Perry Rhodan Neo Paket 24. Perry RhodanЧитать онлайн книгу.
Stelle. Auch unser alter Freund Mister Tekener war an der Rückholung beteiligt.«
Bull tauschte einen finsteren Blick mit Rhodan. Da war sie wieder, diese unselige Verbindung von NATHAN zu ihren Kindern. Mit »höchster Stelle« konnte nur Kaiser Argyris gemeint sein – Nathalie, korrigierte er sich. Ronald Tekener und seine verschwundene Schwester wiederum waren gute Freunde von Rhodans Söhnen, die für den Geheimdienst der Terranischen Union arbeiteten. Ob sie ihrem Vater erzählten, was sie im Auftrag von GHOST oder NATHAN alles taten?
Bull wusste, dass seine Töchter Laura und Sophie nach dem Diebstahl des Kreellblocks eine intensive Befragung über sich hatten ergehen lassen müssen. Aber sogar ihm, ihrem Vater und nebenbei Protektor der Terranischen Union, hatten sie nur widerwillig von den Nachforschungen über dieses Ereignis berichtet. Leibnitz hatte im Auftrag von NATHAN dafür gesorgt, dass die ganze Sache außer in Geheimdienstkreisen nie bekannt geworden war. Ohne Autum Legacy und ihre alten Kontakte bei GHOST wüsste Bull manchmal gar nicht mehr, was seine Kinder alles trieben. Er fragte sich, ob andere Eltern dasselbe Problem hatten.
»Ich würde darum bitten, diese Angelegenheit zu späterer Gelegenheit noch einmal mit Nike Quinto zu besprechen«, sagte Rhodan, dem die Implikationen der Affäre genauso klar sein mussten.
»Oh, das haben wir bereits«, versicherte ihm Ngata.
Aber ohne Sie, ergänzte Bull lautlos. Rhodan war nicht im Solsystem gewesen, und falls man Bull in letzter Zeit zu einem Gespräch mit dem Geheimdienstchef geladen hatte, konnte er sich ehrlich gesagt nicht daran erinnern. Er biss die Zähne zusammen und schwor sich, dass sich ein solches Versäumnis nicht wiederholen würde.
»Der Punkt, auf den ich hinausmöchte, ist folgender«, fuhr Ngata fort. »NATHAN stellt ein eklatantes Sicherheitsrisiko für die Union da. Er sieht sich als eine unabhängige Entität an, die nicht unserer Kontrolle und Jurisdiktion unterlegt. Wir nehmen ja an – und das nicht ohne Grund –, dass er versucht, Schaden von uns fernzuhalten. Dennoch treibt er ein eigenes Spiel auf den Kolonien: auf Cybora, Siga und anderen Welten. Es mehren sich Berichte über von ihm autorisierte Transporte mit unbekanntem Ziel. Vielleicht ist Makko nicht die einzige Zweigstelle seiner Posbifreunde in unserem Gebiet? Wie auch immer: Die Hyperinpotronik hält es häufig nicht für nötig, ihre Aktionen mit den politischen Organen der Terranischen und Solaren Union abzustimmen. Das allein ist ärgerlich genug – milde gesprochen. Obendrein aber unterlaufen NATHAN auch Fehler. Und das macht mir Angst, auch und vor allem im Hinblick auf Hondro.«
Ngata ließ sich zurücksinken und nickte Jabavu zu.
Die Koordinatorin für Kolonien und Siedlungsfragen blickte kurz in die Runde, dann nahm sie den Faden auf. »Die Lage in den Kolonien ist sogar ohne die jüngsten Vorfälle alles andere als ideal«, berichtete sie. »Wir sehen uns zunehmend nicht nur mit strategischen, sondern auch mit ökonomischen und politischen Bedrohungen konfrontiert. Unser größtes Problem ist nach wie vor Iratio Hondro: Was er tut, was er nicht tut, was er plant.«
Der ehemalige Obmann der Kolonie Plophos hatte sich unter dem Einfluss des Dunkellebens zu einem skrupellosen Alleinherrscher entwickelt. Er kontrollierte den Schmuggel insbesondere der wertvollen Geminga-Drusen und wurde mit zahllosen Verbrechen und Sabotageakten der zurückliegenden Monate in Verbindung gebracht. Die Behörden der TU waren diesbezüglich vor allem auf Geheimdienstberichte angewiesen, denn von Plophos selbst drangen so gut wie keine offiziellen Nachrichten nach außen.
»Bitte erklären Sie mir, wie Hondro zu einem politischen Problem für uns werden könnte«, sagte Bull. »Und ob sich dieses Problem nicht vielleicht mit geheimdienstlichen Mitteln lösen ließe. Zur Not ...« Er zuckte die Schultern. Er redete nicht gern um den heißen Brei herum. »Warum werden wir ihn nicht einfach los?«
Ngata räusperte sich vernehmlich; Rhodan und Michelsen wirkten von der Idee ebenfalls nicht begeistert. Nur Gunnarsson machte einen aufgeschlossenen Eindruck.
»Ein militärisches Durchgreifen?«, fragte Jabavu. »Ganz unabhängig davon, wie wenig Erfolg versprechend das wäre – denken Sie an Hondros mentale Fähigkeiten, mit denen er unsere Einsatzkräfte selbst über große Distanzen kontrollieren könnte! –, halte ich das grundsätzlich für eine schlechte Idee. Die Stimmung in den Kolonien ... Sie ist gegen uns, Protektor. Anders kann man es kaum nennen.«
Die Direktheit ihrer Worte verblüffte Bull. »Was soll das heißen, die Stimmung ist gegen uns?« Er hatte auf seiner jüngsten Reise zwar in eine Menge unzufriedener Gesichter geblickt, besonders auf Imart ... Aber wirkten Politiker nicht immer irgendwie unzufrieden?
»Es gibt eine kleine, aber wachsende Minderheit von Menschen, die Iratio Hondro nicht als Verbrecher, sondern als eine Art von Rebellen betrachtet, der sich gegen die Hegemonie der Union stellt und für die Plophoser einen eigenen Weg sucht.«
»Das ist doch ...«, wollte sich Bull entrüsten, aber Ngata hob die Hand, damit er Jabavu ausreden ließ.
»Problematischer noch ist die schweigende Mehrheit, die sich einfach nur abwartend verhält. Die Ansicht, dass die Union eine zu rigorose Kontrolle über die Kolonien ausübt, ist weiter verbreitet, als Sie vielleicht denken. Man will sich nicht unbedingt von Terra lossagen oder abspalten ... strebt aber nach mehr Eigenverantwortung und Autonomie. Die neuen Welten beginnen eine eigene kulturelle Identität zu entwickeln. Und ich rede nicht nur von den äußerlichen und genetischen Unterschieden der Siedler ... sondern von eigenen, tief greifenden Traditionen und Erfahrungen, die dazu führen, dass einige extreme Strömungen sich schon nicht mehr als Teil der ›Menschheit‹ im eigentlichen Sinne verstehen.«
Betretenes Schweigen herrschte am Tisch. Dies war eine Entwicklung, die niemand vorhergesehen hatte, als in den Sechzigerjahren die ersten terranischen Kolonien gegründet worden waren. Vor allem nicht so schnell.
»Einige administrative Entscheidungen, die wir damals getroffen haben, rächen sich nun«, sagte Ngata schließlich. »Beispielsweise, GeneFX, der General Cosmic Company und anderen ein so weitreichendes Patentrecht auf das Genom der Siedler zuzugestehen.«
Die Gesichter in der Runde verhärteten sich. Keiner wagte, den Präsidenten der Solaren Union daran zu erinnern, dass er selbst damals der verantwortliche Administrator gewesen war. Denn auch niemand sonst in der Runde, der damals schon in der Politik gewesen war, hatte sich dagegen stark gemacht.
Maui John Ngata war aber anzusehen, dass eine solche Erinnerung nicht nötig war. Er kannte seine Fehler. »Wie Sie wissen, ging es ursprünglich darum, dass die unabhängigen Siedlungsträgerkonzerne sich rechtlich absichern wollten. Analog zu einem Rechnerbetriebssystem: Weil Sie nicht wollen, dass man Sie nach einer Computervirusinfektion verklagt, behalten Sie sich das Zugriffsrecht auf den Quellcode vor und verfügen selbst, wer wann ein Update erhält und wer nicht. Und obgleich wir eine unkontrollierte Manipulation des menschlichen Genoms nach wie vor nicht für wünschenswert halten ... sorgt unsere damalige Entscheidung für zusätzliche Widerstände.«
»Die Kolonisten sehen die aktuelle Rechtslage als eine moderne Form der Sklaverei an«, bestätigte Koordinatorin Anathi Jabavu. »Zumal die Trägerorganisationen einen enormen Profit einstreichen, der in keinem Verhältnis zu dem empfundenen Mangel steht, der auf vielen Kolonien herrscht. Genomflüchtlinge – die sogenannten Grunner – gelten gerade den ärmeren Schichten als schützenswerte Flüchtlinge, nicht als Kriminelle. Die Medien greifen das Phänomen immer öfter auf und machen sich für echte wie vermeintlich Unterdrückte stark. Vor allem in den sozialen Netzwerken und privat betriebenen Nachrichtensektionen des unionsweiten Daten- und Kommunikationsnetzes Mesh tummeln sich zahllose Aktivisten jeglicher Ausrichtung. Dort findet die allgemeine Unzufriedenheit einen breiten Nährboden.« Die Koordinatorin breitete die Hände aus. »Das meine ich, wenn ich sage, die Stimmung ist gegen uns, Protektor. Für viele Siedler da draußen sind wir längst nicht mehr die Beschützer. Wir sind die Bösen.«
Diesmal lastete das Schweigen so schwer, dass Bull das Surren und Klicken von Diamonds Gelenken unter dem Tisch zu hören glaubte. Er und Rhodan tauschten wieder Blicke. Bull konnte sich denken, wie schwer das alles für seinen Freund war. Bull für seinen Teil hatte nie geglaubt, dass irgendwer jemals zu ihm aufsehen oder sich für irgendwas bedanken würde – außer vielleicht, wenn