Perry Rhodan Neo Paket 24. Perry RhodanЧитать онлайн книгу.
sahen als er, schmerzte ihn das.
»Wie ist die Stimmung auf der Erde hierzu?«, fragte Rhodan.
»Naturgemäß anders«, beruhigte Stella Michelsen. »Was aber nicht heißt, dass die Autonomiebestrebungen keine Unterstützer hätten. Auch in der TU-Vollversammlung mehren sich die Stimmen, die dafür plädieren, den Kolonien mehr Freiheit zu lassen. Eine dieser Stimmen kennen Sie.«
»Wen meinen Sie?«, fragte Rhodan.
»Ihren persönlichen Freund ... Shalmon Dabrifa.«
Perry Rhodan wollte etwas darauf erwidern, dann aber griff er sich in einer automatischen Geste ans Ohr, als das Komsignal an seinem Multifunktionsarmband blinkte.
»Bitte entschuldigen Sie mich«, unterbrach er die Sitzung und erhob sich. »Mimas ruft. Es gibt ein Problem mit Merkosh!«
6.
Das Meer und die Seele
Noch während Perry Rhodan das Komgespräch entgegennahm, verließen die drei Koordinatoren den Besprechungsraum; ihre Anwesenheit wurde nicht länger benötigt. Insgeheim war er dankbar für die Unterbrechung, denn er wollte sich nicht anmerken lassen, wie betroffen ihn die Neuigkeiten aus den Kolonien gemacht hatten. Dass die Siedler sich von ihrer Heimatwelt unterdrückt fühlten, war schmerzhaft. Ob es auch auf Olymp so aussah? Nathalie hatte zwar Unstimmigkeiten erwähnt, aber nicht, dass es so ernst war. Und dass ausgerechnet Dabrifa, der Rhodan bei mehr Gelegenheiten, als ihm lieb war, seine Bewunderung ausgedrückt hatte, Partei für die Separatisten ergriff ... Perry Rhodan dachte daran, wie der junge Botschafter ihn gleich nach seiner Rückkehr ins Solsystem zu kontaktieren versucht hatte. Vielleicht hätte er das nicht ignorieren sollen ...
Vorerst aber musste er sich einem drängenderen Problem widmen. »Wie geht es Merkosh?«, fragte er.
»Es wäre einfacher, wenn du ihn sehen könntest«, antwortete Sud, die im Moment nur via Audio mit ihm sprach. »Ich hoffe, ich störe nicht?«
»Nein«, sagte Rhodan. »Vielleicht ist es gerade sogar günstig ...« Viele Besprechungszimmer in der Union Hall waren mit leistungsfähigen Holoprojektoren ausgestattet, für genau solche Fälle. Es entband hochrangige Politiker von der Notwendigkeit, alles stehen und liegen lassen zu müssen, in ein Raumschiff zu springen und zu einem persönlichen Gespräch ans andere Ende des Solsystems – oder der Lokalen Blase – zu fliegen. Dasselbe galt für die Einrichtungen des MIMERC und die Ärzte, die dort gebraucht wurden.
Er wandte sich an Stella Michelsen, die ebenso wie Maui John Ngata geblieben war. »Können wir eine Holoverbindung schalten? Vielleicht wäre es gut, wenn Sie beide sich selbst ein Bild vom Zustand des Patienten machen könnten.« Schließlich, fügte er in Gedanken hinzu, würde er die Unterstützung der beiden benötigen, wollte er eine Expedition ins galaktische Zentrum anführen.
»Selbstverständlich.« Die Administratorin aktivierte mit einer Geste die entsprechende Funktion der Raumpositronik, Rhodan koppelte sein Komgerät mit der drahtlosen Schnittstelle, und im nächsten Moment verschwanden erst die Ansicht der begrünten Terrassen, dann die Konturen des Büros hinter einer virtuellen Umgebung heller, weißer Tische und Instrumente.
Vor ihnen war nun zudem ein lebensgroßes Abbild von Sud zu sehen. Die Illusion war nicht perfekt und nicht vollsensorisch. Aber sie erweckte ausreichend den Eindruck, dass Rhodan, Thora, Bull, Ngata und Michelsen in einem Labor des Mimas Medical Research Centers standen. Für Sud und alle Ärzte in Reichweite der Projektoren auf dem Saturnmond sah es ebenfalls so aus.
»Wir haben Merkosh seit seiner Einlieferung gründlich untersucht«, berichtete Sud, die von der holografischen Anwesenheit der mächtigsten Persönlichkeiten der Erde kein bisschen eingeschüchtert wirkte und die beiden ohne Scheu ansprach. »Zunächst ohne Befund. Wie Sie sich vielleicht denken können, stellt die Fremdartigkeit der opronischen Physiologie uns vor gewaltige Rätsel.«
»Aber genau darauf sind Sie doch spezialisiert, oder?«, fragte Ngata mit einer Spur von Herausforderung und studierte die hohen Wände mit ihren blinkenden Lichtern, Anzeigen und Instrumenten. »Das Fremde. Das Unbekannte.«
»Wir sind die Besten«, blieb Sud selbstbewusst. »Dennoch zeichnet sich das Unbekannte exakt dadurch aus, dass man nur wenig darüber weiß. Ein weiteres Problem war zudem Merkoshs kreative Ader, besonders, was individuellen Besitz angeht ...«
»Wie meinen?«, fragte Michelsen und hob eine Braue.
»Seine Kleptomanie«, erläuterte Sud. »Die wurde immer schlimmer. Es war klar, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Dazu kam eine mentale Verwirrung, gelegentliche Aussetzer, wie sie schon auf der MAGELLAN beobachtet wurden.«
»Und die aktuelle Lage?«, fragte Rhodan ernst. Es war klar, dass Sud ihn nicht kontaktiert hätte, wenn es nichts Neues zu berichten gäbe.
»Vor einigen Stunden wurde Bioalarm ausgelöst«, antwortete Sud und bat die Gruppe: »Folgen Sie mir.«
Dank der fast lückenlosen Abdeckung der holografischen Systeme in der Saturnmondanlage begleiteten sie Sud durch mehrere Korridore und Zimmer bis zu einer Spezialstation. Für Rhodan und seine Gefährten war es wie eine Fahrt durch einen Simulator – so überzeugend, dass er sich konzentriert daran hindern musste, die Beine zu bewegen, denn natürlich stand er noch immer in einem abgedunkelten Besprechungszimmer auf der Erde. Für das Personal des MIMERC sah es wahrscheinlich so aus, als führe Sud eine holografische Besuchergruppe herum; ob diese dank der Positronik die Beine bewegte oder wie eine starre Geisterschar hinter Sud herglitt, wusste Rhodan nicht. In jedem Fall war es sehr vorteilhaft, dass sie die zahlreichen Sicherheitstüren und Quarantäneschleusen nicht in persona durchqueren mussten.
Schließlich standen sie neben Merkoshs Krankenbett. Der Oproner schlief. Doch der Anblick war alles andere als friedlich – es war Rhodan sofort klar, weshalb Sud darum gebeten hatte, dass sie sich selbst ein Bild von Merkoshs Zustand machten.
Der Gläserne wirkte nun tatsächlich, als bestünde er komplett aus Glas. Hatte seine Gestalt bislang eine gallertartige Trübe aufgewiesen, die nur schemenhaft die inneren Organe erkennen ließ, war er mittlerweile derart durchscheinend, dass man problemlos ein groß bedrucktes Buch durch seinen Körper hätte lesen können. Die Veränderung hatte auch die Organe selbst betroffen. Es wirkte, als hätte ein meisterhafter Glasbläser gläserne Skulpturen innerhalb eines gläsernen Körpers gefangen – ein einziges großes, transparentes Kunstwerk.
Mit einer Ausnahme: dem Blutkreislauf, der diese Skulptur wie ein dunkles Drahtgeflecht zusammenhielt. Denn durch das Aderngeflecht bewegten sich winzige, pechschwarze Partikel, die an Ascheflocken gemahnten. Sie wurden aber nicht einfach mit Merkoshs glasklarem Blut durch Arterien und Venen gepumpt, sondern trotzten dem normalen Fluss und konzentrierten sich vor allem im Bereich von Brust und Hals: feindliche Truppen, die sich auf eine Belagerung einstellten, mit der Blut-Hirn-Schranke als letztem Bollwerk, das ihnen Einhalt gebot.
Rhodan musste nicht fragen, worum es sich dabei handelte.
»Dunkelleben«, offenbarte Sud für die Politiker, die diese Bedrohung wohl das erste Mal so plastisch vor sich sahen. »Wir sind uns nicht sicher, wo sich Merkosh die Quasiviren eingefangen hat. In jedem Fall reagiert sein Organismus ganz anders darauf als bei den bisherigen Fällen, die wir studiert haben. Denn abgesehen von den beschriebenen und sichtbaren Symptomen scheint er keine gesundheitlichen Probleme zu haben.«
Als hätte er die Worte seiner Ärztin gehört und wollte sie bestätigen, schlug der Oproner die Augen auf. »Perry«, sagte er. »Sie sind hier.«
Einen Moment lang dachte Rhodan an den vorigen Sommer, als er auf dem Höhepunkt seiner eigenen Dunkelleben-Infektion kollabiert war. Damals waren die Rollen vertauscht gewesen, und Merkosh hatte Rhodans Erwachen beigewohnt.
»Wie geht es Ihnen, Merkosh?«, fragte Rhodan
Der Oproner stülpte den Mund aus und ein, als kostete er die Umgebungsluft. »Gut«, antwortete er. »Was ist passiert?«
»Sie hatten einen Anfall.« Sud lächelte freundlich. »Ihre Vitalwerte