Zwei Jahre Ferien. Jules VerneЧитать онлайн книгу.
nein, mir fehlt nichts, mir fehlt gar nichts!«
Etwas anderes war nicht aus ihm herauszubringen.
Während der Zeit vom 11. bis 15. März beschäftigten sich Doniphan, Wilcox, Webb und Cross mit der Jagd auf die in den Felsen nistenden Vögel. Sie gingen immer miteinander, sichtlich bestrebt, eine besondere Partei zu bilden. Gordon bemerkte das nicht ohne Beunruhigung. Wenn sich dazu die Gelegenheit bot, unterließ er es auch nie, den einen oder den anderen vorzunehmen und ihnen klarzumachen, wie notwendig allen ein einmütiges Zusammenhalten sei. Doniphan aber antwortete auf seine Ermahnung stets mit solcher abweisenden Kälte, dass er es für klug hielt, nicht allzu sehr auf ihn zu dringen. Dennoch verzweifelte er nicht, diese Keime der Zwietracht, welche allen so verderblich werden konnten, rechtzeitig zu ersticken, und vielleicht führten auch die Umstände wieder eine Annäherung herbei, welche er mit seinen Worten nicht erzwingen konnte.
Während dieser dunstigen Tage, welche den geplanten Ausflug nach dem Ende der Bai verhinderten, lieferte die Jagd recht erwünschte Beute. Doniphan, der jeder Art von Sport mit Vorliebe huldigte, erwies sich sehr geschickt in der Handhabung des Gewehres. Sehr stolz — vielleicht etwas zu stolz — auf diese Eigenschaft, zeigte er eine offenbare Verachtung gegen alle übrigen Jagdgeräte, wie Fallen, Schlingen u. dgl., denen Wilcox den Vorzug gab. Unter den Verhältnissen, in welchen seine Gefährten sich befanden, wurde es übrigens wahrscheinlich, dass dieser Knabe ihnen weit größere Dienste leistete als er. Wilcox schoss wohl auch recht gut, konnte sich hier darin aber mit Doniphan nicht messen. Dem kleinen Cross fehlte es noch an dem »heiligen Feuer«, und er begnügte sich damit, den Heldentaten seines Vetters zuzujubeln. Hier müssen wir auch den Jagdhund Phann erwähnen, der sich bei diesen Jagden auszeichnete und niemals zögerte, sich in die Wellen zu stürzen, um das über die Klippen hinaus ins Wasser gefallene Federvieh zu holen.
Wir müssen gestehen, dass sich unter den von den jungen Jägern erlegten Stücken eine Anzahl Seevögel befanden, mit denen Moko nicht das geringste anfangen konnte, wie Seeraben, Möwen, Meerschwalben, Silbertaucher und ähnliche. Daneben lieferten aber auch die Felsentauben, sowie Gänse und Enten, deren Fleisch sehr geschätzt war, reichliche Beute. Die Gänse gehörten zu den sogenannten Ringelgänsen (Bernicla), und aus der Richtung, bei der sie beim Krachen der Schüsse entflohen, konnte man annehmen, dass sie gewöhnlich im Innern des Landes wohnten.
Doniphan erlegte auch einige jener Austernfresser, welche gewöhnlich von Schalentieren leben, nach welchen sie sehr lüstern sind, wie von Schüssel-, Venus-, Miesmuscheln u. dergl. Mit einem Wort, an Auswahl fehlte es gerade nicht, nur erforderte dieses Federwild eine gewisse Zubereitung, um seinen tranigen Geschmack zu verlieren, und trotz seines guten Willens erwies sich Moko dieser Schwierigkeit nicht immer so gewachsen, wie es alle gewünscht hätten. Übrigens hatte hier, wie der vorsorgliche Gordon bemerkte, niemand das Recht, zu viel zu verlangen und zu erwarten, da es geraten schien, die Vorräte der Yacht, mit Ausnahme des in sehr großen Mengen vorhandenen Schiffszwiebacks, möglichst zu schonen.
Natürlich fühlten alle ein großes Verlangen, die Besteigung des Vorgebirges ausgeführt zu sehen, eine Besteigung, welche vielleicht die wichtige Frage »ob Festland oder Insel« entscheiden konnte. Von dieser Entscheidung hing ja die Zukunft sehr wesentlich ab, wenigstens so weit es sich um eine vorläufige oder eine bleibende Ansiedlung auf diesem Lande handelte.
Am 15. März schien sich die Witterung günstiger zu gestalten, um jenes Vorhaben durchzuführen. Während der Nacht hatte sich der Himmel von den durch die ruhige Luft der letzten Tage angesammelten Dünsten fast befreit, und der vom Lande kommende Wind fegte ihn bald völlig rein. Glänzende Sonnenstrahlen vergoldeten den Rand des hohen Ufers. Man durfte hoffen, dass der Horizont im Osten, wenn ihn die Nachmittagssonne erst schräg beleuchtete, hinlänglich klar erscheinen würde. Erstreckte sich das Wasser dann auch längs dieser Seite hin, so bildete dieses Land eine Insel, und Hilfe war nur dann zu erwarten, wenn sich ein Schiff in die Nähe derselben verirrte.
Der Leser hat nicht vergessen, dass der Plan zu diesem Ausflug nach dem Norden von Briant ausgegangen war, und dieser es auch übernommen hatte, ihn allein durchzuführen, wenn er eine Begleitung Gordons gewiss auch nicht ungern gesehen hätte. Es erschien ihm jedoch zu gefährlich, seine Kameraden zu verlassen, ohne dass dieser bei ihnen zurückblieb.
Am 15. des Abends, als das Barometer auf schön Wetter zeigte, teilte Briant Gordon mit, dass er am nächsten Morgen mit Tagesanbruch aufzubrechen gedenke. Eine Entfernung von zehn bis elf Meilen — Hin- und Rückweg gerechnet — zurückzulegen, das erschreckte den mutigen Knaben nicht, der eine Anstrengung nicht beachtete. Ein ganzer Tag musste ihm völlig genügen, seine Nachforschungen zu vollenden, und Gordon konnte darauf rechnen, dass er vor Einbruch der Nacht zurück sein würde.
Briant brach also mit dem ersten Morgengrauen auf, ohne dass die anderen etwas davon wussten. Er führte nur einen Stock und einen Revolver mit sich, für den Fall, dass ihm Raubtiere in den Weg kamen, obwohl die Jäger während ihrer bisherigen Ausflüge niemals die Spur eines solchen entdeckt hatten.
Diesen Verteidigungswaffen hatte Briant noch ein Instrument hinzugefügt, das ihm seine Aufgabe erleichtern sollte, wenn er sich auf dem Gipfel des Vorgebirges befand, nämlich eines der Fernrohre vom »Sloughi«, das sich neben großer Tragweite durch vorzügliche Klarheit auszeichnete. Gleichzeitig trug er in einem am Gürtel befestigten Sacke Schiffszwieback, ein Stück Pökelfleisch, nebst einem Flaschenkürbis voll mit ein wenig Brandy versetzten Wassers mit sich, um ein Frühstück und nötigenfalls ein Mittagessen einnehmen zu können, wenn irgendein Zufall seine Rückkehr zum »Sloughi« verzögerte.
Schnellen Schrittes dahinwandelnd, folgte Briant anfänglich der Küstenlinie, welche an der inneren Riffgrenze ein langer Streifen von der letzten Flut her noch feuchten Varecs bezeichnete. Nach Verlauf einer Stunde gelangte er zu dem äußersten, von Doniphan und dessen Begleitern erreichten Punkt, wenn diese sich zur Jagd auf Felsentauben begaben. Das Geflügel hatte augenblicklich nichts von ihm zu fürchten. Er wollte sich nicht aufhalten, um so schnell als möglich bei dem Kap anzulangen. Das Wetter war klar und der Himmel ganz frei von Dunstmassen — das musste er benutzen. Häuften sich am Nachmittag nach Osten zu wieder Nebelwolken, so war sein ganzes Unternehmen verfehlt.
Während