Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2). Perry RhodanЧитать онлайн книгу.
vielleicht will ich das.«
»Ha!« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Und wem soll ich das erzählen? Wisst ihr, ich treffe mich mit einem Mann, der mir gesagt hat, dass er an meinem Grab stehen will! Alle werden begeistert sein!« Sie ging los. »Und jetzt sollten wir uns beeilen, Gershwin – Punkt Skia wartet, und du willst doch die Residentin nicht ernsthaft verärgern, oder?«
*
Körperlich hatte Gisso Appelles, die Frau, in der Homer G. Adams von Anfang an das Potenzial gesehen hatte, der Menschheit an diesem Ort vorzustehen, eine herausragende Eigenschaft: Sie war groß. Wahrscheinlich fielen ihre 2,12 Meter noch stärker auf, weil sie außerdem sehr dünn war.
Ihr Gesichtszüge waren sanft, das blonde Haar breitete sich offen und weit gefächert über den Rücken aus, wo es bis zur Taille reichte. Wie sie es hinbekam, dass die Frisur stets perfekt saß und die Schultern wie ein Tuch umschmeichelte, blieb ihr Geheimnis – Medienberichte munkelten, sie wäre eitel und trüge eine gestärkte Perücke.
Die künstliche Haarpracht stritt sie ab, zu ihren Charaktereigenschaften äußerte sie sich niemals öffentlich. In ihrer Antrittsrede hatte sie gesagt: Es gibt Wichtigeres als die Frage, ob mich irgendwelche Berichterstatter mögen oder nicht.
Homer G. Adams traf sie am Punkt Skia, und er kam pünktlich an, sogar eine Minute vor ihr.
Den Namen für diesen Ort hatte er selbst erfunden – nach dem altgriechischen Wort für Schatten. Bislang kannte diese Bezeichnung niemand außer Amalia, die im Gleiter wartete. Er hatte sie eingeladen, am Treffen teilzunehmen und die Residentin persönlich kennenzulernen, was sie mit dem Hinweis abgelehnt hatte, dass solche Besprechungen zu seiner Welt gehörten, nicht zu ihrer.
Und so stand er mit dem Rücken gegen die Felsnadel gelehnt, die einen winzigen Bereich in der sonst gleißend hellen und über 30 Grad heißen roten Sandebene beschattete. Der Strand, an dem auch der Gleiter parkte, lag etwa einen Kilometer entfernt; Adams hatte diese Strecke ganz bewusst zu Fuß auf sich genommen, um die Ankunft an Punkt Skia genießen zu können.
Die Residentin landete in ihrem robotgesteuerten Regierungsgleiter weitaus näher. Sie stieg allein aus – wann immer es ging, versuchte sie, den Tross ihrer Mitarbeiter abzuschütteln.
»Homer«, begrüßte sie ihn.
»Es freut mich, dass du den Weg gefunden hast.« Er musste den Kopf in den Nacken legen, um zu ihr aufzuschauen.
»Deine Koordinatenangaben waren sehr exakt. Was mich nicht davon abhält, mich darüber zu wundern, dass du mich ausgerechnet an diesem bizarren Ort treffen willst.«
»Ich könnte mir genau hier das Zentrum vorstellen.«
»Das Zentrum?«, hakte Gisso Appelles nach.
»Der ersten Stadt, die wir außerhalb von Terra bauen.«
Die Residentin schwieg.
Er ebenfalls, und er war geduldig.
Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. »Ich wäre vorsichtig mit solchen Plänen. Wir wollen wieder nach Hause, Homer. Oder siehst du das nicht so?«
»Selbstverständlich teile ich diese Auffassung. Die Menschheit hat sich allerdings noch nie davon abhalten lassen, an Orten, die sie entdeckt hat, Spuren zu hinterlassen. Und dieser Ort hier ist phantastisch.« Er überlegte kurz und spielte ihr den Ball zurück: »Oder siehst du das nicht so?«
Sie ließ den Blick schweifen. »Ist er«, gab sie zu. »Ein wenig zu heiß, aber ...«
»Etwas Terraforming wird das regeln.«
»Uns bleiben eine Menge anderer Dinge zu tun, Homer.«
»Und wir brauchen ein Zeichen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen.«
»Eine Stadt zu bauen, könnte genau das falsche Symbol sein.«
»Es könnte aber auch klarmachen, dass wir seit jeher ein Volk von Siedlern sind, die sich ausbreiten und neues Land entdecken. Zuerst auf Terra, dann im All. Im Laufe unserer Historie kam es an den verrücktesten ...«
»Ich weiß, worauf du hinauswillst.«
»Und? Was sagst du?«
Sie setzte sich, lehnte den Rücken an den Felsen. »So etwas entscheidet man nicht einfach so.«
»Was sagt dein Bauch?«
»Das fragst ausgerechnet du? Homer G. Adams, der Mann, dem Zahlen über alles gehen?«
»Ich bin mehr als das Klischee, das die Leute verbreiten.«
»Ich bin erst seit zwei Monaten Residentin«, sagte Gisso Appelles. »Und das auch wegen deiner Unterstützung, wofür ich dir danke.«
»Ich habe es weniger für dich als vielmehr für die Menschheit getan. Du bist die Richtige auf diesem Posten.«
»Aber?«
»Nichts aber«, sagte Adams.
»Dann hör zu, was ich sagen wollte. Man hat mich vor zwei Monaten gewählt, und ich habe voller Überzeugung die Phase Nemo ausgerufen – die Entscheidung, dass die Teile der LFG, die es hierher verschlagen hat, sich konsolidieren müssen. Abtauchen ... die Technologie anpassen ... auf- und umbauen. Wie würde es dazu passen, auf dem Mars eine Stadt zu bauen?«
»Es passt hervorragend«, meinte Adams. »Der Planet bietet sich an. Er ist idyllisch, vor allem, wenn man an der einen oder anderen Schraube dreht. Er ruft geradezu nach Besiedlung. Und das ist kein Widerspruch zu dem Versuch, nach Hause zurückzukehren. Aber lass uns realistisch sein, Gisso: Wir sind nun ein Vierteljahr hier, und wir haben keine Ahnung, was das für ein Ort ist. Es gibt nicht den kleinsten Ansatzpunkt für eine Rückkehr – obwohl ich das niemals laut verkünden würde. Die Menschen brauchen etwas, auf das sie sich konzentrieren können. Etwas Positives.«
»Und dann? Morgen besiedeln wir den Mars, übermorgen das All? Homer, du hast selbst gesagt, wir wissen nicht, was hier vor sich geht und wie dieses Gefilde funktioniert. Es sieht immer noch so aus, als gäbe es außer uns kein intelligentes Leben, zumindest nicht in erreichbarem kosmischem Umfeld.«
»Seltsam«, sagte er.
»Was?«
»Du bringst dieselben Argumente, die auch ich nutzen würde, ziehst aber völlig andere Schlussfolgerungen. Gerade, weil das alles so ist, sollten wir handeln. Ich könnte mir ein Häuschen genau hier am Punkt Skia sehr gut vorstellen.«
»Punkt Skia?«, fragte sie.
»Eine altterranische Sprache – Schatten.«
»Eine Bezeichnung, die ich eher düster finde.«
»Siehst du?« Adams lächelte. »Dieselben Fakten ... andere Schlussfolgerungen. Für mich ist der Schatten angenehm kühl und friedlich in der Hitze dieser Ebene.«
»Entschuldige den Themenwechsel, aber ich denke über ein neues Amt in der Regierung nach.«
»Und?«, fragte er verwirrt.
»Ich bezeichne den Posten als Advisor – eine Art Ein-Mann-Ältestenrat. Ein Berater für den Residenten, in dem Fall für mich. Außerdem ein Ansprechpartner für die Legislative und die Exekutive, nicht jedoch die Judikative. Kurz gesagt, jemand der für mich mitdenkt. Ideen einbringt. Das Parlament hat zugestimmt, den ersten Advisor übergangsweise persönlich zu berufen, aber schnellstmöglich eine offizielle Wahl durch das Volk zu ermöglichen, vielleicht noch in diesem Jahr.«
»Und?«, wiederholte er.
»Es gibt momentan nur einen Namen auf meiner Vorschlagsliste. Deinen. Du musst allerdings zustimmen.«
»Ein Berater kann nie schaden«, sagte er und dachte an Amalia. »Wenn du mich für geeignet hältst.«
»Ich wüsste nicht, wer geeigneter sein sollte als der Mann, der mehr Lebenserfahrung aufweist als alle anderen, und der die Menschheit durch etliche Krisen begleitet