebeleien. Genau wie Sam entschieden sich diese jungen Männer, in ihrem Leben mehr der Stimme ihres Herzens als dem Diktat der Vernunft zu folgen, zogen der Sparsamkeit und dem Maßhalten die unmittelbare Bedürfnisbefriedigung vor; ein Credo, das nicht nur ihr Verhalten, sondern auch ihre finanziellen Verhältnisse bestimmen sollte. Es hat den Anschein, dass sich Sam nicht sonderlich für die Etikette und die Schablonen interessierte, die ihm das Leben vorlegte, was vielleicht erklärt, warum ihn so viele als grob und unverschämt empfanden. In seinem Todesjahr sollte ein namenloser Spaßvogel eine Reihe der erinnerungswürdigeren Perlen frevlerischer Weisheit aus seinem Munde zusammenstellen. Derrick’s Jest; or the Wit’s Chronicle bleibt eine der wenigen der Welt bis heute erhalten gebliebenen Hinterlassenschaften Sam Derricks – eines Mannes, der bis an sein Ende ein stark trinkender Charmeur auf der Hut vorm Gerichtsvollzieher war, der seine Gesellschaft je nach Laune entzückte oder beleidigte. Wie viel von dieser Seite seiner Persönlichkeit er bereits zu erkennen gab, als er noch unter der Obhut seiner Tante lebte, werden wir wohl nie erfahren, allerdings ist es sehr unwahrscheinlich, dass seine Pubertät ohne Zwischenfälle vorüberging. Wie auch immer – letztendlich würde Mrs. Creagh wohl zu der Überzeugung gelangt sein, dass an seiner sittlichen Verkommenheit der schädliche Einfluss seiner lasterhaften Freunde schuld war. Ihren anklagenden Zeigefinger richtete sie dann aber weniger auf Sams Literatenbekanntschaften, als auf jene, die in einer viel niedrigeren Sphäre zu Hause waren: der des Theaters.

      Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihn die Verführungskraft der Bühne mit ihrem schönen Schein und ihrem Feuer der Leidenschaft in ihren Bann ziehen musste, und außerhalb Londons hätte es für ihn gar keinen besseren Ort als Dublin geben können, um den Kitzel einer Theateraufführung zu erleben. Jeden Herbst und jeden Winter stachen von Liverpool oder Holyhead Postschiffe gen Irland in See, die mit einer ganz besonderen Fracht beladen waren: Ihr Rumpf war gefüllt mit Unterhaltung für eine ganze Saison, von Kostümen, Kulissen und Theatermaschinerie bis hin zu Akrobaten und Schauspielern. Dublins Bildungselite, Männer und Frauen wie Mary Delany und George Faulkner, gehörten zu den vielen, die ihre Ankunft sehnsüchtig erwarteten – eine kulturell lebenswichtige Frischblutzufuhr aus dem künstlerisch so aufregenden London. Zum großen Glück der irischen Theaterenthusiasten griffen sich die Dubliner Bühnen allein die besonders erfolggekrönten Londoner Produktionen heraus. Während das Publikum der italienischen Oper gegenüber skeptisch blieb, ergötzte man sich an Inszenierungen von John Gays The Beggar’s Opera, an den Stücken von Congreve und Vanbrugh und am inbrünstigsten an Wiederaufnahmen der Dramen Shakespeares. Zum großen Verdruss der einheimischen Talente jedoch wurden keine irischen Stücke gespielt, was die Ambitionierteren unter ihnen zwang, in London ihr Glück zu suchen.

      Während der Winterspielzeit drängelte sich die gesamte Gesellschaft Dublins, ob nun ehrenwert oder nicht, in den schwach beleuchteten und schlecht gelüfteten Schauspielhäusern in der Smock Alley und der Rainsford Street zusammen. Im 18. Jahrhundert gab es gar keine bessere Unterhaltung als einen Abend im Theater, nicht nur der Ereignisse auf der Bühne, sondern des ganzen Spektakels wegen, das sich ringsum entfaltete. Groß angesagte Theaterstücke wie David Garricks Miss in Her Teens, George Farquhars Der Werbeoffizier oder Richard III. mit berühmten Namen wie Garrick, Peg Woffington und Charles Macklin in den Hauptrollen waren Abend für Abend wahre Kassenmagneten. Die Theatermeister bedienten sich der technisch fortschrittlichsten Bühnenbilder und Spezialeffekte, ließen Schauspieler aus Falltüren auftauchen, Stürme über die Bühne fegen und das Publikum in Ausrufe der Verwunderung ausbrechen. Die Schauspielhäuser warteten mit einem scheinbar endlosen Reigen von Darbietungen auf, darunter Komödien und Tragödien, Gesang, Tanz, Akrobaten, Feuerschlucker und Zauberer; ein buntes Programm über den ganzen Abend hinweg, von halb sieben bis gegen Mitternacht.

      Doch die Vorgänge auf der Bühne bildeten nur einen Teil des Theatererlebnisses. Das Theater des frühen 18. Jahrhunderts war mehr ein Zirkus als ein Tempel des gebildeten Kulturbetriebs. Den ganzen Abend über tobten regelrechte Schlachten zwischen Schauspielern und Zuschauern, und Zwischenrufe und Gejohle erfüllten das Parkett, das bereitwillige Auffangbecken für trunkene Männer. In der Menge machten Huren und Orangenverkäuferinnen ihre Runden, boten Erquickungen für Gaumen und Lenden feil. Stand der Abend unter einem schlechten Stern, konnte dieses brisante Gemisch aus Alkohol, Rauflust und Sinnengier ohne Vorwarnung explodieren. Und das bisweilen mit verheerenden Folgen, wenn das Publikum zum zerstörungswütigen Mob wurde, der über das vergoldete Interieur des Theaters herfiel. Ging es einmal weniger gefährlich zu, bot so ein Abend im Theaterhaus stets ein anregendes Erlebnis; und selbst das Risiko solcher Fährnisse vermochte die feine Gesellschaft doch nie von seinen Türen fernzuhalten. Solange sie nur das Parterre mieden, wo man schnell mal bespuckt oder bepinkelt wurde, konnten vornehme Leute die Ereignisse des Abends aus ihren vor Störungen gefeiten Logen genießen. Auch der handeltreibende Stand war sorgsam bedacht, Distanz zu halten, und bevorzugte die unteren und mittleren Ränge.

      Wohin man auch blickte, gab es etwas zu sehen oder jemanden zu beobachten, was den Theaterabend zu einer willkommenen Gelegenheit für Gespräche, Klatsch und Tändelei machte. Gegenüber dem eigentlichen Anlass der gesellschaftlichen Begegnung waren die Vorgänge auf der Bühne für viele reine Nebensache. Vom Raum unter den wachstropfenden Kronleuchtern erhob sich ein ständiges Getöse, und die Schauspieler mussten sich alle Mühe geben, gegen das kreischende Gelächter der Betrunkenen, gegen Schreie, Spottrufe, Husten und die ständige Unruhe herein- und hinausströmender Theaterbesucher anzuspielen. Behinderungen durch Zuschauer, die bis 1747 sogar während der Aufführungen auf der Bühne stehen durften, trugen ihren Teil zum chaotischen Gesamteindruck bei. Kein hehrer Glanz umgab das Theater. In all dem Lärm und Spektakel herrschte eine karnevaleske Atmosphäre der Ungezwungenheit, und das bunte Publikum aus geschminkten Frauen und sich zügellos gebarenden Männern machte den kunstreich ersonnenen Geschichten von Liebe, Trug und Tapferkeit, die oben auf der Bühne gespielt wurden, mächtig Konkurrenz. In seinen Lehrlingsjahren wird Derrick jede sich bietende Gelegenheit zum Theaterbesuch genutzt haben. Dass er die nötigen Pennys für einen Sitzplatz mühsam zusammenkratzen und sich womöglich allen Verboten seines Lehrherrn zum Trotz davonstehlen musste, hat dessen Reiz sicher nur noch vergrößert. Sowohl im Parkett als auch hinter der Bühne wird er dann so manche der liederlicheren Gestalten


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