Perry Rhodan Neo 238: Die neun Türme. Rainer SchormЧитать онлайн книгу.
von Rufus Darnell erschien im zentralen Komholo. Zwar zeigte er seine großen, vorstehenden Zähne, wie bei einem Lächeln, wirkte aber verkniffen. »Das ist mir bekannt. Ich habe eine Reihe von Funktionsprüfungen veranlasst. Die Projektoren sind in einwandfreiem Zustand. Die Energiebeschickung funktioniert ebenfalls. Ich kann ein interntechnisches Problem ausschließen.«
»Damit bin ich nicht zufrieden, Mister Darnell«, beschwerte sich Thora.
»Das dachte ich mir.«
Rhodan hatte sich bisher nicht eingemischt. Gucky spitzte die Ohren.
»Nicht lauschen, Kleiner!«, warnte Rhodan und blickte Maas fragend an. »Wäre es möglich, dass das, was wir als Schwärze wahrnehmen, unser Libraschirm ist? Dass das umgebende Medium oder das Tor selbst ihn auf diese Weise modifizieren, um uns zu isolieren?«
»Ich vermute, die Hyperphysikalische Abteilung kann uns weiterhelfen ... zumindest unsere Lage zu verstehen«, meinte Darnell. »Ich habe bereits zehn Memos von Sianuk na Ayutthaya vorliegen. Er liebt das, weil er sich so die Erklärungen schenken kann.«
Thora dachte kurz nach und kontaktierte Itai Levy, den Kommandanten der Beibootflottille.
»Mister Levy. Wo bleiben die Messdaten der Space-Disk? Oder sind die Speicher beschädigt worden?«
»Teilweise ja«, antwortete der Israeli, der selbst ein ausgezeichneter Pilot war. »Aber meine Leute arbeiten bereits mit Hochdruck an der Wiederherstellung.« Er sah kurz zur Seite. »Das wird keine Minute mehr dauern. Vielleicht war das Experiment doch erfolgreich. Ich leite die Daten gleichzeitig an die Zentrale und unsere Chefwissenschaftler weiter, sobald die Ergebnisse zur Verfügung stehen.«
»Danke.« Thora schaltete ab. »Haben Sie etwas für mich?« Die Frage ging erneut an Maas.
Die lächelte schmal. »Sianuk scheint die Zentrale nicht für wichtig genug zu halten. Ich habe lediglich sieben Memos erhalten. Dafür hat mir Mister Levy soeben ein umfassendes Datenpaket übermittelt. Ah: Gerade kommt das achte Memo. Ich schalte eine Verbindung.«
Wer im Komholo sichtbar wurde, war allerdings nicht Sianuk da Ayutthaya, sondern sein Zwilling Bumipol. Da sie sich äußerlich nicht unterschieden, half nur das Namensschild bei der Identifizierung. Nach etlichen Missverständnissen trugen die beiden ihre Kennung deutlich sichtbar. Das graue Haar des Asiaten war strubbelig, als habe er es verzweifelt gerauft. Wahrscheinlich während einer der heftigen Diskussionen, die er häufig mit seinem Bruder führte.
»Ja?« Bumipol na Ayutthayas Stimme klang unwillig.
Wir haben ihn bei etwas unterbrochen, dachte Rhodan amüsiert. Die Daten der Space-Disk dürften für ihn momentan das Wichtigste sein. Die beiden Hyperphysiker waren ohne Zweifel genial, aber schwierig.
»Mister na Ayutthaya«, sagte Thora. »Können Sie uns erklären ...«
Bumipol verdrehte die Augen. »Ich hatte meinen Bruder darauf hingewiesen, dass die Memos nicht ausreichen. Natürlich hat er mir wie immer nicht geglaubt.« Er holte tief Luft, dann murmelte er etwas Unverständliches, wahrscheinlich in seiner Muttersprache.
Rhodan seufzte stumm. Geniale Wissenschaftler waren häufig exzentrisch. Er dachte an Eric Leyden oder Professor Oxley. Für die Zwillinge galt dasselbe.
»Also«, setzte der Hyperphysiker an. »Sie haben alle bemerkt, dass wir nach der Passage des angeblichen Tors in den Gadenhimmel nicht in den Normalraum zurückgekehrt sind. Das ist zutreffend und gleichzeitig auch nicht.«
Maas stöhnte leise. Bumipol quittierte das mit einem Zusammenziehen der Brauen.
»Denn wir haben eine Abart der bekannten Quantentaschen vor oder besser: um uns«, fuhr er fort. »Durch die Quantenfluktuation formt sich eine quasiviskose Raumstruktur, die dazu zeitrelativierend ist. Auf der Quantenebene entsteht die Zeit dadurch, dass die einzelnen Quanten miteinander in Beziehung treten und sich genau dadurch manifestieren.«
Rhodan hob den Arm. Sofort wandte sich Bumipols Aufmerksamkeit ihm zu.
»Der Gadenhimmel steckt also in einer riesigen Quantentasche, die irgendwie mit unserem Libraschirm interagiert. Wenn ich Sie richtig verstehe, ist das, was uns da umgibt, eine Art quantenmechanisches Gummituch?«
Bumipol verzog den Mund. »Sehr plakativ. Aber im Wesentlichen korrekt. Die strukturelle Basis des lokalen Isolationsfelds liefert unser Libraschirm. Das ist beeindruckend.«
Rhodan rief eine Aufzeichnung des Space-Disk-Unfalls ab. Alle sahen, wie die SD 64E von dem fremdartigen Medium in den Hangar der CREST II zurückgeschleudert wurde.
»Es war also keine aggressive Handlung«, stellte er fest. »Wir haben das Unglück selbst verursacht. Und an der Situation der CREST II hat sich nichts verändert.«
Bumipol hatte von dieser Havarie offenbar nichts mitbekommen. Ihn hatten lediglich die mitgebrachten Daten interessiert. Er wirkte bestürzt. »Bei allen Veden! Ist jemand verletzt worden? Sie waren im Hangar, Sir. Geht es Ihnen gut? Haben Sie eine quantenspezifische Aufladung beobachten können?«
Rhodan schmunzelte. »Nein, das war mir nicht möglich. Tut mir leid. Und es wurde niemand ernsthaft verletzt, soweit ich weiß.«
Bumipol schaltete einfach ab.
»Wir hängen also in einem Ballon aus Quantengummi fest«, kommentierte Kosum. »Ich kann etwas zur allgemeinen Depression beitragen, wenn jemand das möchte.«
Thora wedelte auffordernd mit der Hand. »Nur zu.«
»Ich habe mehrfach versucht, die CREST II zu bewegen. Es ist unmöglich. Mister na Ayutthayas Beschreibung des Mediums als ›viskos‹ ist dummerweise sehr exakt. Jeder Bewegungsimpuls wird sofort aufgezehrt oder verläuft sich. Das gilt sowohl für die Haupt- als auch für die Korrekturtriebwerke. Das Tor hat uns zwar eingelassen, aber nicht mehr freigegeben, sondern in diese Hülle gesteckt. Ganz so, als wolle es sicherstellen, dass wir keinen Unfug anrichten. Ich fühle mich wie ein Goldfisch in seiner Transporttüte.«
»Machen wir Löcher rein?« O'Sullivan blickte Thora erwartungsvoll an.
Die Kommandantin schüttelte den Kopf. »In dieser absurden Hülle? Das Risiko ist viel zu groß. Die Bewegungsenergie der Space-Disk ist nichts im Vergleich mit den Emissionen der Waffen. Ich will mir nicht vorstellen, was geschieht, wenn diese Energiefluten direkt auf das Schiff zurückschlagen. Über eine Rückkopplung des Libraschirms oder auf andere Weise.«
Gucky runzelte die Nase. »Das hätte sehr böse ausgehen können ...«, sinnierte er. »Aber da ist noch etwas anderes. Im Hangar ...«
Das primäre Kommunikationsholo flackerte wieder auf. Rhodan erkannte Halycon Faulkner.
»Mister Faulkner«, sagte er. »Ich wäre begeistert, wenn Sie ein paar positive Nachrichten hätten ...«
Faulkner war blass. Er warf einen unruhigen Blick über die Schulter. »Hier ist etwas aufgetaucht ...«
Er sprach nicht zu Ende. Ein tiefer, vibrierender Ton hallte plötzlich durch die Zentrale. Rhodan fühlte sich übergangslos unwohl. Das Geräusch kroch in ihn hinein wie ein schleichendes Gift. Gucky verzog das Gesicht ebenso wie alle anderen, die in seiner Nähe standen.
Unter dem Holodom formte sich etwas. Rhodan kniff die Augen zusammen, aber er konnte nichts erkennen. Vor der kompletten Finsternis des Doms zeichnete sich das Etwas kaum ab. Lediglich ein leichtes Flackern, wie über erhitztem Wüstenboden, waberte unter dem Kuppelzenit.
»Das haben die Jungs im Hangar gesehen!«, enthüllte Gucky ächzend.
Rhodan starrte die Erscheinung an. Sie erinnerte ihn diffus an etwas, das ihm partout nicht einfallen wollte.
Thora stand vor dem Sitz der Kommandantin. Sie hatte keinen Sicherheitsalarm ausgelöst. Das Ding hatte ein Prallfeld ignoriert und schwebte langsam nach unten, gemächlich wie eine Seifenblase. Dass Beschuss irgendeiner Art etwas ausrichten konnte, war damit unwahrscheinlich.
»Substanzlos«, murmelte Rhodan verblüfft. »Gucky?«
Der